Vierzig Jahre Freud und Leid

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Ausgabe Nummer 56 - Peraine 1035 BF

Vierzig Jahre Freud und Leid

Ein Rückblick auf die bisherige Regentschaft unseres Fürsten

Vierzig Jahre sind eine lange Zeit — viele Koscher Landsleute haben nie einen anderen Fürsten auf dem Thron gesehen. Etwas anders empfinden die Angroschim. Den Älteren unter ihnen sind die Fürsten Berndrich und Holdwin noch bestens im Gedächtnis, einige mögen sich gar noch an Idamil den Fischer erinnern. Der Kosch-Kurier sprach mit dem Erbgreven Grumold Gimmelding, Sohn des Garboin, über die Amtszeit von Fürst Blasius.

Kosch-Kurier: Heute kennen wir unseren Fürsten als weisen, leutseligen und bodenständigen Landesvater. Das war aber nicht immer so?

Grumold: In der Tat. Als Kind war Blasius ja kränklich und nicht der stramme Bursche, den sich Fürst Berndrich gewünscht hätte. Um so mehr träumte der Junge von ritterlichen Heldentaten. Als er seinem Vater auf den Thron folgte, kümmerte er sich daher weitaus mehr um Turniere, Abenteuer und höfische Feste als um die kleinen Bürden des Alltags, die einem Herrscher obliegen. Wie locker der junge Blasius sein Amt nahm, zeigte sich schon am Tag seiner Krönung, als er die Fürstenkrone kurzerhand seiner Mutter aufsetzte, weil sie ihm beim Stemmen des Bierkrugs stets vom Kopf zu rutschen drohte.

KK: Ihr habt Turniere angesprochen. Auch da war der Fürst zu Beginn ja nicht sehr erfolgreich.

Grumold: Genau! Als er zum ersten Mal am Kaiserturnier zu Gareth teilnahm, wurde er schon im ersten Gang aus dem Sattel geschleudert. Nicht wenige Zuschauer sollen in Gelächter ausgebrochen sein. Im Herbst darauf richtete Fürst Blasius sein erstes eigenes Turnier in Angbar aus und nahm natürlich selbst teil. Sein Startgegner, der Junker von Hirschingen, wollte ihm eine Peinlichkeit wie zu Gareth ersparen und ließ sich vom Pferd fallen. Der Fürst bemerkte dies wohl und verlangte eine Wiederholung des Lanzengangs. Noch zweimal versuchte der Hirschinger zu verlieren, bis er sich endlich beugte und Fürst Blasius vom Pferd warf.

KK: In der Niederlage soll sich der Fürst auch immer großzügig gezeigt haben, etwa wenn „Lösegeld“ an den Sieger zu zahlen war.

Grumold: Oh ja, und oft lud er seine Bezwinger auf Schloss Thalessia ein, wo er sie mit Speis, Trank und ausschweifenden Erzählungen aus der langen Geschichte des Kosch bedachte — ob sie hören wollten oder nicht. Überhaupt war Blasius schon damals sehr der gemütlichen Unterhaltung zugetan. Als im 13. Jahre seiner Regierung Meister Ingrosch Sohn des Igen den Quetschbeutel erfand, ließ sich der Fürst das neue Instrument sogleich vorführen und dann eines mit dem Eberwappen auf dem Beutel anfertigen. Fast einen Götterlauf lang war der Fürst kaum ohne seinen Quetschbeutel zu sehen, bis — dem Vernehmen nach — die Fürstinmutter ihm nahe legte, das Spielen den Spielleuten zu überlassen.

KK: Ja, das waren die unbeschwerten goldenen Jahre Kaiser Hals! Mit der Entrückung des Kaisers änderte sich vieles schlagartig.

Grumold: Und ganz besonders der Fürst. Dass er mit der Thuranischen Legion gegen die Orken ritt, mag noch die alte Sehnsucht nach Ruhm und Abenteuer gewesen sein. Doch die Monate in Gefangenschaft der Orks — von denen er übrigens kaum je erzählt hat — brachten einen neuen Blasius hervor. Ernster, pflichtbewusster, sorgfältiger, aber auch gemütlicher und ausgeglichener. Und gerade rechtzeitig, denn die Provinz brauchte dringend einen Landesvater, der sie durch die kommenden Schicksalsschläge führen könnte.

KK: Schicksalsschläge gab es wahrlich zuhauf, der Dämonenmeister, die Verwundung Prinz Edelbrechts, der Alagrimm, wir brauchen sie gar nicht alle aufzuzählen.

Grumold: Da habt Ihr recht, die Zeiten sind schlimm. Dennoch liess sich unser Fürst nie unterkriegen, klomm auch nach dem tiefsten Sturz — denken wir nur an den Tod seines Enkels — wieder aus dem Schacht. Und wir wollen nicht vergessen, dass auch die letzten zwanzig Jahre manch schönen Moment brachten. Das Gesinde erzählt noch heute, wie der Fürst den weinenden Prinzen Jarlak, eben erst aus Tobrien nach Angbar gebracht, tröstete, indem er über dem Wiegenrand eigenhändig den „Wengel bei den Schafhirten“ aufführte.

KK: Oder wie er dem Cantzler Duridan bei dessen Amtseinsetzung statt des fürstlichen Kassabuches zuallererst einen Sagenfolianten übergab, aus dem er fortan vorzulesen hatte.

Grumold: Aus dem träumenden Jüngling von einst ist ein wahres Väterchen der Provinz geworden: ernst und streng, wo nötig, mild und freundlich, wo möglich. Wohl dem Land, das einen solchen Fürsten hat!

(Das Gespräch führte Stordian Mönchlinger)