Berichte von der Keilerkompanie - Angetreten

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Angbarer Zitadelle, Rondra, 1048

Drei Wochen später stand Yolande im Innenhof der Angbarer Zitadelle und fragte sich, wie ihr die Situation so hatte entgleiten können. Sie hatte erneut ein kleines Vermögen verspielt, Geld, welches sie nicht hatte. Sie hatte für sich keinen Ausweg mehr gewusst. Ihr Bruder würde ihr nicht erneut Geld geben. Ihr Vater hatte so viel Geld vermutlich auch nicht herumliegen. Es blieb eigentlich nur noch ihre Mutter übrig. Alvide hatte ihr dann das Geld vorgeschossen, aber als Gegenleistung musste sie in die neue Fürstliche Kompanie Halmdahl der Keiler eintreten. Es hatte an genügend kampferfahrenen Leuten gefehlt. Yolande grinste schief. Wenn auch nur die Hälfte ihrer zukünftigen Mitstreiter aus ähnlichen Gründen bei dieser neuen Kompanie waren, dann konnte das ja noch heiter werden.

Als sich die zukünftige Truppe in der Zitadelle versammelt hatte, machte sie einen ganz ordentlichen Eindruck auf Außenstehende. Die Männer und Frauen der neuen Kompanie hatten neben ihren besten Kleidungsstücken auch allesamt ihre Rüstungen und Waffen aufs Ausgiebigste geputzt und so blitzte und funkelte es nur so im Innenhof. Prinz Erlan hatte eine kleine Rede gehalten. Eigentlich nichts weiter Besonderes, aber der Prinz schien viel Enthusiasmus zu haben. Enthusiasmus, der Yolande ganz deutlich fehlte. Die Pläne des Fürstensohnes von einer starken Grenzfestung im Norden des Kosch zum Schutz vor den Schwarzpelzen, der Bekämpfung des Borrewaldbundes und der Aufstellung einer neuen militärischen Eliteeinheit zeugten doch von dessen ehrgeizigen Zielen und einer noch größeren Begeisterung für das Militärische. Offiziell führte zwar der Veteran Viburn von Rohenforsten den Haufen an, aber es war allen klar, wer eigentlich das Kommando führte. Bis die neue Truppe die Sollstärke erreicht haben würde, waren die Söldner der Vardocker Spießgesellen vorgesehen. Dieser raue Haufen, rekrutiert aus den Elendsvierteln der Hauptstadt Gareth, wirkte auf jeden Außenstehenden etwas furchteinflößend, denn fast alle von ihnen waren vernarbt und von grimmigem Aussehen. Allerdings würden sie damit und mit ihrer gesammelten Kampferfahrung im Norden Wengenholms auch sehr nützlich sein. Ihr Anführer Eberhard von Vardock sah recht zufrieden drein, wahrscheinlich hatte er einen stattlichen Batzen Dukaten für diesen Auftrag erhalten.


Nun ging es endlich los in den Norden. Während manch ein Rekrut mit Vorfreude dorthin blickte, so war der Blick der Koscher Wehrmeisterin doch eher sorgenvoll. Wenn sich Prinz Erlan bewähren sollte, dann würde ihm diese Erfahrung sicher gut tun, aber einem so jungen Mann so viel Verantwortung zu übertragen, barg durchaus auch Gefahren. Sie seufzte leise. Ihre Schreiben an die Koscher Grafen mit der Bitte um Unterstützung für die Truppe des Fürstensohnes war nicht mit solcher Begeisterung beantwortet worden, wie es sich die Wehrmeisterin erhofft hatte. Aber sie konnte den drei Männern auch nichts vorwerfen.

Graf Jallik fehlten ja selbst die Kämpfer und Kämpferinnen, um seine eigene Grafschaft flächendeckend schützen zu können. Wenigstens hatte er ihr die Hilfe des jungen Bergritters Baerwin von Hartsteig und einiger Wengenholmer Rekruten zugesagt. Mit Baerwin hatte sie bereits einmal, nämlich während dem Hinterhalt im Borrewald, zu tun gehabt. Keine große Heldengestalt, aber zuverlässig und zäh wie gutes Leder. Außerdem wohl etwas überlegter als sein hünenhafter Bruder Arnulf, doch genauso genügsam. Er würde sich in den Augen des Fürsten beweisen wollen und sie hatte ihm nun die Chance dafür gegeben.

Graf Growin hatte bereits einige andere militärische Verpflichtungen, um die er sich kümmern musste, und die Alttreuen um das Haus Nadoret sorgten in seiner Grafschaft wieder für Unruhe, nachdem sie den zwergischen Baron von Drift und damit seinen Lehnsmann eingekerkert hatten. Dennoch hatte er ihr die junge Ritterin Alrune vom Rosenschloss vorgeschlagen, was sie ihm wohlwollend anrechnete. Die Ritterin war ebenfalls nun in den Reihen der neuen Kompanie, auch wenn sie sich Mühe gab, möglichst weit weg von den Vardockern zu stehen. Alvide seufzte, wieder so eine Familienfehde.

Graf Wilbur hatte derweil immer noch kein rechtes Interesse an allem Militärischen und hielt sich eh die meiste Zeit im Garetischen auf, doch er war wenigstens so weit gegangen und hatte ein großzügiges Bannergeld entrichtet, was den Mangel an Kämpferinnen und Kämpfern aus seiner Grafschaft wettmachte. Mit dem Geld würden zumindest die Ausrüstung und auch die Söldner eine gute Zeit bezahlt werden können. Und danach, sie seufzte wieder, würde sie wohl harte Verhandlungen mit dem fürstlichen Säckelmeister führen müssen.

Mit Ritter Viburn hatte sie bereit zuvor ein längeres Gespräch geführt, aber einen erfahreneren und treueren Knappenvater konnte sie sich für den Fürstensohn nicht vorstellen. Der alte Ritter war aus bestem Steineichenholz geschnitzt und würde sich wohl eher in Scheiben schneiden lassen, als dass Prinz Erlan etwas geschah. Das Gespräch mit Eberhard von Vardock war da schon schwieriger gewesen, doch sie hoffte, dass sie dem Söldnerführer ausreichend klar gemacht hatte, was ihm blühte, wenn dem Fürstensohn auch nur ein Haar gekrümmt werden würde. Sie kannte Eberhard seit der unsäglichen Schlacht auf dem Schönbunder Grün, vor nun 15 Jahren. Damals hatten sie verloren, aber Eberhard und seine Söldner hatten unter Alvides Führung tapfer gekämpft. Die Tapferkeit damals hatte Eberhard nun diesen Kontrakt verschafft. Dennoch war sich Alvide bewusst, dass Eberhard ein Söldner war und vor allem auf seinen persönlichen Profit aus war, aber vor dem Prinzen würde er sich benehmen, darin war sich Alvide sicher.

Die Teilnahme von Josmene von Treublatt war da auch ein Glücksfall. Falls die Vardocker irgendeine Schweinerei anstellten, dann würde sie sowohl der fürstliche als auch der Zorn des Hauses Treublatt treffen. Gisbrun, Josmenes Vater, konnte man zwar schwer trauen, aber unter den Augen des Fürsten wollte er sich doch immer als guter Untertan präsentieren. Dazu konnte man Josmene bereits als recht kampferprobt betrachten, war sie doch beim Rennbanner dabei gewesen, welches in der großen Fehde in Garetien einige Scharmützel gesehen hatte.

Die Ritter Trest von Mackenstein und Blasius von Marking waren zwei schneidige Kämpfer, vielleicht etwas zu sehr von den eigenen Fähigkeiten überzeugt, aber auch treu und wohl ebenfalls bereit, ihr Leben für das des Fürstensohnes zu geben, falls es denn so weit kommen würde. Und Yolande, nun ja, das würde sich zeigen. Alvide hätte zwar gerne jemand anderes aus dem Hause Sindelsaum mitgeschickt, aber so viele Mitglieder hatte das Haus dann doch wieder nicht und fast alle waren bereits fest gebunden. Die Ehre des Hauses Sindelsaum würde nun von ihrer Tochter verteidigt werden, und das hatte sie ihr hoffentlich ausgiebig genug ins Hirn gehämmert.