Doppelhochzeit nach Wengenholmer Art

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Ausgabe Nummer 77 - Hesinde 1046 BF

Doppelhochzeit nach Wengenholmer Art

Baron Kordan von Geistmark vermählt seine Kinder

BAUERSGLÜCK, Travia 1046 BF. Am diesjährigen Tag der Treue fand der gesellschaftliche Anlass des Jahrzehnts in der Geistmark statt: Die beiden Kinder des Barons heirateten zur gleichen Zeit. Erbbaroness Efferdane ehelichte den Rondrapriester Enno von Rohalssteg, ihr jüngerer Bruder Baduar die garetische Ritterin Adalinde von Zweifelfels. Unser Schreiber Rahjatreu von Cellastein war eingeladen.

Rauschende Feste erlebt man selten bei Adelshochzeiten im Wengenholm. Es mangelt an allem, was dazu nötig ist: an einträglichen Lehen, prächtigen Schlössern, aber auch am Willen der praktisch gesinnten Edelleute, ihresgleichen durch Prunk zu übertrumpfen. Zudem ist der hiesige Adel seit dem Wüten des Alagrimm und der Gründung des Schwurbundes bedenklich ausgedünnt.

So rechnete auch ich mit einer eher nüchternen Feier, als mich unerwartet die Einladung zum Traviabund der Baronserben von Geistmark erreichte. Zumal Hochgeboren Kordan von Sighelms Halm darauf verzichtet hatte, den Fürsten einzuladen. Dies gab einiges zu tuscheln am Hof in der Thalessia. Knausrig sei der Baron — oder aber bettelarm. Böse Zungen munkelten gar, er habe seinen Kindern die gleichzeitige Heirat befohlen, um dadurch Kosten zu sparen.

Natürlich war das Unsinn. Wie mir gut unterrichtete Kreise verrieten, war es das Haus Zweifelfels, das seinen Sprössling möglichst bald im Traviabund sehen wollte und Baron Kordan nahelegte, die Hochzeit seiner Tochter auch gleich zur Hochzeit seines Sohnes zu machen (nur zwei Monate nachdem dieser seinen Ritterschlag erhalten hatte).

Die Feier fand nicht in der als ungemütlich verschrienen Stammburg Halmwacht statt, sondern auf dem Eigengut des Barons in Bauersglück. Als ich dort eintraf, zeigte sich schnell, dass die Hochzeit in keiner Weise mit dem Glanz und Aufwand würde mithalten können, mit dem wenige Wochen zuvor Josmene von Nadoret und Bolzerich von Uztrutz geheiratet hatten. Aber auch, dass Baron Kordan es geradezu darauf anlegte, sich davon abzuheben. Die einzige Lustbarkeit neben dem Bankett war eine Treibjagd. Passend dazu waren die meisten Gäste Mitglieder des Hanghasenordens. Immerhin war das Grafenpaar von Wengenholm anwesend sowie der fürstliche Hofmagus Voltan von Falkenhag, der die Glückwünsche des Hauses Eberstamm überbrachte. Aus Garetien waren einzig die Eltern der Braut angereist, Leomir von Zweifelfels und Alissa von Ratsamshausen. Dabei sind die Zweifelfelser ein weitverzweigtes Haus von einigem Einfluss und Adalinde die Schwester des heutigen Barons der Stammlande Zweiflingen (der den Thron von einem Onkel erbte). Mag sein, dass sich auch im Außerkosch herumgesprochen hat, dass eine Wengenholmer Hochzeit nach garetischen Maßstäben eher ein Bauernfest ist.

Von Ennos Familie war erwartungsgemäß niemand anwesend, ist der Vater ja in Tobrien gefallen, die Mutter im Khunchomer Exil und die Schwester als Priesterin des Praios in Elenvina tätig. Die weitere Verwandtschaft sind allesamt Krämer und Händler im Lieblichen Feld, wie ja auch Conrad Salfridjes zum Halschen Neuadel gehörte.

Zum Hochzeitsvertrag gehört daher, wie ich erfuhr, dass alle Kinder aus der Verbindung den Namen Sighelms Halm tragen werden — eine Regelung, auf die auch der heutige Baron zu Rohalssteg sowie der Graf der Hügellande gedrängt haben sollen, um jeden möglichen Anspruch auf die Baronie am Angbarer See auszuschließen. Sie gilt auch für das andere Paar und ist höchst angebracht, ist doch der Stammbaum der Sighelms Halm in den letzten Jahrzehnten schmal geworden.

Zur Zeremonie versammelte man sich unter einer Eiche am Gänseteich des Dorfes. Geführt wurde sie von Vater Halmbart Garnelstrunk aus Auersbrück und Ritter Lucardus von Hirschingen aus Wengenholm; beide Paare legten den Schwur sowohl vor Travia wie vor Rondra ab. Bänke gab es nur für die Gebrechlichen; viele Gäste erschienen in Wehr und Waffen, um den Rondraschwur mit dem Klang von Klinge auf Schild zu bekräftigen.

Mit der Beschreibung der Treibjagd will ich die Leser nicht langweilen, auch über das Bankett gibt es nur zu berichten, dass verzehrt wurde, was man zuvor geschossen hatte, und dass das Bier weder aus Ferdok noch aus Angbar kam, sondern aus Rohalssteg. Am lebhaftesten wurde es, als man einen Trinkspruch auf den seligen Fürsten Blasius ausbrachte.

Ein Ball war nicht vorgesehen — ich fand keinen unter den Gästen, der den Baron je hätte tanzen sehen — doch hatte Herr Kordan die Rechnung ohne seine neue Schwiegertochter gemacht. „Travia, Rondra und Firun sind zu ihrem Recht gekommen“, sprach sie nach dem Essen, „nun wollen wir aber doch auch die Herrin Rahja nicht vergessen.“ Und hieß zwei Spielleute vortreten, die sie aus Oberangbar hatte kommen lassen. So fegten dann doch die Brautpaare und andere Tanzfreunde über den Boden der großen Tenne, die man eilends dazu freiräumte, und die Hochzeit zu Geistmark kam doch noch zu etwas unerwartetem Zauber.

Rahjatreu von Cellastein