„Seiner Durchlaucht Glück und Wohl!“

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Ausgabe Nummer 13 - Praios 1019 BF

„Seiner Durchlaucht Glück und Wohl!“

Endlich, endlich war der Augenblick gekommen: Im Laternenschein zog die Angbarer Bürgerschaft durch die Gassen, eine jede Zunft hinter ihrem gewählten Oberhaupt und den Meistern, gefolgt von den Gesellen bis hinab zum jüngsten Lehrmädchen mit den Zeichen ihres Handwerks. Wenn sie eine Fahne besaßen, dann marschierten sie stolz in ihrem Schatten, und wer der Schützengilde Mitglied war, der trug auch seine Armbrust.

Tarjok Boquoi, der erst dem Hilberian gefolgt und sich dann dem erhabenen Jariel unterworfen hatte, segnete die praiosgefällige Herrschaft Seiner Durchlaucht aufs neue und tat allen kund, wie des Lichtboten Herz sich ob des großen Empfangs für den guten Fürsten udn die braven Angbarer und Koscher erwärmt hätte, Hilperton, der Hüter der Flamme, Schwertbruder Gisbrun von Wengenholm und die Geweihten der übrigen Tempel taten es ihm nach.

Der Reichsbehüter und die Königin Emer ließen durch den Mund ihres Gesandten, des Herrn Ludalf von Wertlingen, ihrem „allzeit treuen Vasallen“ (und damit war unser guter Fürst gelobt) die allerbesten Wünsche bringen.

Nun aber folgte die nicht enden wollende Schar der Gratulanten, die all dem Fürsten huldigen und ihn ihrer Liebe versichern wollten. Wiewohl ihm seine Söhne und der Cantzler zu Seite standen, war’s doch kein leichtes Unterfangen, all die Ehrungen und nicht zuletzt die prächtigen Gaben entgegenzunehmen.

Der Weidener Herzog hatte seinem fürstlichen Bruder eine prunkvolle Schlachthaube gesandt, von der Art, wie sie die herzoglichen Rundhelme tragen und von eigener Hand einige Worte hinzugefügt: Daß es ihn dauere, ob der widerborstigen Orkbanden nicht erscheinen zu können, er gleichwohl aber ein paar Schwarzpelze im Namen des Fürsten erschlagen wolle.

Der Tobrier umarmte den Koscher Bruder, und ließ seinen Sohn Bernfried vor ihm knien, den mächtigen Fürsten zu ehren, während auf ein Zeichen des herzoglichen Kanzlers sechs kräftige Burschen einen schweren Thron aus tobrischer Eiche herantrugen, kunstvoll mit dem Keiler des Fürstenwappens geschmückt und einem Baldachin von trefflich gegerbten Wildscheinleder.

Der König der Hügelzwerge hatte die besten Zuckerbäcker seines Volkes eine Torte backen lassen, größer als die größten Ferdoker Braukessel und mit Vinsalter Marzipan dekoriert, und aus Koshim sandte Väterchen Gilim Panzerhandschuhe aus wirklicher Drachenhaut, Arombolosch schließlich, der weise König und Schmiedemeister der Amboßbingen, einen mächtigen Streitkolben von ZWergenstahl.

Der Hochgeweihte des Angbarer Hesindetempels und Magister Stitus Fegerson, Schriftleiter des Kosch-Kuriers, überreichten Seiner Durchlaucht den prächtigen Einabnd eines Buches, dessen Seiten noch allesamt unbeschrieben waren.

„Zwischen diesen beiden Deckeln, Euer Durchlaucht, soll dereinst alles stehen, was wir Gelehrten über unser schönes Koscher Land angesammt. Von der Historiae (den ruhmreichen Taten wie der der Fürsten Baduar und Halmdahl allzumal), den Tempeln der Zwölf (die frommen Mönchen zu Salmingen und Garrensand, per exemplum), der Geographie (die fruchtbaren Flußauen und die hohen Berggipfel kennt ein jeder hier), Flora und Fauna (hier nenn’ ich Hanghasen und Garnelstrauch), Brauchtum und Sitten (Maskenzüge und Bauernregeln hat’s allerorten) bis zu Euer Durchlaucht selbstselbstens wird ein jedes Ding Erwähnung finden, hesindegefällig und Euch zum Geschenk.“

Da lächelte der gute Fürst Blasius sogleich und sprach zu dem Geweihten Dergeldorp: „Das wollen Wir meinen, Hochwürden, daß dies ein gutes Werk ist. Wenn ihr’s Uns denn gefüllt habt, soll’s Euch auch verlohnt werden.“ Und er gab dem Cantzler ein Zeichen, dies gleich zu notieren. War dies, wie des Barons Myros’ wunderprächtig anzuschauendes Fürstenporträt ein der Hesinde gefälliges Geschenk, so freute die Gabe der Baronin Veriya die Frau Peraine. „Eine südländische Pflanze,“ erläuterte die Baronin, „wie sie nur im südländischen Regenwald vorkommt. Hier im Kosch ist es wohl zu kalt, doch mit der Frau Perainen Hilf’ sollt er im Schloß herinnen wachsen.“

Ihr folgt — in frisch poliertem Kettenhemde — der Baron von Bragahn. „Langvermißter!“ ruft der Fürst — Barytoc mag’s kaum glauben, daß ihm der Cantzler (die lange Schar der Gratulanten wohl im Blick) die Gabe entwinden muß, die er dem Fürsten zu pläsieren gedenkt: einen spanngroßen Reiter mit Helm und Lanze, der durch einen Mechanismus Lanze und Visier zum Kampfe senken kann — und dabei tönt gar noch der Elenviner Marsch!

Auch das Geschenk des Cresers war in dickes Leder gebunden. „Hülffreycher Rathgeber für den adeligen Lehnsherr“ las sich die Prägung des Einbandes. Man sah des Cantzlers Miene sich verziehen — fürchtete er eine Insultation nach Vinsalter Manier? „...nach dem Exempel des Fürsten Idamil vom Eberstamm“, ging es weiter. Seine Durchlaucht strahlt in ehrlicher Freude: „Da seht Ihr’s Cantzler, Unser Vorfahr!“

Das Geschenk des Twergentrutzers — überreicht durch die Frau Sirana, der Baron weilt noch in der Medici Obhut —, ein schwarzer Eberkopf, gemeißelt aus dem Basalt der Baronie, auf einem Kissen in den Farben des Fürstenhauses, findet seinen Weg zu all den Gaben, die die Koscher ihrem Fürsten zugedacht haben: Die Stellmacherei Artaxesch einen Prunk-Streitwagen mit gepolsterten Seitensitzen, der Ferdoker Graf 50 silberne Humpen, der Baron von Arbasien einen Umhang mit Bärenfell und eine Drachenschatulle („da habt Ihr uns doch nicht den Greing Scharfzahn gefangen?“, beliebte der Fürst zu scherzen), der Viereicher 3 Kisten besten Pflaumenschnaps — nicht möglich ist es, der guten, schönen Gaben alle hier zu nennen.

Doch sei erwähnt, daß auch der durchlauchte Fürst seine Gäste beehren wollte, und in seiner Großherzigkeit schenkte er jedem, der auf der Turnei gefochten hatte, einen garnelblauen Mantel der Steinbrücker Manufaktur — und daß niemand an jenem Tag Silber für Bier und Braten geben mußte, hatte’s lange vorher schon geheißen. Die Musik begann zu spielen, der Spaßmacher Alwin sprang auf die langen Tische und zeigte zwischen Angbarsch und Ulmbeutel-Suppe seine Kunst, und so währte das fröhliche Speisen und Zechen, Scherzen und Singen bis tief in die Nacht ...

Überdies ließ der Fürst in seiner Rede verlautbaren, daß ihm der Orden des Heiligen Golgari erfreuliche Kunde aus der Vergangenheit überbracht hätte. Womöglich sei eine böse Tat nicht gewollt gewesen und geraubtes Gut wieder gefunden, was einen Namen von Blutschuld reinwüsche. Mehr jedoch wollte Seine Durchlaucht noch nicht verraten. Noch sei die Sache nicht bestätigt und die wichtigste Person auf langer Pilgerfahrt.

Prinz Edelbrecht vom Eberstamm, des Fürsten zweitgeborener Sohn, der von seinem Vater an den Hof des nordmärkischen Herzogs zurückgerufen worden war, noch bevor seine Knappschaft zu Ende war, erhielt endlich den Ritterschlag durch niemand anderen als die Hoheit des Herrn Kunibald. Das Volk jubelte, doch niemand hätte stolzer sein können als der fürstliche Vater, der seinerseits am Morgen des letzten Turniertags Kungert vom Hochfeld zum Ritter schlug, jenen Knappen, der sich zuvor besonders hervorgetan hatte.

Auch Prinzessin Rena von Arbasien, die beim Ringstechen triumphiert hatte, war vorgeschlagen worden, doch hatten sowohl ihr Vater als auch ihr Lehrherr Growin diese Ehre als verfrüht angesehen. Komteß Nadyana von Wengenholm, des alten Grafen Hakan jüngster Sproß, trat als Zofe in den Hofstaat der Markgräfin Irmenella und begleitete diese nach Norden.

Der Baronssohn Graphiel Stragon-Sforigan von Metenar ward indes vom Inquisitorius Berman Silberling in den Orden vom Bannstrahl Praios aufgenommen — obschon sein Vater doch in der Vergangenheit wenig Liebe für die Kirche des Götterfürsten zeigte. Und es löste sich das Rätsel, warum Graphiel die Farben der Prinzessin Ina Lacara von Dubios getragen hatte — das junge Paar kann nunmehr rechtens als verlobt gelten!

Daß auch sie alsbald den Traviabund zu schließen gedächten, gaben Tsaja Josmene von Garnelhaun und der auserkorene Bräutigam der Baronin, Junker Raul zu Auersbrück bekannt. Und noch freudiges gibt es zu berichten: Gleich am nächsten Tage geht ein (nicht mehr ganz junges) Paar insgeheim zum Rondratempel, um dort den Ehebund zu schließen.

So konnte die Kunde vom Heiligen Bund des Barons zu Twergentrutz, der nunmehr doppelt glücklich sein muß, der staunenden Öffentlichkeit nicht vorenthalten bleiben. Die Braut ist wie der Bräutigam in Rüstung, doch humpelt sie nicht und bedarf auch keiner Stütze. Nur wenige Getreue und einzig die Barone zu Vinansamt, Bragahn und Metenar waren zugegen, und, man glaubt es kaum, der Ritter Falk Barborn, der seinen Streit mit dem Baron endgültig begraben zu haben scheint — doch dies ward schon einmal vermutet ...