Ritter, Edler, Bräutigam

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Ausgabe Nummer 54 - Phex 1032 BF

Ritter, Edler, Bräutigam

Ein großer Tag für Halmar von Sindelsaum


SINDELSAUM. Es war der 15. Rondra 1034 BF, als Sindelsaum aus allen Nähten platzte. In dem ruhigen Dorf an der Sindel hatten sich zahllose Gäste von nah und fern versammelt, denn es sollte Hochzeit gefeiert werden. Niemand anderes als Halmar von Sindelsaum, der erstgeborene Sohn und Erbe Baron Erlans, und Perainhild von Leihenhof, die Zofe Nadyanas von Wengenholm, sollten heute den Bund der Travia eingehen.

Es war der Tag des Heiligen Baduar, des ritterlichen ersten Fürsten des Kosch, ein allgemein beliebter Tag für Ritterschläge und Turneien. Und beides sollte heute, neben der Hochzeit selbst, stattfinden, war Halmar von Sindelsaum doch bisher Knappe bei Ritter Thalian Has gewesen. Wenngleich die Knappenzeit noch nicht voll abgelaufen war, hatte der gemütliche Ritter verkündet, seinem Knappen nun den Ritterschlag zu gewähren, hatte sich Halmar doch im Wengenholm vortrefflich bewährt. Während der junge Knappe seit dem ersten Rondratag im Kloster Barabein weilte, um die traditonellen zwei Wochen Buße zu tun, trafen die zahllosen Gäste in Sindelsaum ein.

Die Einheimischen, die in großer Zahl versammelt waren, riefen ihnen freundliche Worte der Begrüßung zu. Mit vielen waren sie ja ohnehin bekannt oder verwandt. Bereits im Vorfeld hatte Grimwulf von Borking, des Barons Verwalter, bei zahlreichen Sindelsaumern nachgesucht, um Gastung für die vielen Gäste zu gewährleisten. Während so mancher Adliger in seinem prächtigen Turnierzelt weilen wollte, öffneten viele Sindelsaumer und auch Hügelsaumer ihre Türen für die Fremden. So wurde mancher weitgereiste Ritter oder Edlensohn in einem der gemütlichen Hügelhäuser der beiden Dörfer untergebracht. Die wichtigsten Gäste weilten natürlich im Hügelhaus des Barons.


Illustre Gäste

Der Dachsbau war, wie das gesamte Dorf, herausgeputzt worden. Girlanden hingen zwischen den Bäumen, der Garten war aufs vortrefflichste in Form gehalten und der Vorratskeller bis zum Bersten gefüllt. Bald trafen auch die ersten weitgereisten Gäste ein. Baron Roklan von Leihenhof, der Bruder Perainhilds, ließ es sich ebenso wenig nehmen, persönlich zu erscheinen, wie Baron Hagen von Salmingen-Sturmfels, oder Erbvogt Thorben von Hammerschlag, sowie Graf Wilbur vom See. Cantzler Nirwulf war ebenfalls erschienen, nahm er doch stets ein besonderes Interesse an den Belangen „seiner Hügellande“. Baron Wolfhardt von der Wiesen wurde mit freudigen Hochrufen begrüßt, hoffte doch so mancher auf eine klangvolle Ballade. Baronin Ina von Blauendorn-Lacara wurde derweil eher neugierig beäugt, fiel die Almadanerin mit ihren bunten Gewändern doch sehr aus der üblichen Gewandung an den Landen an der Sindel.


Ein Prinz wird getröstet

Während Baron Wolfhardt bereits eine seiner Balladen, unter einem Apfelbaum sitzend, vortrug und damit so manche junge Maid in Verzückung versetzte, feierte die Dorfjugend die Ankunft eines ganz anderen Gastes. Baldur Staubgesicht war mit der Angbarer Puppenbühne angereist und wurde sogleich von einer Traube jubilierender Kinder begrüßt. Baldur ließ sich auch gar nicht lange bitten und begann sogleich mit einer kleinen Vorführung auf dem Dorfplatz. Nicht nur die Kinder zeigten sich ob der Vorstellung entzückt, und am Ende, als die Großmutter auf das von Jung und Alt skandierte „Zugabe! Zugabe!“ die berühmte Antwort gab: „Schluss jetzt! Von wegen Zugabe! Das Einzige, das ihr noch bekommen könnt, ist ein Häkelkurs!“ - da skandierte das Publikum vergnügt „Häkelkurs, Häkelkurs.“

Die Rufe wurden jedoch von entferntem Jubel unterbrochen. Neugierig drehte sich das Publikum um, als Erbprinz Anshold und Nadyana von Wengenholm Einzug hielten. Vor seinem Vater saß der gerade einmal zweijährige Prinz Erlan im Sattel und schaute neugierig in die Welt hinaus. Der lautstarke Jubel der Sindelsaumer erschreckte den kleinen Prinzen so sehr, dass er anfing zu weinen. Erbprinz Anshold sprach beruhigende Worte auf das Kind ein, doch die Tränen wollten einfach nicht versiegen. Schon wollte Nadyana ihren verängstigten Sohn in den Arm nehmen, als Phexhilf Bollenflug, der Puppenspieler des Angbarer Wengel, mit eben diesem in der Hand herantrat und eine kleine Vorstellung begann; da hörte der Prinz auf zu schluchzen und fing bald darauf zu jauchzen an und nach dem ihm immer wieder entwischenden Wengel zu greifen.

Bei all der Aufmerksamkeit für den kleinen Prinzen geriet die junge Braut um ein Haar in Vergessenheit. Dies währte jedoch nur so lange, bis Baron Erlan und seine Gattin Alvide herbei geritten kamen und ihre Gäste sowie die Braut begrüßten.


Ritter, Edler und Baronet

Die eigentlichen Feierlichkeiten begannen am nächsten Morgen, als die versammelte Festgesellschaft zum Ingerimm-Kloster in Barabein ritt. Der kleine Tempel fasste kaum die Gesellschaft, als Halmar von Sindelsaum, nach durchbeteter Nacht, vor seinen Knappenvater Thalian Has von Hügelsaum trat. Zur Linken des Edlen stand Baron Wolfhardt von der Wiesen und zur Rechten Baron Hagen von Salmingen-Sturmfels. Halmar fiel auf die Knie und sprach die Worte des Schwures, während Thalian ihn zum Ritter schlug. Kaum hatte sich Halmar, nun als Ritter erhoben, trat Baron Wolfhardt vor und sprach: „So kniet nieder, Ritter Halmar, und empfangt aus meinen Händen den Titel und die Ländereien eines Edlen von Kaisersteg.

Sogleich kniete der junge Ritter erneut nieder und sprach den Vasalleneid. Als Halmar sich als frisch belehnter Edler von Kaisersteg erhob, trat Baron Hagen vor und sprach: „Eure Tapferkeit hat mich bei der Stolzenburg beeindruckt. Ich erhielt meinen Ritterschlag auf ganz ähnliche Weise für Tapferkeit im Feld. So kniet nieder und empfangt das Banner der fürstlichen Kompagnie ‚Herzogin Efferdane’ aus meinen Händen.“ Erneut kniete Halmar nieder und sprach den Eid auf den Fürsten. Als sich Halmar erhob, war er nicht nur Ritter und Baronet von Sindelsaum, sondern zugleich Edler von Kaisersteg und Stellvertreter Baron Hagens in der Kompagnie „Herzogin Efferdane“. So manchem der Anwesenden verschlug es ob dieser Anhäufung von Titeln die Sprache, doch Baron Erlan, der Vater Halmars, glühte vor Stolz.


In Traviens Namen

Als sie ihr Werk getan hatten traten die beiden Barone und der Edle zur Seite und ließen drei Geweihte vortreten. Für das Ingerimm-Kloster würde Äbtissin Albericha Steinbrodt an der Trauung teilnehmen. Die Perainekirche wurde durch Ivetta von Leihenhof vertreten und die Trauung selbst würde durch den angesehenen Traviageweihten Hannusch Sirbensack durchgeführt werden.

Das Gemurmel der Menge verstummte, als die Braut von ihrem Bruder Baron Roklan in den Tempel geführt wurde. Der Bräutigam lächelte glücklich, als jener ihm die Hand Perainhilds übergab. Und so sprach das Brautpaar die heiligen Worte vor dem Angesichte Travias.

In festlicher Prozession ritt das Brautpaar, gemeinsam mit seinen Gästen, zurück nach Sindelsaum. Das Volk säumte den Weg und jubelte seinem zukünftigen Baron und dessen Gattin zu. Das Paar war ob der Anteilnahme sichtlich gerührt, und so winkten die beiden erst zurückhaltend, dann immer entspannter zurück.

In Sindelsaum waren die Festlichkeiten bereits vorbereitet worden, und so feierte das Brautpaar mit seinen Gästen unter den Obstbäumen im Garten des Dachsbaues, während das Volk im Dorf auf das Brautpaar anstieß.


Auf zum Turnier!

Am nächsten Tag aber fand das angekündigte Turnier statt. Während beim Armbrustschießen das Siegerfeld völlig von den zahlreichen Zwergen dominiert wurde, war der Adel beim Lanzenreiten und Buhurt unter sich. Einunddreißig namhafte und einen „Grünen“ Ritter sah man in die Schranken reiten. Ausgerechnet die beiden Schwäger, die Barone Hagen und Roklan, trafen in der ersten Runde aufeinander, wobei der Hinterkoscher dem Ansturm des Dunkelforster Barons nachgeben musste. Bereits im nächsten Durchgang wurde aber Baron Hagen von Vogt Hernobert von Falkenhag aus dem Sattel gehoben. Der Falkenhager aber unterlag beim vierten Lanzengang dem Junker von Salzmarken. Derweil zog eine junge fahrende Ritterin mit dem Namen Olorande von Runkelfels, aller Augen auf sich. Es schien manchem, als ob hier Rondra persönlich die Lanze führte. Oder war es das Pfand, das sie vor dem Turnierbeginn vom sichtlich verlegenen Grafen Wilbur erbeten hatte? Trotz ihrer gewiss geringen Erfahrung stach sie Baron Wolfhardt und den brillant käpfenden „Grünen Ritter“ aus dem Sattel. Als sie im Finale auf den Salzmärker Junker traf, sollte der Kampf gar zu Fuß weitergeführt werden, als beide Ritter von der Wucht der Lanzen aus dem Sattel geworfen wurden. Mit einem gewaltigen Hieb gegen den Helm ihres Opponenten sollte Olorande aber auch hier obsiegen, und so erhielt sie aus den Händen Baron Erlans ein vom berühmten Meister Grisom, Sohn des Grorben, gefertigtes Zweihandschwert aus Zwergenstahl.


Eine neue Falkiade

Für Heiterkeit zwischen all den Kämpfen sorgte Ritter Falk Barborn zu Siebental, als er Cantzler Nirwulf um ein Unterpfand der „Liebe“ bat. Das Publikum brach in röhrendes Gelächter aus und auch Cantzler Nirwulf wusste nicht so recht, ob der als kauzig bekannte Ritter sich einen Scherz erlaubte. Ritter Falk schien es aber ernst zu sein und so ritt er mit einem kleinen Beutel mit den Lieblingsgewürzen des Cantzlers in die Schranken. Viel nutzen sollte es ihm freilich nicht, denn der „Grüne Ritter“ hob ihn bereits beim zweiten Durchgang aus dem Sattel. So klangen Fest und Turnier langsam aus. Viele Gäste blieben freilich noch ein wenig länger, um die lauen Sommerabende am Angbarer See gebührend zu genießen.


Garubold Topfler