Von neuerlichem Sangesstreit, den Ritter Wolfhard unlängst focht

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Ausgabe Nummer 20 - Efferd 1021 BF

Von neuerlichem Sangesstreit, den Ritter Wolfhard unlängst focht

ANGBAR. An einem Windstage im Ingerimmsmond war’s, da kehrte der Ritter Wolfhardt von der Wiesen, wohlbekannt für seine Dichtkünste — zumal seit dem denkwürdigen Wettstreit mit Jacopo von Bleichenwang (des Schönen Grafen Hof-Trouvere), der ihm nicht weniger als den Titel eines Land-Edlen zu Toroschs Aue verdiente — ein in der Gaststube zur guten Gans zu Angbar.

Dorten wurde er an der Leier in seinem Gepäck wie an seinem rahjagefälligen Äußern alsbald erkannt, und jeglich forderte nun ein Lied von dem Edlen. Dieser ließ sich nur drei Mal bitten, dann stimmte er sein „Maid am See“ an. Der Augen der Frauen in der Schenke blieb wohl keins trocken, und als Ritter Wolfhardt sogleich die „Tannengrün-Klage“ nachfolgen ließ, schmolzen die Herzen dahin. Die Männer an den Tischen blickten wohl recht grimmig vor Neid, doch der Sänger wußte auch dagegen ein Mittel: Er erhob seine Stimme zu „Eil’ dich, Tsaja“, dem bekannten Volksliede, und alsbald trällerte und grölte alles fröhlich mit.

Nur ein fremder junger Spund in geschecktem Gewande saß schweigend in einer Ecke und schnitt Grimassen. „Was ist dir, Söhnchen, daß der Gesang des wohlgeborenen Herrn dich nicht aufmuntern kann?“ fragte ihn da die Wirtin.

„Eben der nämliche Gesang ist es“, gab der zur Antwort. „Nur weil der Herr ein Ritter ist, jubelt ihm alle Welt zu. Wär ich an seiner Stell’, ich wollt’ mir noch viel größeres Lob verdienen!“

Da lachte der Herr Wolfhardt bester Laune und sprach: „Wenn du also auch zum Dichter taugst, so laß uns ein Werk von dir hören!“

„Ach nein, Ihr werdet es für schlecht halten, und die andern mit Euch, nur weil Ihr ein Ritter seid.“

„Potzblitz!“ fuhr der Ritter auf. „Meine Kunst verdanke ich Rahjen und Hesinden, nicht etwa der Rondra, und wenn einer zum Dichter taugt, so soll‘s der Stand nicht verwehren! Sei ich ein Ritter oder nicht, ich will dein Gedicht hören!“

„Nun gut, hoher Herr, so will ich es sprechen. Doch ihr alle hier habt es gehört, daß der Herr Ritter mich nicht abkanzeln wird, nur weil er ein Ritter ist!“

Damit erhob sich der junge Fremde, holte Luft und deklamierte: „Es gab einen Ritter vom Kosch / Der gerne auf Leute eindrosch. / Doch verlassen von Phex / Attackiert‘ er ne Hex‘ /Seither ist der Ritter ein Frosch!“

Kaum hatte der Fremde aber geendet, da schoß Herrn Wolfhardt die Zornesröte ins Gesicht, und er schrie: „Was unterstehst du dich, die Ritter des Kosch zu veralbern, Bursche! Dir soll man den Hintern versohlen …“

„Ach, braves Volk“, seufzte da der Fremde, „hab ich es nicht geahnt, daß der hohe Herr mir ans Leder will, nur weil er ein Ritter ist?“ Die Umstehenden aber glucksten verstohlen hinter hochgehaltenen Händen, und die Herzen der Damen, die eben noch dem Ritter zuflogen, neigten sich nun dem schlauen Schelm zu.

Die Wirtin aber erinnerte Herrn Wolfhardt an sein Wort und an Travias Gebot und wollte es nicht dulden, daß dem Fremden ein Haar gekrümmt werde. So verließ Wolfhardt im Zorne die Gaststube und diesen neuerlichen Sangesstreit als Verlierer.