Eines ew’gen Schwures Hauch

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Ausgabe Nummer 24 - Boron 1022 BF

Eines ew’gen Schwures Hauch

Königin Rohaja bestätigt die alten Rechte im Koscherland

Sitte ist es und Brauch im Lande Baduars und Halmdahls, daß ein jeder neue Herrscher alsbald die heiligen Worte des Bundes auf Ewig vernimmt, gutheißt und bestätigt — denn die Altvorderen schlossen diesen Pakt mit den Kindern des Herren Ingerimm, auf daß es beiden Völkern stets wohlergehe.

In der Morgenfrühe war es, just wie damals in den finsteren Zeiten, als sich die Wengenholmer Freien und die Oberhäupter der Zwergenclans auf dem schneebedeckten Bergesgipfel trafen zum feierlichen Schwur...

Vom Feuertempel her ertönte Baldarosch, die Tore der Thalessia öffneten sich, und heraus ritt die junge Königin mit ihrem Gefolge. Aber nicht in Gold und Purpur, sondern in schlichte ingerimmgefällige Mäntel aus Rot waren sie gewandet. Schweigend näherte man sich dem Tempel, in dem sich bereits hundertfältig Volk und Edelleute versammelt hatten. Das schneeweiße Roß der Königin kam zum Stehen, und der gute Herr Blasius selbst vollzog den Steigbügeldienst an der Monarchin. Rohaja aber schritt mit feierlichem Blick auf die Schwursäule zu, die zwischen acht Feuerstelen auf dem Platz vor der Sakrale steht.

Schweigend tat sich das große Bronzetor der Erzhalle auf, und der ehrhabene Hilperton stieg gemessenen Schrittes die Treppe empor, die von der Pforte auf den Platz hinaufführt, und hinter ihm zahlreiche Priester mit heiligen Lampen. Hinzu traten die Gesandten der zwergischen Völker: Väterchen Arombolosch, selbst ein König selbst und von größerem Ruhme noch als die Jungfer Rohaja heuer, Meister Nimrod, Sohn des Negromon, für die Hügelinge, und der Prinz Gilmoxor, des Rogmaroks Gilemons erstgeborener Sohn.

Der Hüter der Flamme sprach diese Worte: „Rohaja von Kosch, gütige Königin. Höre die Worte, welche die Beiden Völker zum Ewigen Bunde geschworen.“

Darauf begann er, im Wechsel mit Meister Ibralosch, Igens Sohn, dem Schürer des Feuers, die Zeilen und Verse des Bundes zu verlesen, dieser auf Rogolan, jener auf Bosparano — denn in diesen alten Sprach ward der Bund einst geschworen. Und die versammelten Koscher lauschten mit Schweigen und Ehrfurcht, denn es waren die unveräußerlichen Rechte ihrer Landschaft, die seit Jahrtausenden ihre Gültigkeit hatten, an denen kein Menschenkönig rütteln konnte. An der Seite der jungen Königin aber war der Erbgreve von Kosch, der sich mühte, ihr die Worte auf Garethi zuzuflüstern. Als man jedoch an die Stelle kam, wo es heißt, die Koscher dürften ohne den Rat und Urlaub der Rogmarok in Koschim und Amboß keinen Heerbann aufbieten, flog ein Schatten des Unmutes über Rohajas Gesicht.

Da man schließlich geendigt, fragte der Hüter der Flamme: „Bestätigst du, Rohaja von Kosch, diesen Bund und Schwur der Zwei Völker?“ Und Rohaja sprach: „Ich tue es, vor Praios und seinem Bruder Ingerimm, dem Herrn eurer Berge.“

Damit schritt sie auf die Bundessäule zu. Diese aber ist ein gewaltiger Block aus nachtschwarzem Koschbasalt, den die Alten mit feinstem Sande geschliffen und poliert, so daß er leuchtet und glänzt wie reinster Obsidian am Fuße der Feuerberge. Umwunden ist der Quader mit den Worten und Zeichen des Bundes, in den alten Runen der Zwergenheit und den Lettern Bosparans. Die letzte Seite jedoch ist freigehalten für die Namen der Herrscher: in den tausend Jahren des Neuen Reiches haben unzählige Könige ihren Namen in dem Felsen verewigt, und dennoch ist nur ein winziger Bruchteil der Tafel davon bedeckt. Die übrige Fläche glänzt dunkel, so wie die Zukunft noch unbeschrieben und dunkel vor uns liegt.

Da schien es allen, die zusahen, als ob Rohaja für einen Augenblick zögerte, gestreift vom Hauche der Ewigkeit, der in diesem Anblick lag. Dann aber hob sie den zierlichen Meißel und trieb feierlich das erste Schriftzeichen hinein.

Im Anschluß an die Zeremonie hielt die Königin Audienz im Hofe der Thalessia. Unzählbar war die Schar der Bittsteller, die ihre alten Rechte und Privilegien von der neuen Herrin bestätigt haben wollten oder anderes erflehten, und die Schreiber aus Gareth und Angbar eilten, Pergamente und Dokumente in Empfang zu nehmen und auszuhändigen. Dreihundertzweiundsiebzig Mal, so heißt es, wurde von königlicher Hand in den folgenden Tagen geschrieben:

IMPERAT ROHAJA REGINA.

Karolus Linneger