Aus Väterzeiten ans Licht gelangt

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Ausgabe Nummer 26 - Efferd 1023 BF

Aus Väterzeiten ans Licht gelangt

Bedeutender Fund im Hesindetempel zu Salmingen

SALMINGEN/DUNKELFORST. Zu einem erstaunlichen Fund kam es in der Hesindehalle von Salmingen (der einzigen im koscher Lande), und es scheint fast, daß hier der himmlische Fuchs ebenso seine Hände im Spiel hatte wie seine weise Schwester.

Dem Novizen Erlbert Grabenhub ward (weil er während des Morgengebets eingenickt war und durch Schnarchen die Andacht gestört hatte) zur Strafe auferlegt worden, die umfangreiche Bibliotheca des Tempels zu reinigen, auf daß nicht aus Satinavs Beutel der Staub auf die kostbaren Folianten falle. Demütig, wie sich’s in solcher Lage geziemet, hatte sich der Bursche ans Werk gemacht und wohl schon so manches Stundenmaß lang den Wedel geschwungen, Buch um Buch aus den Regalen gezogen und ein waches Auge darauf geworfen, ob sich ja nicht der Wurm gütlich tue an dem Leder und Pergament.

So hatte er die Borde mit den göttlichen Werken, jene über Kunst und Völkerkunde und auch die über das Wesen der Magie hinter sich gelassen und wandte sich nun den botanischen Traktaten zu, deren meiste Abschriften aus der Sammlung des klugen Markgrafen Throndwig zu Warunk stammen. So nahm er den ersten Band des Almanachs „Von den 546 Arten der Orchidee in den mittäglichen Landen, und was darüber zu wissen ist“ hervor. Als er aber den zweiten ergreifen wollte, bemerkte er, daß dieser in ganz anderes Leder gebunden war als die übrigen.

Er öffnete ihn mit jugendlicher Neugier, was ja eine durchaus hesindegefällige Tugend ist. Und da staunte er nicht schlecht, denn es leuchtete zwar auf dem Pergamente von bunten Farben und Konturen; doch nicht zeigte es etwa die Blütenblätter einer Orchidee, sondern vielmehr einen wackeren Ritter hoch zu Roß, mit Lanze, Schild und Schwert.

Und darunter stand geschrieben der Name des hl. Baduar. Was mochte das bedeuten? Er schlug die erste Pagina auf und fand dort die Titelworte: DE REBUS A BADUARO PRINCIPE GESTIS — was im Bosparano nichts anderes als „Von den Taten des Fürsten Baduar“ heißt. Und darunter reihten sich, Zeile um Zeile, etliche Mären und Sagen über den ersten Eberstammer.

In größter Freude, das Buch unterm Arme, meldete der kecke Erlbert den Fund dem Bruder Bibliothecarius. Asbald stand fest, daß es sich um eine Abschrift der verschollen geglaubten Vita Baduars handelte, die einst unter seiner Tochter Garethia von deren Hofkaplan Vinan Scriptorius verfaßt worden. Wie es kam, daß das Werk in eine Reihe botanischer Bücher geriet, die offensichtlich sehr lange nicht mehr konsultiert worden, kann sich keiner mehr erklären.

Auf jeden Fall heißt es, auch unser guter Fürst sei entzückt von dem Fund gewesen. Allein, seine Hoffnung, sich dieses Werk schon bald vorlesen zu lassen, erfüllte sich nicht. Denn der Text ist auf Bosparano geschrieben, und an etlichen Stellen sind die Schriftzeichen auch unleserlich geworden. Darum hat nun Meister Siopan von Salmingen de den Geweihten Halmdahl von der Wiesen und dessen Bruder, den edlen Dichter, mit der Abschrift und Übertragung des Werkes in gut Koscher beauftragt.

Karolus Linneger