Im Zeichen der Rose

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Ausgabe Nummer 46 - Rondra 1031 BF

Von edelsten Geschlechtern: Im Zeichen der Rose

Vom Schicksals der Leibzofe Prinzessin Nadyanas oder Wie die Liebe jene Wunden heilt, die ein Thronräuber schlug

Von einem Rosenritt...

Kriege und Kämpfe fordern allerorten im Heiligen Raulschen Reich viel vergossenes Blut und zahlreiche Tote und Verwundete. Doch ehrenhaft stehen die Adligen des koscher Königreiches und des nordmärkischen Herzogtumes einander bei.

Schon auf dem Konvent des nordmärkischen und koscher Adels im Phexmond des Jahres 1029 nach dem Fall des hunderttürmigen Bosparans trafen der Baron Graphiel von Metenar aus dem Kosch und der Baron Riobhan von Galebquell — damals noch Junker von Hainen — aus dem Nordmärkischen aufeinander. Sie waren verbunden durch eine schmachvolle Geschichte, denn des Metenarers Knappin Anglinde von Treublatt war die Geliebte des schändlichen Lechdan von Gareth, jenes Sposses Kaiser Bardos, der vor wenigen Jahren einige Kaiserlichen Insignien gestohlen und daraufhin versucht hatte, selbst Kaiser zu werden. Jener Lechdan hatte auch des Barons Vater verführt, in den Krieg und den Tod geschickt und in seinem Thronstreit weite Teile der Baronie verwüstet.

Obgleich Hochgeboren Graphiel von Metenar von der Liebschaft seiner Knappin zu jenem Schurken nichts ahnte, sah er sich in der Pflicht, ihren Teil der Schuld zu sühnen, und entsandte Handwerker und Leibeigene in die Baronie Galebquell, um die dortigen Wunden zu heilen. Als seine Botschafterin führte des Metenarers jüngste Halbschwester Jileia von Blauendorn den Trupp durch die Schwertschlucht und über den Quellpass. Die edle Dame wiederum wurde von seiner Hochgeboren Riobhan von Galebquell und seinem Sohn Roklan von Leihenhof artig bewirtet und willkommen geheißen. Sie blieb nur wenige Tage, denn es zog sie zurück in den Kosch, wo sie als Leibzofe der Erbprinzessin Nadyana am Fürstenhofe diente… doch offenbar lange genug, um die Flamme Rahjas zu entzünden.

Nicht lang darauf brach seinerseits von Galebquell ein Reisezug auf. Roklan Boromar von Leihenhof, Ritter zu Elenvina und Erbe der Baronie ritt auf seinem Pferd über den Halvartsstieg und den Greifenpass in das Königreich Kosch. Begleitet wurde er von einem kleinen Gefolge in zwei Kutschen (weswegen er nicht die direkte Strecke über Quellenpass und Schwertschlucht zu nehmen vermochte), unter anderem von Perainhild von Leihenhof, seiner jüngsten Schwester. Sein Weg führe ihn durch die Heimat des genannten Barons Graphiel und der Dame Jileia und schließlich weiter über den Rittersteig gen Fürstenhort.

Dort bat der Baronet aus den Nordmarken um eine Audienz beim Fürsten. Man führte den jungen Ritter hinauf zum Thronsaal des guten Fürsten Blasius. Nun endlich, in Gegenwart Seiner Durchlaucht, offenbarte sich das Ziel dieser Reise. Ritter Roklan reiste in travia- und rahjagefälliger Minne, denn er warb um die Hand der holden Baronesse von Metenar, Jileia Blauendorn von Metenar. Wie berichtet, diente jedoch die Dame Jileia seit Jahren als treue Leibzofe der fürstlichen Schwiegertochter und so legte sich die Stirn seiner Durchlaucht in Falten und er wollte vom minnefahrenden Ritter wissen, ob er ahne, welch bitteren Verlust er mit diesem Werben seiner treuen Schwiegertochter Nadyana zufüge?

Roklan von Leihenhof zeigte sich trotz der unerwartet harschen Worte seiner Durchlaucht tapfer und sprach mit hitzigem Herzen, dass auch ihm die Dame Jileia ans Herz gewachsen sei und ihm noch wachsen würde bis zu ihrem Tod. Da lachte der Fürst laut und ergreifend, wie man ihn kannte, und lobte den jungen Ritter für seinen Mut und sein reines Herz. Es war eine sichtliche Freude für den Fürsten, dass es auch in den Landen hinter dem Kosch noch tugendhafte Ritter im Geiste Baduars gab, welche die alte Sitte des Rosenrittes pflegten.

Als der Ritter seine Minnefahrt vollendete und mit einer Rose aus metenarschem Garten um die Hand der Dame anhielt, wollte freilich auch Ihre Liebden Nadyana von Wengenholm dem zartem Glücke nicht im Wege stehen und gab ihre Freundin und Leibzofe voller Rührung in die Hände des jungen Ritters, der ehrlich und ernsthaft gelobte, seine Braut zu schützen und zu ehren.

Ihre Liebden nahm auch das Angebot des Ritters Roklan an, ihr seine Schwester an der Dame Jileias Statt als Hofdame anzubieten. Perainhild von Leihenhof, viertes Kind des Barons Riobhan von Galebquell, erbot sich somit, der künftigen Fürstin vom Kosch als Leibzofe aufzuwarten.

... und einer Hochzeit

Während also Perainhild von Leihenhof auf Burg Fürstenhort verblieb, reiste Ritter Roklan mit seiner Braut Jileia von Metenar zurück nach Galebquell, wo am 12. Travia 1030 BF die Galebburg im Festgewande erstrahlte. Viele hochgeborene und wohlgeborene Freunde und Verwandte der beiden Häuser Leihenhof und Blauendorn verfolgten die Zeremonie auf dem Findlingsfeld, an jenen Basaltklotz, welcher seit jeher als Krönungsort der Barone vom Galebquell gilt. Hier, auf diesem altehrwürdigen Platze, an dem schon zahlreiche Ehrungen vorgenommen wurden, weihten drei Geweihte den Bund: Isegrimm Hölderlin, ein Geweihter der Travia aus Schwertleihe, Hüterin der Saat Dûrfrida Beringer aus Galebquell und die Rhôndurer Meisterin der Esse Walbura aus Frams Sippe. Ein freudiges Fest sollte es werden, denn Riobhan von Leihenhof hatte die Kassen geöffnet und den Gästen gar vortreffliche Speisen kredenzt. So konnte jeder mit einem gefüllten Magen dem Brautpaar seine Glückwünsche aussprechen.

Ein Zeichen der Sühne

Als Mitgift hatte sich Baron Graphiel von Metenar eine besondere Gabe einfallen lassen: So ließ er in Galebquell mit praiosgefälligem Golde einige Höfe aus- und umbauen und einen Wehrhof anlegen. Diese neue Siedlung sollte nach seiner demütigen Bitte den Namen Knapptreuen tragen und als eigenes Edlengut seiner Schwester Jileia zum Traviabunde verliehen werden. Baron Riobhan von Galebquell ließ daraufhin Anweisung für den Bau eines Rondraschreines in diesem neuen Dorfe geben, der alle Zeit die Knappen an die rondrianische Treue und Verbundenheit zu ihren Knappeneltern erinnern sollte. Denn es war Graphiels eigene Knappin Anglinde von Treublatt, welche ihren Knappenvater verraten hatte. Und an diesen Verrat erinnernd, sollte Knapptreuen ein ewiges Mahnmal für alle Knappen sein.

Ein schändlicher Überfall und eine Ehrung

Doch Wehe, noch während der Feier brachte ein erschöpfter Bauer bittere Kunde aus jenem Ort: „Mei hoher Herr, in Knapptreue, da war’n Räuber! Sie hab’n uns und die Handwercher überfalle und den Schrein g’schändet! Wir hab’n nix tue könne, sie ware so schnell.“ Voller Ingrimm rief Baron Riobhan zum Zuge und einige der anwesenden Barone und Edlen boten ihre Hilfe an. Die Landleute in Knapptreuen waren verängstigt, ein Hof niedergebrannt, doch schlimmer wog die Schändung des noch unfertigen Rondraschreines, auf welchem in blutroten Lettern „Rache für Lechdan! Lechdan wird siegen!“ geschmiert worden war. Waren Anhänger des Lechdan von Gareth zurückgekehrt?

Sofort folgten die hochedlen Herren den Spuren und Hinweisen. Gen Süden zog es sie nun und erst in Grasbühl machten sie halt. Dorthin hatte sich eine Reisegruppe, entsandt vom Fürsten des Kosch, zurückgezogen. Man hatte sie in einen Hinterhalt gelockt, einige von ihnen verletzt und gemeuchelt und letztlich gar das Geschenk des Fürstenhauses Eberstamm geraubt: Eine Statue für den Rondraschrein in Knapptreuen war es. Unter der Führung des Bräutigams Roklan von Leihenhof machten sich nun die Adligen auf, die Spuren noch leidenschaftlicher zu verfolgen, bis man schließlich die Rechtlosen in einer verborgenen Höhle fand. Sie waren gerade dabei aufzubrechen, als die Adligen und die Waffenknechte sie überraschten und in die Kaverne trieben.

Doch welch Ärgernis, denn dieser Hügel im Wald war von Löchern und Gängen durchgezogen wie ein Wengenholmer Käse und durch eines dieser Schlupflöcher entkamen die Bastarde. Groß war der Zorn, doch immerhin hatten die Recken die Beute sichergestellt.

Mit gemischten Gefühlen kehrten nun die Adligen zurück nach Galebbogen. Baron Riobhan, welcher schon vordem die Galebburg erreicht hatte, ließ sofort Speisen und Getränke anrichten. Und während dieses Festmahles verkündete das Brautpaar Jileia und Roklan von Leihenhof, dass die wackeren Helden von Knapptreuen für ihren Rondramut geehrt werden sollten. Sie stifteten eine bronzene Platte, welche am Schrein der Rondra von Knapptreuen angebracht werden soll. Diese Platte sollte die Namen all derer nennen, die sich bereitwillig und selbstlos für das junge Brautpaar und für das kleine Dorf Knapptreuen eingesetzt hatten, und noch in vielen Jahren von jener hehren Tat erzählen… so wie es auch diese Worte der geneigten Leserschaft des Kuriers verkündeten.

Nirulf Mehlinger