Neuigkeiten aus den Grafschaften - Kosch-Kurier 84

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Neuigkeiten aus den Grafschaften
Vieles ist geschehen um den Jahreswechsel herum – Schlimmes und Gutes, Ernstes und Kurioses. Eine kleine Auswahl findet der geneigte Leser hier auf dieser Seite.
Gutes Geschäft mit Praioslichtern
OBERANGBAR. Des einen Leid, des andern Freud, könnte man sagen, wenn man sich die Werkstatt des Anselm Schlagholz betrachtet: Der Kerzenzieher aus Oberangbar stellt nämlich Praioslichter her, und gerade vor den Namenlosen Tagen, vor welchen es den meisten Leuten (nicht zu Unrecht) graust, macht er die besten Geschäfte. „Wir könnten noch viel mehr Kerzen ziehen“, erklärt der Meister achselzuckend, „aber dazu bräuchten wir mehr Wachs. Die Imker aus der Harschenheide liefern schon eine Menge, aber eigentlich ist’s nie genug.“
An dieser Stelle wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass Meister Schlagholz jedes Jahr eine Anzahl Lichter für die Ärmsten spendet, die sich ansonsten keinen solchen Schutz vor dem Bösen leisten können. Der KOSCH-KURIER hält dies für ein lobenswertes Beispiel ingerimmgefälliger Handwerkskunst, phexgefälliger Geschäftstüchtigkeit und traviagefälliger Nächstenliebe.
Zu viel des Guten
TARNELFURT. Man kann’s auch übertreiben, dachten sich viele, die gegen Ende des Rahjamondes durch Tarnelfurt kamen und das Haus von Daria Krummholz zu sehen bekamen. Denn die (durchaus begabte) Stickerin hat ihr Heim mit allerlei bunten Tüchern behängt, welche sie eigenhändig mit praiosgefälligen Zeichen und Unheil bannenden Symbolen verziert hat. Das sieht schön und festlich aus – und hat kurioserweise einen Reisenden aus Garetien zu der Frage veranlasst, ob dies der Praiostempel des Ortes sei. Einen solchen hat’s in Tarnelfurt freilich noch nicht, sondern „nur“ Häuser zu Ehren der Göttinnen Tsa, Peraine und Travia.
Die Krummholzerin selbst gab übrigens an, eine „böse Ahnung“, die sich nicht näher beschreiben lasse, habe sie beschlichen, weshalb sie dergestalt Vorsorge getroffen habe, um den finstern Mächten beim Jahresscheid zu trotzen.
Einigen Tarnelfurtern gefielen die Tücher, und man wollte sie der Stickerin abkaufen; diese jedoch habe abgelehnt, ein Geschäft daraus zu machen. Nur ihre Base bekam eines geschenkt, ein schönes rotes mit einem zwölfzackigen Stern darin.
Mit dem Nudelholz verjagt
TWERGENTRUTZ. Schlecht bekommen ist einem Krambold das heurige Trutzfest, und zwar, weil sich drei junge Frauen dort trafen und miteinander unterhielten.
Wie sich herausstellte, hatte der junge Wandersmann mit allen dreien angebandelt, als er im jeweiligen Dörfchen zu Gast war – freilich ohne dass die Jungfern voneinander wussten. Das ging wohl eine ganze Weile gut, aber beim Trutzfest, da trifft man sich und schwatzt – und wenig bleibt verborgen.
Das merkte auch der Kiepenkerl, als plötzlich die drei Jungfern vor ihm standen, eine mit einem Nudelholz bewaffnet, eine mit einer Pfanne und eine mit einem Besen. Wenig half ihm das Gestammel, es sei nicht so, wie es aussehe, und er könne alles erklären … in wilder Flucht musste er den Festplatz und das ganze Dorf verlassen.
Unglück beim Rhôndurer Stadtfest
RHÔNDUR. Beim Rhôndurer Stadtfest kam es zu einem Brand, bei dem erheblicher Schaden angerichtet wurde und auch ein Mensch ums Leben kam.
Das Unheil nahm seinen Anfang, als ein Gaukler mit brennenden Fackeln jonglierte; dabei unterlief ihm ein Missgeschick, und eine der Fackeln landete auf einem Zeltdach, das im Nu Feuer fing. Der warme Sommerwind trug die Funken weiter, so dass bald weitere Zelte und Buden in Flammen standen. Dem beherzten Eingreifen der Rhôndurer ist es zu verdanken, dass der Brand nicht auf die Häuser übergriff. Dabei erlitt ein Knecht so schlimme Verbrennungen, dass er kurz darauf starb. Der Gaukler indessen konnte in dem Getümmel verschwinden.
Manche im Ort sind der Ansicht, das Unglück sei die Folge eines anderen Missgeschicks: Im Ingerimm-Mond war dem Geweihten Welferich Rotbart die Flamme, die er aus Angbar in den Rhôndurer Tempel bringen sollte, auf dem Heimweg erloschen (siehe KOSCH-KURIER Nr. 83); schon damals hatte man die Sache als böses Omen gedeutet. Andere hingegen meinen, wer mit dem Feuer spiele, dürfe sich nicht wundern, wenn’s hinterher brenne, und man täte gut daran, solche Darbietungen zu verbieten. Einige wenige munkeln, die Sache sei gar kein Unfall gewesen, sondern Absicht – und der Gaukler ein Scherge der Schurkin Charissia.
Ein düsterer Mahner in Entensteg
ENTENSTEG. Obwohl die Sonne hell vom Himmel strahlte, legte sich ein düsterer Schatten über den fröhlichen Jahrmarkt, der am Rande der Entensteger Turney abgehalten wurde. Es war der Zorkabinermönch, der schon beim Seefest die Gesellschaft schweigend an die Unausweichlichtkeit und Allgegenwart des Todes erinnert hatte (siehe KOSCH-KURIER Nr. 83).
Wie sich mittlerweile herausstellte, handelt es sich dabei um Bruder Marbodian, einen jungen Mönch, der bis vor ein paar Monden noch im Kloster Trolleck lebte. Seit einer Weile zieht er durchs Land und verbreitet seine borongefällge Botschaft auf recht befremdliche Weise. Dabei scheint er weder im Auftrag noch mit dem Segen des Klosters zu handeln.
Die Feiernden ließen sich nur kurz in ihrem Treiben stören. Aus frommer Scheu wagten sie nicht, den stummen Mahner zu verscheuchen, doch sie sahen auch keinen Grund darin, ihm weiter Beachtung zu schenken. Nur ein bleiches Bettelmädchen, so wurde berichtet, habe die ganze Zeit zu Füßen des Mönches gesessen, „als ob es ihm lausche“, wie manche berichteten. Gesagt habe Bruder Marbodian freilich kein einziges Wort – zumindest nicht hörbar.
Wohin der stumme Mahner später gegangen ist, weiß keiner zu sagen, doch wissen manche zu berichten, dass das Bettelmädchen ihm gefolgt sei wie ein streunender Hund.