Neuer Schwung im Sumpf - Zwergenschläue

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Das Fürstenschloss Thalessia, 22. Ingerimm 1042

Die nächsten Ratgeber, die beim Fürsten vorsprachen, hätten unpassender nicht gekleidet sein können für einen formellen Anlass in einem Schloss: Die zwei Ambosszwerge kamen mit staubigem Mantel und speckigem Hut, das Leinenhemd mit Schlammspritzern versehen, die Zwergenschuhe deutliche Fußabdrücke hinterlassend. Dennoch brannte Anshold vom Eberstamm darauf, ihnen zuzuhören, versprach ihr Äußeres doch Abenteuer und Mut!

Die zwei stellten sich als Bengram Sohn des Borgrim sowie Xandresch Sohn des Xologrim vor – zwei Mitglieder der Wettertrutz-Sippe aus der Mark Ferdok und ihres Zeichens Prospektoren. "Wir haben in den vergangenen Jahren die Baronie Moorbrück intensiv bereist", eröffnete Bengram das Gespräch nach den formellen Begrüßungen. "Dort liegt so einiges im argen, aber es bietet sich auch manche Möglichkeit." Anshold zog überrascht die Augenbrauen hoch. Xandresch führte weiter aus, was sein Verwandter nur angedeutet hatte. "Die meisten bisherigen Bemühungen wurden getrieben, um nach menschlichem Zeitverständnis Ergebnisse zu sehen. Doch sind die Wunden, die Sumus Leib angetan wurden, sehr tief. Wir sind daher überzeugt, dass der Weg zum Erfolg viel längerfristiger beschritten werden muss. Bis der Sumpf vollends verschwunden ist, können selbst im besten Fall gut und gerne über einhundert Jahre vergehen! Und das setzt ein beharrliches, unermüdsames Vorgehen voraus." Der Fürst konnte seine Enttäuschung bei diesen Worten nicht verbergen. "Doch seid gewiss, dass man es Euch nie vergessen wird!", hob daher Bengram erneut zu sprechen an. "So gut in Erinnerung wie Fürst Vitus der Zwergenfreund werdet Ihr unter den Angroschim sein, denn nur wenige Menschen erweisen sich als so weitsichtig, ein Vorhaben über die Spanne ihres Lebens hinaus zu planen." "Was schlagt Ihr also vor?", fragte Anshold, erneut neugierig geworden. "In Moorbrück gibt es einige Flecken guten Landes, aber abseits der Siedlungen ist alles unsicher. Das muss nicht so bleiben! Lasst in einem ersten Schritt die Wege durch den Sumpf kartographieren und erkunden. Auf die Weise ist bald bekannt, wo man sich bewegen kann, ohne Gefahr zu laufen, steckenzubleiben. Haltet die Karten auf dem neuesten Stand, lasst sie jedes Frühjahr nach der Schneeschmelze überprüfen und auf Vordermann bringen. Dann entscheidet, wo sich der Einsatz von Magie, Götterwirken oder schierer Muskelkraft lohnt. Gewinnt Land zuerst dort, wo es sich am besten anbietet! Und jeder sichere Ort wird verzeichnet. Auf die Weise wird der Sumpf jeden Götterlauf ein Stückchen kleiner und weniger unbekannt. Irgendwann habt Ihr größere Teilstücke sicheren Bodens, die Ihr leicht miteinander verbinden könnt, indem Ihr die letzten dunklen Flecken befriedet. Siedelt Mensch und Zwerg an und gebt die Herrschaft an verdiente Adelige."

"Das klingt nicht schlecht!", lobte Anshold, "Wie wollt Ihr anfangen?" "Nun, wie wir bereits erwähnten, hängt alles von der regelmäßigen Erkundung des Geländes ab", erklärte Bengram. "Wir wären bereit, das zu tun – gegen Bezahlung, versteht sich, denn irgendwie müssen wir ein wenig Geld verdienen, und wenn wir uns so einer Aufgabe widmen, bleibt keine Zeit für etwas anderes. Anstatt jedoch die fürstliche Kasse allzu zu sehr zu belasten, dachten wir an folgendes: Außer einer bescheidenen Vergütung, die nicht weiter ins Zeug fällt, könnten wir, sollten wir zufällig auf irgendwelche wertvollen Funde stoßen, einen vorher abgemachten Anteil ihres Verkaufswertes als Belohnung bekommen. Auf die Weise haben wir einen Anreiz, möglichst viel der Baronie zu besuchen – und sollten wir das Glück haben, einen Schatz zu finden, dann war uns Phex offensichtlich hold, und wer würde schon den Zwölfen und ihrem Willen widersprechen?" "Ihr wollt also als Glücksritter ausziehen?" "So in etwa... wir dachten, dass es mit einer offiziellen Erlaubnis Eurer Durchlaucht mit den in Moorbrück ansässigen Siedlern keinerlei Missverständnisse über unsere Absichten geben wird!", beeilte sich Xandresch hinzuzufügen. "Das klingt ja spannend! Dann müsst Ihr mich aber besuchen, wenn Ihr etwas gefunden habt, und mir von Euren Abenteuern erzählen... schließlich seid Ihr in meinem Auftrag unterwegs und ich möchte doch sehen, was sich im Moorbrücker Sumpf so tut!" "Gewiss, gewiss!", stimmte Bengram zu. "Es würde jedes Prospektorenherz höher schlagen lassen, dem Fürsten höchststelbstpersönlich Bericht zu erstatten!" "Nun, was sagt Ihr?", fragte Xandresch. "Sind wir uns einig?" "Ich bin begeistert von Eurem Vorhaben! Um ganz in Eurem Sinne die zwergische Weitsicht zu würdigen, möchte ich nichts überstürzt beschließen, sondern mich mit dem Cantzler und weiteren Beratern abstimmen. Selbst wenn es einige Zeit dauern sollte... ein guter Plan muss reifen, so wie ein guter Wein. Da stimmt Ihr mir doch zu, oder?" "Natürlich, Eure fürstliche Durchlaucht", verbeugte sich Bengram verabschiedend, "weise wie ein Sippenältester gesprochen."

Als die beiden Prospektoren außer Hörweite waren, fragte Xandresch seinen Verwandten, während sie davonstapften: "Sag mal, kann es sein, dass der Fürst heute mit einer Portion Zwergenschläue gesegnet wurde?"