Schwarzgebrannt - Die Erfüllung der Aufgaben

◅ | Korbrandes Rettung |
|
Das Ende einer Suche | ▻ |
In Xannesruh, 15. Ingerimm 1047 BF
Es war noch früh am Morgen, als Gamsbart von seinem unruhigen Schlaf erwachte. Sein Rücken tat ihm höllisch weh und ihm war kalt. Gamsbart schlief ungern woanders als bei sich daheim im Bett, aber hier auf dem Boden im Keller einer Ruine war noch mal was anderes. Die ganze Nacht hatte er wüste Träume gehabt. Mal hatte ihn der Bold in ein Bierfass geworfen, mal war er von einem Skelett durch den Wald gejagt worden.
Gamsbart raffte sich auf und ging nach draußen, etwas frische Luft würde ihm sicher gut tun. Es begann gerade erst zu dämmern, der Bach neben dem Haus plätscherte ruhig vor sich hin. Gamsbart versuchte seinen knurrenden Magen zu ignorieren und atmete die frische Morgenluft ein. Er hielt inne. Hatte er da gerade etwas gehört? Raschelte da etwas im Gebüsch? Gamsbart schrak zusammen. Was hatte der Bold gestern Abend gemeint, als er gesagt hatte, dass es nachts nicht sicher sei? Der Baduarforst war groß, da konnte sich viel Getier rumtreiben. Gamsbart hoffte, dass es nur ein Fuchs oder ein Hase gewesen war und ging schnell wieder hinein.
Arnulf und Korbrande waren mittlerweile auch wach. Korbrande wirkte noch blasser als letzte Nacht. „Mir geht er ehrlich gesagt nicht gut. Ich habe schon seit drei Tagen nichts Richtiges mehr gegessen. Immer nur muss ich hier versuchen, etwas für diesen Kerl zu brennen.“
Gamsbart und Arnulf versprachen sich zu beeilen und brachen kurz darauf auf. Auf dem Weg zurück zum Dorf besprachen der Knappe und der Dorfwaibel, wie sie am besten die Aufgaben für den Bold erledigen sollten. Bei den ersten beiden Aufgaben kamen sie recht schnell auf eine Lösung. Nur bei der dritten diskutierten sie etwas hin und her. „Natürlich kann Baron Halmar das Haus und das Gebiet darum zur Sperrzone erklären. Ich denke, das wäre für ihn auch kein Problem. Aber vielleicht fordert der Bold etwas …“, er unterbrach sich und meinte dann „… Handfesteres.“ Gamsbart dachte weiter angestrengt nach, doch ihm schien nichts einzufallen. „Wie beschützt ihr denn euer Heim in den Bergen?“, erkundigte sich der Dorfwaibel bei dem Wengenholmer. Arnulf grinste unbedarft und tippte nur auf den Kopf seiner Axt. Dann meinte er: „Geht auch super mit ner Armbrust. Oder du hast nen großen Hund, mit dem du …“ Doch weiter kam er nicht, denn Gamsbart war stehen geblieben und sah ihn überrascht an. Fragend blickte Arnulf ihn an. „Habe ich was Dummes gesagt?“ Gamsbart schüttelte begeistert den Kopf. „Nein, überhaupt nicht, mein großer Freund. Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Ein Wachhund könnte den Bold vielleicht auch überzeugen. Außerdem hätte er dann Gesellschaft, denn wer hat schon etwas gegen einen treuen tierischen Gefährten?“
Einige Stunden später waren sie in Hügelsaum angekommen. Sie teilten sich auf. Arnulf sollte ein Maultier besorgen und dann zur Hundezucht von Thalian Has in Hügelsaum gehen. Nachdem er ein Maultier aufgetrieben hatte, stapfte er zum markanten Thurm Has. Die Hunde zu finden war für ihn kein Problem, denn auf dem Hof vor dem Bauwerk tobten bereits einige umher, immer von einem Mann und einer großen Hündin wachsam im Auge gehalten. Als Arnulf das Gut betrat, spitzen die jungen Hunde sofort die Ohren und eilten dann alle neugierig zu dem Gast. Als sie ihn umringten und von allen Seiten beschnupperten, rief Arnulf lachend aus: „Gnade, ich ergebe mich ja.“ Der anwesende Mann trat zu ihm und stellte sich als Foldan aus Sindelsaum vor. Arnulf grüßte höflich zurück und bat darum, mit dem Besitzer der Hunde sprechen zu dürfen. Foldan eilte in Richtung des Turmes und kam kurz darauf mit seinem Herrn zurück. Thalian Has betrachtete den jungen Knappen interessiert und als er sich vorstellte, kniff der Ritter kurz die Augen zusammen. Irgendetwas sagte ihm der Name „von Hartsteig“, aber er kam gerade nicht darauf, was es denn sein konnte. Dann erklärte ihm Arnulf sein Problem. Thalians Augenbrauen schoben sich immer mehr nach oben, je mehr er hörte, doch als der Knappe geendet hatte, meinte er: „Diese Geschichte ist schon zu verrückt, um erfunden zu sein. Aber wenn es darum geht, einer Frau in Nöten zu helfen, so gebietet es mein Stand als götterfürchtiger Ritter, dass ich Euch helfe. Daher sucht Euch einen der Hunde aus. Nehmt am besten einen der Größeren, denn die sind bereit schon etwas trainiert.“ Arnulfs Wahl war schnell getroffen und er streichelte den Hund, der anders als seine Brüder von dunklerer Fellfarbe war. „Das ist Korbi“, meinte Foldan, „er war schon immer ein kleiner Außenseiter. Aber er ist wachsam und klug. Außerdem, wenn er einen mag, dann weicht er ihm nicht mehr von der Seite.“ Arnulf nickte, denn das hörte sich passend für ihn an. „Dann werde ich Korbi mitnehmen. Falls er nicht passt, dann bringe ich ihn übermorgen zurück.“ Foldan redete etwas auf Korbi ein und es schien fast so, als würde der Hund andächtig seinen Worten lauschen. Thalian legte Arnulf die Hand auf die Schulter. „Wegen der Bezahlung, Knappe Arnulf, ich hoffe, Ihr habt gutes Silber dabei?“ Peinlich berührt schüttelte der Knappe seinen Kopf, meinte aber: „Leider nicht. Jedoch handle ich im Auftrag des Barons. Daher alle Rechnungen an ihn.“ Thalian stutze, doch dann legte sich ein listiger Zug um seinen Mund. „Aha, der junge Sindelsaum zahlt also. Gut zu wissen. Na dann werde ich die saftige Rechnung an ihn schicken.“
Während Arnulf sich um Hund und Maultier kümmerte, sollte Gamsbart den Rest holen. Gamsbart hatte es eilig und so versuchte er seine Wege so kurz wie möglich zu halten, so war sein erster Halt die Bäckerei der Mechtessa Grünspan. Nachdem er gleich zwei Semmeln in sich reingestopft hatte, kaufte er noch zwölf als Versorgung für den Rest des Tages sowie fünf Stücke der Kirschtorte. Die würde dem Bold sicher schmecken. Sein nächster Halt war die Brauerei Sirbensack. Er fand den Braumeister Brauwin Has beim Abfüllen seines Hügelbräus.
„Grüß dich, Gamsbart, ist alles in Ordnung, du wirkst ganz zerknittert“, begrüßte ihn der Braumeister.
„Jaja, alles gut, muss gerade was Wichtiges erledigen, sag mal kannst du auch Schnaps brennen?“
Falls Brauwin ob der abrupten Anrede irritiert war, so ließ er es sich kaum anmerken. „Ja schon.“
Kurz darauf hatte Gamsbart Brauwin überredet, in der „dringenden Sache“ mitzukommen, und hatte auch noch drei Besen und einen Sack aufgetrieben. Am Dorfrand wartete Arnulf bereits auf sie.
Die drei machten sich gerade auf den Weg, als sie ein Ruf innehalten ließ.
„Oy Gamsbart!“, es war der Waffenknecht Runkel, der da rief, er war gerade in Sicht geritten, war aber noch eine gewisse Distanz weit weg. „Alles in Ordnung? Wir haben uns schon Sorgen gemacht, deine Frau ist nicht gerade begeistert.“ Gamsbart winkte mit den drei Besen. „Alles gut. Müssen was Wichtiges erledigen, wir sind bis heute Abend wieder da. Müsst euch keine Sorgen machen“, rief der Dorfwaibel und marschierte Richtung Wald.
Runkel blickte ihnen kopfschüttelnd nach. Gamsbart wurde immer wunderlicher. Der Dorfwaibel marschierte der kleinen Truppe mit drei Besen über der Schulter voran, danach kam Brauwin, der scheinbar ein paar Stücke Torte in den Wald hineintrug, den Abschluss bildete der Knappe Arnulf, der die Zügel für ein Maultier in einer Hand hielt und einen Brotkorb voller Semmeln in der anderen Hand trug. Daneben sprang ein Hund einher.