Wer wird neuer Hüter der Flamme?

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Ausgabe Nummer 40 - Ingerimm 1028 BF

Wer wird neuer Hüter der Flamme?

Ingerimms Diener pilgern nach Angbar zur Feuerprobe

ANGBAR. Fast ein Jahr ist es nun her, dass der Erhabene Hilperton Asgareol sein Leben hingab in der Schlacht um Angbar. Seitdem steht die Ragroscha, der Erzene Sitz des Patriarchen, leer; denn der Brauch will es, dass ein neuer Hüter der Flamme nur am Tag der Meisterschmiede (21. ING.) bestimmt wird. Dieser Tag steht nun bevor, und während der vergangenen Wochen trafen fast täglich die Delegationen der Tempel und Klöster aus allen zwölfgöttlichen Landen in Angbar ein.

Nicht nur aus dem Kosch und den Nordmarken, wo dem Herrn Ingerimm besondere Verehrung zuteil wird, kamen seine Diener; auch aus Andergast und Greifenfurt, aus Garetien und Almada, aus dem Lieblichen Feld und sogar den weit entfernten mittäglichen Landen pilgerten sie in die Eherne Stadt zum größten Haus des Gottes. Dort empfing sie Meister Ibralosch, Igens Sohn, der Schürer der Flamme. Bis ein neues Oberhaupt feststeht, leitet er die Geschicke der Flammenden und Erz-Kirche. Feierlich nahm er die Kupfertafeln mit den Namen der Geweihten entgegen und stellte sie am Altar der Heiligen Ilpetta auf, damit zu sehen ist, wer kam und wer noch fehlt.

Auf einige Gesandtschaften wartete man indes vergebens — teils in banger Sorge, teils wissend, dass diese Tempel isoliert, verlassen oder gar zerstört sind. Aus Khunchom hatte Al’Chadid, „Der Eiserne“, seine Stellvertreterin entsandt, die als begnadete Klingenschmiedin gilt und selbst zwergischen Meistern (angeblich) in nichts nachsteht. Der ehrwürdige Meister selbst, vom Alter gebeugt, bewirbt sich nicht mehr um das höchste Amt, das Kraft und Stärke erfordert. Diese Eigenschaften scheint Meister Ingban, der Tempelobere von Gratenfels, in hohem Maße zu besitzen. Auch Meister Obernax aus Andergast, der eher dem mystischen Zweig des Ingerimm-Kultes anhängt, gilt vielen Gläubigen als würdiger Nachfolger des großen Hilperton. Bald sprach es sich herum, dass unter den Anwärtern auch ein Eremit von den Zyklopeninseln sei, der bei den einäugigen Riesen das Waffenschmieden erlernt habe.

Wer aber letztlich das Hüteramt bekleiden wird, darüber entscheidet kein Richtspruch aus Menschen- oder Zwergenmund, keine Wahl und keine Abstimmung, sondern der Herr Ingerimm selbst. Überlicherweise ist es einer der Tempelvorsteher und Äbte, den der Gott erwählt, denn sie haben sich in langen Jahren als würdige Diener erwiesen und ihr Handwerk zur Meisterschaft gebracht. Nur selten hingegen kommt es vor, dass sich eine einfache Geweihte — wie vor gut 200 Jahren Ilpetta Ingrasim — selbst für würdig genug hält und tatsächlich auserwählt wird.

Diejenigen, die sich dem Wahlspruch Ingerimms stellen, begeben sich am ersten Tag des Feuermondes in die tiefen Gewölbe unter dem Tempel, wo sie bis zum Fest der Waffenschmiede in strenger Klausur bleiben. In dieser Zeit fertigen sie ein gottgefälliges Meisterstück an, das sie im Rahmen einer prächtigen Feuermesse dem Herrn der Flammen und Erzes zur Prüfung vorlegen. Oft fragt man sich, wie in nur drei Wochen die herrlichen Waffen und Schmuckstücke entstehen können — doch dies zeichnet eben die von Ingerimm Begnadeten aus, dass sie solches vermögen. Aber nur das Werk des Auserwählten hält der Feuerprobe stand, die übrigen vergehen in den Gluten der heiligen Esse.

Während der Zeit des Wartens herrscht in Angbar eine sonderbare Mischung aus Neugier, banger Hoffnung und frommer Begeisterung. Nicht nur die Einheimischen kennen kaum ein anderes Thema, auch die zahlreichen Fremden, die wie jedes Jahr zur Warenschau angereist sind, fiebern dem großen Tag entgegen. Immer wieder machen in den Bierstuben und Marktbuden die merkwürdigsten Gerüchte die Runde: So soll die al’anfanische Meisterin der Esse, Brandula Korten, im Sinn haben, den Hauptsitz des Kultes von Angbar nach dem tiefsten Süden zu verlegen, wo es einen dem Ingerimm heiligen, Flammen speienden Berg gibt. Andere fürchten, dass ein Liebfelder auf der Ragroscha sitzen könnte, der mehr dem neumodischen Manufakturwesen zugetan ist als den altbewährten Handwerkskünsten.

So überrascht es nicht, dass auch Gesandte aus den Bergfreiheiten nach Angbar gekommen sind — auch wenn die meisten Zwerge nicht dem Angbarer Kult angehören, sondern den wikav:Bewahrer der Kraft zu Xorlosch als höchsten Stellvertreter Angroschs ansehen. Fürst Blasius hingegen und viele Angehörige des Adels weilen derzeit außerhalb der Landesgrenzen, findet doch im Ingerimm der Reichskongress auf Burg Rudes Schild in Garetien statt.

Karolus Linneger