Neuigkeiten aus der Hauptstadt - Kosch-Kurier 82
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Neuigkeiten aus der Hauptstadt
Am Angbarer See mit seinem milden Klima ist der Winter in der Regel nicht ganz so streng wie in den Bergen, und manch einer kann ihm auch schöne Seiten abgewinnen. Doch wer nur wenig Geld hat oder gar im Bettelgraben vor dem Garether Tor haust, den trifft Herrn Firuns Grimm auch hier sehr hart.
Winterfreuden auf dem Ifirnsweiher
Kaum hatte sich eine ausreichend dicke Eisschicht gebildet, da zog es die Angbarer auf den Ifirnsweiher zum Schlittschuhfahren. Manche Bewohner der Reichsstadt haben es in dieser Kunst bereits zur Meisterschaft gebracht und erstaunen die anderen durch allerlei Kunststücke – die von einigen mürrischen Zeitgenossen freilich als unreifer Firlefanz abgelehnt werden.
Unter dem fröhlichen Volk war auch Nedime saba Mirhiban, die Sharisad aus der Khunchomer Karawanserei – allerdings nicht in rote Seidentücher gehüllt wie bei ihren Tänzen, sondern in einen wärmenden Pelz. Voller Anmut und Eleganz drehte sie auf dem Eis ihre Runden. „Ach, Meister Linneger!“, rief sie dem Verfasser dieser Zeilen zu, „Ihr hattet ja so Recht!“ Wie dies gemeint ist, versteht der geneigte Leser, der sich das Ende des Zwiegesprächs im KOSCH-KURIER Nr. 80 in Erinnerung ruft.
Not und Elend im Bettelgraben
Bittere Not wie selten herrscht in diesem Winter im Bettelgraben vor den Mauern Angbars. Auch wenn der gute Fürst Blasius schon vor Jahren einen Unterstand errichten ließ und die Traviakirche Essen und milde Gaben verteilt, ist das Elend unter den Besitz- und Hoffnungslosen groß. Etliche von ihnen sind bereits erfroren, und die übrigen geraten in (teils blutigen) Streit um einen Kanten Brot oder eine warme Decke.
Herdane Haubinger, die Hochgeweihte des Traviatempels, hat (wieder einmal) den Rat der Zünfte aufgefordert, eine Lösung für das Problem zu finden – und zwar eine göttergefällige. Dies wolle sie noch zuwege bringen, bevor sie sich in Travias Schoß begebe, erklärte die hochbetagte Tempelmutter, die nur noch mit der Hilfe eines kräftigen Novizen die heiligen Hallen verlassen kann.
Heiteres Spiel mit ernsten Folgen
Aus einer Schneeballschlacht am Neumarkt Anfang Firun wurde bald eine ernste Angelegenheit, als einer der weißen Bälle eine Passantin am Kopf traf – und zwar keine Geringere als die Lichthüterin Alma Iralda von Eichstein, die eben auf dem Weg zum Tempel der Sonne war.
Die Burschen und Mächen, die gerade noch im Schnee herumgetobt hatten, standen zunächst starr vor Schrecken da, dann flohen sie in alle Richtungen davon. Der unglückliche Schneeballwerfer aber soll sich später, von schlechtem Gewissen geplagt, beim Tempel eingefunden haben. Dort bekam er eine strenge Ermahnung zu hören – und eine milde Buße auferlegt.
Todesfall in der Bronnjarenklause
Das beliebte Bornlandfest am 8. Firun in der Bornischen Bronnjarenklause musste in diesem Jahr leider entfallen – und zwar aus einem überaus betrüblichen Grund: Baernja Sjepensen, die langjährige Wirtin des Lokals, war am Morgen des 2. Firun verstorben. Offenbar war sie von einer Leiter gestürzt, als sie einen geräucherten Schinken von der Decke holen wollte, und hatte sich dabei den Hals gebrochen. Der Schankbursche fand sie regungslos am Boden liegen, und die eilends herbeigerufene Medica vermochte nur noch den Tod festzustellen.
Bei der Trauerfeier waren viele Stammgäste zugegen, und man trank gemeinsam ein ordentliches Glas Meskinnes zu Ehren der guten Wirtin, in deren Klause man so viele schöne Abende verbracht hatte.
„Buckelbirne“ ist derzeit beliebt
Firunszeit ist Bratapfelzeit, doch in diesem Winter erfreut sich vor allem das Birnenkompott mit Benbukkel und Schlagobers größter Beliebtheit unter den Nachspeisen. Wer sich das teure Gewürz von den Waldinseln nicht leisten kann, streut stattdessen geröstete und kleingehackte Nüsse darüber. Auch in Rotwein oder Schnaps eingelegte Rosinen sind als Ergänzung willkommen. Besonders köstliche „Buckelbirnen mit Schlag“ bekommt man im Goldenen Eber, wo auch Vogt Nirwulf Sohn des Negromon des Öfteren einkehrt.
Zwanzig Jahre Meister-Aldur-Spital
Mit einem kleinen Fest feierte der Therbûniten-Orden am ersten Tag im Tsa-Mond das zwanzigjährige Bestehen des Meister-Aldur-Spitals in Barschensee. Benannt ist die Einrichtung, in der schon vielen Kranken und Siechen geholfen werden konnte, nach dem 1027 BF verstorbenen Goldschmied Aldur Stiepenbrink. Dieser hatte es versäumt, zu Lebzeiten ein Testament zu verfassen. Als seine Neffen sich über dem Erbe zerstritten, holte Meister Aldurs Geist das Versäumnis nach, was letztlich zur Stiftung des Spitals führte. Der Fall wird bis heute in den Rechtsseminaren der Praioskirche diskutiert; unbestritten hingegen sind die Verdienste der Therbûnitin Wiede Sirbenstein und ihrer Helfer.
Karolus Linneger