Zuviel der Gäste aus dem Hinterkosch

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Ausgabe Nummer 27 - Travia 1023 BF

Zuviel der Gäste aus dem Hinterkosch

Nordmärker wollten Großzügigkeit des Grafen ausnützen

THÛRSTEIN, BARONIE DRIFT/GFT. FERDOK. Trutzig wacht die Feste Thûrstein ob dem Großen Flusse — und doch nutzlos, was Vorfälle auf albenhuser Gebiet angeht, wie sich jüngst mit dem dreisten Überfall auf die Schifferin Talina Dreifeld bewiesen hatte. Darum war’s um so dringlicher, die Abmachung nun endlich zu erfüllen, die man auf dem Gratenfelser Landtag gütlich getroffen hatte: eine Abteilung Albenhuser oder der herzöglichnordmärker Flußgarde auf dem Thûrstein einzuquartieren, auf daß man vereint beide Seiten des Stromes bewachen und schützen könne.

Doch wie schon in den vergangenen Monden scheint die Gräfin mehr auf Zank denn auf Schlichtung aus zu sein. Als ein Hornstoß das Nahen der Albenhuser durch den Frühnebel ankündigte und die Torwachen an die Luken traten, da war’s nicht die vereinbarte Lanze, sondern ein Halbbanner, wenngleich auch ein recht zusammengewürfelter Haufen, wie der Thûrsteiner Weibel Hollerich Gumpenbrödt auf den ersten Blick erkannte.

Die Anführerin des Trupps war die Edle Rondriella von Albenhus, die Schwester der Vögtin Gelda und wie diese Bastardtochter des alten Grafen Hardenfels. In recht kecker Pose forderte sie Einlaß und wies auch ein gesiegeltes Schreiben vor. Der wackere Weibel Gumpenbrödt ließ sie zunächst in den Unterhof einrücken und dort warten, während er seiner Befehlshaberin, der Burghauptfrau Ebergunde von Rabenfeld-Trade Meldung machte.

Diese wollte das Verhalten der Albenhuser nicht so einfach hinnehmen, hatte aber andererseits strikte Anweisung, keine weiteren Zwistigkeiten aufkommen zu lassen. Nach einer Stunde gründlichen Überlegens — in welcher es begonnen hatte, heftig zu regnen — schickte sie den Weibel mitsamt dem Quartiermeister in die Unterburg, wo die Albenhuser noch immer warteten.

Diese folgten mürrisch und schimpfend wie die Gratenfelser Marktweiber in die Unterkünfte, welche man schon seit Wochen für sie bereit hielt. Für eine Lanze, nicht ein Halbbanner freilich, und so fanden die Hinterkoscher abermals Grund sich zu beschweren.

Doch da sie keine Lust hatten, durch Efferds Gruß nach Hause zu marschieren, mußten sie sich zumindest für die erste Nacht mit ihrer Lage abfinden. Die Edle von Albenhus wollte sogleich die Burghauptfrau sprechen, was ihr freilich auch gewährt wurde, jedoch nichts an der Lage änderte. Als Zeichen ihres guten Willens ließ aber Frau Ebergunde frisches Stroh in das märkische Quartier schütten und einen Stoß Roßdecken bringen, damit keiner sagen könne, man habe den Nachbarn verweigert, was Travia gebietet.

Am andern Tag freilich zog die eine Hälfte des Trupps wieder ab, an ihrer Spitze die Edle von Albenhus, sichtlich schwankend auf dem Rücken ihres Falben – hatte sie doch am Abend ein paar Krüge des angebotenen Ferdokers zuviel geleert. Die verbliebenen Albenhuser werden nun von dem erfahrenen Gerbald Hunschnick geführt, der bereits am dritten Tage seine Leute davon abhalten mußte, einen Roßknecht der Thûrstein zu verprügeln. Allerdings muß man erwähnen, daß dieser von der Mauer der Oberburg Scherzworte herabgerufen hatte, weil die Hinterkoscher nur in der Unterburg der gräflichen Feste wohnen dürfen.

Karolus Linneger