Vom Wackeln des Turnierfriedens

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Ausgabe Nummer 71 - Rahja 1044 BF

Vom Wackeln des Turnierfriedens

Drifter Streit flackert wieder auf

ANGBAR, Peraine 1044 BF. Nicht alles verlief freudig und harmonisch am Tsatagsfest unseres Fürsten. Bei der Tjoste kam es zu zwei hässlichen Ereignissen, wie uns der Söldner Ettel Bösanger berichtet, der es mit einigen Kameraden vom Großen Basteybund aus der Nähe mitverfolgte:

Das war ein Spektakel vor den Toren Angbars auf dem Brodilsgrund. Rittersvolk und Zuschauer waren von nah und fern gekommen, um die Tjoste zu sehen. Große Namen gab es da viele, aber es war etwas anderes, was mir am meisten in Erinnerung blieb.

Während der ersten Durchgänge beim Lanzenstechen kam es nämlich zu einem üblen Zwischenfall: Der Baronet Halmar von Sindelsaum, sicher ein ordentlicher Tjoster, war er doch beim 1041er Fürstenturnier ziemlich weit gekommen, traf auf die Baronin Derya von Uztrutz. Die beiden ritten scharf an; kurz bevor es zum Zusammenprall kam, lehnte sich die Uztrutzer Baronin leicht vor und der Sindelsaumer zog seine Lanze nach oben. Mitten in den Helm traf er die Uztrutzerin und diese stürzte wie ein nasser Sack aus dem Sattel. Sie blieb regungslos auf der Bahn liegen. Sogleich eilten ihr Diener und Heiler zu Hilfe. Die Baronin lebte noch, doch rührte sie sich nach wie vor nicht, als sie von der Bahn getragen wurde.

Über das bisher so freudige Turnier hatte sich eine Totenstille gelegt. Einer der beiden nächsten Tjoster, der Junker Wilbur von Nadoret, konnte nicht an sich halten: ‚Das habt Ihr absichtlich gemacht, Sindelsaum! Ihr habt den Turnierfrieden gebrochen, nur weil Ihr Rache für die Niederlage Eurer Familie an der Unwynfurt* nehmen wolltet.‘ Was die beiden Streithähne sonst noch sprachen, konnte ich leider nicht hören, aber einige Unbeteiligte mussten sie trennen.

Wie es auch anders ging, zeigte im nächsten Durchgang Junker Wilbur, als auch er gegen einen ehemaligen Fehdegegner antrat. Nach einem ritterlichen Duell musste sich Holdwin von Rohenforsten mit eins zu zwei Lanzen geschlagen geben. Die beiden Ritter trennten sich trotz ihrer Historie mit einem Handschlag.

Viele weitere Lanzengänge folgten, aber das Duell, das ich mit größter Spannung erwartete, war das Aufeinandertreffen der Streithähne vom Vormittag. Junker Wilbur von Nadoret und Halmar von Sindelsaum. Das Duell würde sicher spannend werden, denn die Baronin Derya war noch immer bewusstlos und offensichtlich schwer verletzt. Würde Wilbur hier nun Rache an dem Turnierrüpel Halmar nehmen?

Das Duell wurde mit aller Härte geritten, beiden Kontrahenten war anzumerken, dass ihnen viel daran lag, hier den Sieg zu erringen, doch entgegen meinen Hoffnungen, dass es hier wüst hergehen würde, benahmen sich beide Ritter tadellos. Zu guter Letzt musste sich Halmar geschlagen geben. Zu einem Handschlag konnten sich die beiden Streiter dann aber doch nicht durchringen.

Der Rest des Tages bot noch einige hochkarätige Duelle, und gegen Abend fand ich mich endlich in einem der Festzelte ein. Hier floss das Bier in Strömen und neben vielen Gemeinen war auch der eine oder andere Turnierstreiter anwesend, darunter der Junker Wilbur.

Es war schon spät am Abend, als ich etwas beduselt vor dem Zelt saß, um nach frischer Luft zu schnappen. Junker Wilbur kam ebenfalls aus dem Festzelt und war anscheinend auf dem Weg zurück zu seinem Nachtlager. Mit kurzem Abstand folgte ihm eine achtköpfige Gruppe finster dreinblickender Gesellen. Der Nadoreter war nur wenige Schritte in die Dunkelheit gegangen, als einer der Trunkenbolde ihm hinterrücks einen Bierhumpen über den Kopf schlug. Die anderen traten und schlugen auf den Ritter ein, bis er bewusstlos am Boden liegen blieb. ‚Rache für Unwynfurt!‘, rief einer von ihnen und ein anderer ‚Alttreues Schwein‘. Es dauerte nur wenige Augenblicke, und die Trunkenbolde ließen von ihrem Opfer ab und verschwanden im Zeltlager.

Die Wehrmeisterin ließ nach ihnen suchen, doch in der Dunkelheit hatte niemand, ich eingeschlossen, die Schurken erkennen können. Schnell kam der Verdacht auf, dass es sich um Drifter oder Sindelsaumer gehandelt haben könnte, die im Gefolge ihrer Barone angereist waren. Doch sicher konnte man sich nicht sein. Junker Wilbur jedenfalls war bis zur Besinnungslosigkeit geprügelt worden und konnte am folgenden Tag seine Bettstatt nicht verlassen.

Es kam, wie ich es mir fast gedacht hatte. Junker Wilbur war nicht turnierfähig, sondern übelst zugerichtet worden. Der Turniermarschall, Seine Gnaden Rondradan Zweiflamm, erlaubte dem Junker, einen Vertreter zu benennen. So ritt an seiner Statt sein Bruder Feron von Nadoret in die Bahn. Der schlug sich dann auch wacker und kam bis ins Viertelfinale. Dennoch ließ die ganze Geschichte einen schalen Beigeschmack bei den Zuschauern zurück. Die Baronin Derya war immer noch kaum bei Bewusstsein und es schien, als hätten die Sindelsaumer illegalerweise Rache an Junker Wilbur für dessen Sieg gegen ‚ihren Baronet Halmar‘ genommen.“

So weit der Söldner Ettel Bösanger. Die Gerüchteküche brodelte in den folgenden Tagen. Unter so manchen Turniergästen hörte man, es sei kein Wunder, dass die Übeltäter nicht gestellt wurden – ist die für den Turnierfrieden verantwortliche Wehrmeistern doch selbst eine Sindelsaumerin und war einst Gefangene der Nadorets.

Wer meinte, dass das frohe Fest zum Anlass des Geburtstags unseres lieben Fürsten nicht schlimmer hätte gestört werden können, der musste nur auf den nächsten Tag warten. Den Gipfel der Taktlosigkeit leistete sich der Baron von Drift, Brumil Wackerstock, der beim Armbrustschießen mit jener Waffe antrat, mit der er einst Balinor von Nadoret im Kampf erschoss, das jüngste Kind des Hakan von Nadoret. Den Göttern sei Dank musste der Cantzler von Nadoret dem Treiben nicht lange zusehen, denn der Drifter verfehlte das Ziel und schied rasch aus. „Bei der Hirschjagd ist sie besser“, soll der Baron seinem Waffenknecht gesagt haben, als er ihm die Armbrust übergab. Eine unmissverständliche und unverfrorene Anspielung auf das Wappen des Hauses Nadoret.

Bis zum Ende des Turniers konnten die Angreifer auf Junker Wilbur nicht ermittelt werden, doch durch zahlreiche Zeugenaussagen und wohl auch durch das Drängen der Baronin Neralda Cella von Nadoret sowie des Barons Erzbart von Drabenburg urteilte der Turniermarschall, dass das Haus Sindelsaum nicht frei von Schuld an dem Vorfall sein könne. Rondradan Zweiflamm legte Baronet Halmar von Sindelsaum zur Buße eine Pilgerreise zu den Höhlen von Donnerbach sowie eine Spende von 500 Dukaten für die Perainekirche auf.

Garubold Topfler & Stover Schaumbart

  • In der Schlacht bei Unwynfurt besiegten die Alttreuen unter Führung des Hauses Nadoret Truppen aus Sindelsaum und Drift. Insbesondere das Haus Sindelsaum musste hohe Lösegelder aufbringen, um seine Gefangenen auszulösen.