Ein Besuch in Hartsteig - Eine harte Übungsstunde

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Ron 1047 BF
Eine harte Übungsstunde
Rückreise


Kapitel 5

Autor: Rigolosch

Arnulf von Hartsteig war richtig aufgeregt. Gestern hatte er seinen neuen Knappenvater Barthalm von Rohenforsten zum ersten Mal getroffen. Das, was der junge Knappe gesehen hatte, gefiel ihm gut. Barthalm war trotz seines Alters noch immer ein kräftiger Mann und offensichtlich schien er auch schon mehrere größere Schlachten mitgemacht zu haben. Von einem solchen Veteranen der Kampfkunst konnte er sicherlich noch einiges lernen. Umso mehr war er enttäuscht, als er am nächsten Morgen erkannte, dass Barthalm eine hölzerne Übungspuppe aufstellte. Arnulf hatte in seiner Ausbildung lange Zeit mit einer ähnlichen Puppe trainiert und er war der Hoffnung aufgesessen, dass er diese Art von Übung bereits hinter sich gelassen hätte.

„Also Bursche,“ begann Barthalm ernst, nachdem er die Puppe aufgestellt hatte, „mein früherer Lehensherr, der Altbaron, hat gemeint, du hättest Talent als Kämpfer. Ich schätze seine Meinung, aber ich habe in meiner Zeit als Ritter genug Kerle mit „Talent“ getroffen, die nach ihrer ersten Schlacht auf Golgaris Rücken über das Nirgendmeer geflogen sind. Das würde ich gerne bei dir vermeiden wollen und daher werde ich dir nun beibringen, was ich kann und weiß. Dafür hast du aber einige Dinge zu erfüllen. Erstens, du tust, was ich dir sage. Zweitens will ich dich bei den Übungen so wenig wie möglich reden hören. Drittens will ich auch nicht viel reden müssen, darum pass gleich gut auf. Und viertens, wenn du glaubst, du musst dich hier nicht anstrengen, dann schicke ich dich morgen wieder in deine Berge zurück, verstanden?“

Arnulf nickte und Barthalm brummte zufrieden. Dann kamen zwei Knechte zu den beiden, wobei der eine einen abgenutzten Helm und ein engmaschiges Kettenhemd schleppte. Der andere Mann transportierte einen Plattenpanzer und eine stumpfe Streitaxt, die in etwa so groß war wie die Waffe, die Arnulf sonst immer mit sich führte. Verwundert sah der junge Knappe zu seinem neuen Herrn, doch Barthalm meinte nur: „Einen Gambeson trägst du ja schon. Das Kettenhemd und der Plattenpanzer sind von mir. Wir haben in etwa die gleiche Statur, daher sollte er dir passen. Zieh beides an.“ Der Knappe war sich immer noch nicht ganz sicher, was dies zu bedeuten hatte, aber tat wie befohlen. Nachdem er alle drei Schichten trug, setzte ihm der Knecht noch den Helm auf und schloss für ihn das Visier. Abschließend reichte er ihm die Übungswaffe. Barthalm führte weiter aus: „Ich will nun einmal sehen, wie du dich mit einer richtigen Ausrüstung bewegst, Junge. Zeig mir 100 Schläge auf den Holzkopf der Puppe. Setze dabei gerne jede Technik ein, die du kennst, los.“ Also begann Arnulf die Übung und teilte ordentlich gegen die Puppe aus. Der alte Ritter saß derweil in seiner Nähe und beobachtete ihn genau. Nachdem Arnulf die 100 Schläge geleistet hatte, meinte der Barthalm: „In Ordnung, Pause. Dein Stil ist etwas primitiv und brachial, aber damit kann ich arbeiten.“

Nun trat wieder einer der Knechte zu Arnulf und reichte ihm einen Schlauch mit Dünnbier zu Erfrischung. Dankbar trank der verschwitzte Knappe und erkannte nun, wie Barthalm sich ebenfalls eine langstielige Übungsaxt reichen ließ. Der Ritter trat zu ihm und jetzt trug er ebenfalls einen Helm, aber sonst nicht mehr als seinen Gambeson als Rüstung. „So, Bursche, dann schauen wir mal, wie du dich in einem normalen Zweikampf schlägst. Wir kämpfen Mann gegen Mann. Wer einen Treffer kassiert, geht aufs rechte Knie und zeigt dies an. Damit ist der Kampf erst mal unterbrochen und wir nehmen dann wieder getrennt Aufstellung, bevor es weitergeht, verstanden?“ Arnulf nickte und nahm noch einmal einen großen Schluck. „Ich zähle dabei an. Und du siehst ja, dass ich nur noch ein Auge habe, also bitte keine Angriffe über meine eingeschränkte Seite.“ „Verstan…“ wollte Arnulf antworten, doch da bekam er Barthalms Handkante auf den Helm gehauen. „Aua, wofür war denn das?“ Der Ritter knurrte. „Deine Gönnerhaftigkeit kannst du dir in die Haare schmieren. Das hier ist ein Kampf und wenn dir eine Schwäche an deinem Gegner auffällt, dann nutze sie auch aus. Wir sind hier nicht in Travias Herdstube, sondern auf dem Schlachtfeld. Wer in einen Kampf zieht, der muss auch damit rechnen, dass seine Schwächen von seinem Gegenüber ausgenutzt werden. Also greif mich mit allem an, was du hast, Grünschnabel, damit werde ich schon fertig!“

Ritter und Knappe nahmen nun Aufstellung. Jeder von ihnen hatte beide Hände am Griff der Waffen, eine oben, eine unten, die Axtköpfe jeweils auf Höhe ihrer Köpfe und kurz darauf ging es dann los. Stiel prallte gegen Stiel, Waffe gegen Waffe. Die schnelle Abfolge von Schlägen und das Herumwirbeln der Waffen sorgte rasch dafür, dass sich einige Zuschauer zu ihrem Kampf einfanden. Beeindruckt erblickten diese nun, wie sich ihr Herr Barthalm einen guten Kampf mit dem jungen Arnulf lieferte. Wuchtige Hiebe, das rasche Klappern von hölzernen Stielen und das zischende Geräusch, wenn ein Schlag knapp daneben durch die Luft ging, dröhnten über den Kampfplatz. Das Duell war manchmal nur ein gegenseitiges Abtasten, ein paar vorsichtige Schritte und dann wieder ein Hacken und Schlagen, wie es wuchtiger und kraftvoller nicht sein konnte.

Schließlich, es war kurz vor der Praiosstunde, gab Barthalm das Zeichen zum Aufhören. „So Junge, ich zähle Acht zu Sechs für mich, oder?“, meinte er mit leichtem Stolz in der Stimme. Arnulf öffnete sein Visier und keuchte. „In der Tat, Herr.“ Der Ritter legte die Axt zu Boden und meinte: „Du hast dich für einen Grünschnabel gar nicht schlecht geschlagen. Dein Kampfstil ist zwar noch so stürmisch wie ein junger Keiler in der Brunft, aber das verbessern wir schon. Jetzt gehen wir erst mal was essen und nachmittags machen wir dann weiter.“ Arnulf nahm den Helm ab und lächelte unsicher, denn ihm war nicht so ganz klar, ob das jetzt ein Lob oder eine versteckte Beleidigung gewesen war. Barthalm hatte es allerdings als Lob gemeint und der alte Ritter musste innerlich grinsen. Da hatte ihm sein alter Lehensherr doch nicht zu viel versprochen. Der Altbaron hatte noch immer ein gutes Auge für Menschen. Die nächste Zeit würde sicherlich interessanter werden in dem sonst so ruhigen Gut Wurzelschlag.