Neues aus Hohentrutz - Ein Abendgespräch

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Siedlung Hohentrutz in Moorbrück, Abends, 1033

Als sich der Abend über den Sumpf senkte, hatte Danja zu ihrer gewohnten Ruhe zurück gefunden.
In einiger Entfernung konnte man ein Rudel Sumpfrantzen ausmachen, die sich über den Kadaver der Riesenkrabbe herzumachen versuchten, sich an dem dicken Panzer aber nur die Zähne ramponierten. Ihr wütendes und oft schmerzerfülltes Gekreisch drang bis nach Hohentrutz, für Roban Grund genug, mit dem Bogen auf der Lauer zu liegen.
Sollte eins von den Viechern auf die Idee kommen, statt der toten Krabbe einen Hohentrutzer verspeisen zu wollen, würde er ihr eine wohlgezielte Begrüssung schicken.
Er blickte auf, als sich die Maga neben ihm im Gras niederließ.
"Affenwache?" fragte sie und nickte in Richtung der Ranzen, die offenbar jetzt aufgaben, einen kurzen, aber heftigen Rangkampf ausfochten und dann abzogen, einen respektvollen Bogen um die Siedlung machend, als wüssten sie um den Mann, der nur darauf wartete, dass eine von ihnen in Schussweite kam.
"Ja, Affenwache! Aber die Affen haben wohl die Schnauze voll für heute. Bin nicht böse drum! Hast du dich schon bei Rondred bedankt? Wärst du dem nicht in die...den Arm gelaufen, wärst du jetzt Krabbenfutter!"
"Ich weiß", gestand Danja und spürte noch einmal kurz den Schrecken in sich.
"Und ja, ich habe mich bereits bei ihm bedankt. Und ich wollte mich auch gern bei Thurescha bedanken, aber in ihrer Muttersprache. Das wüsste sie doch zu schätzen, oder?"
Roban nickte kurz.
Danja sah ihn abwartend an, bis er sich ihr zuwandte.
"Ja, sicher, Thurescha wäre begeistert, wenn du ihr in Rogolan dankst", setzte er hinzu.
Die Maga seufzte.
"Roban - ich kann kein Rogolan!" erinnerte sie ihn an eine Wissenslücke, die ihr hier im Kosch schon einige skeptische oder gar mitleidige Blicke eingetragen hatte.
"Ach so!"
Roban hob kurz die Brauen, runzelte nachdenklich die Stirn und sprach dann einige Worte in der Sprache der Zwerge.
Danja bemühte sich, sie zu wiederholen, was bei dem Ritter schallendes Gelächter auslöste.
"Schön, das war wohl nicht korrekt", meckerte Danja leise.
"Nein...nicht wirklich!" Der Ritter kämpfte das Lachen nieder und verkniff es sich offenbar, das zu übersetzen, was sie gerade gesagt hatte.
Statt dessen wiederholte er geduldig den Satz wieder und wieder, bis er mit Danjas Aussprache zufrieden war - oder angesichts ihres Unvermögens resignierte, dass konnte sie schlecht einschätzen.
"Hilft es, wenn ich eine Wolldecke in den Mund nehme?" murrte sie leise. Die brummelnde Sprache der Zwerge fand sie schwierig, außerdem ärgerte es sie, dass Roban in dieser Hinsicht gebildeter war als sie.
Roban grinste vielsagend und hakte die Bogensehne aus, nachdem von den Sumpfrantzen nichts mehr zu sehen war.
"Ich wollte dir außerdem noch etwas anderes berichten", wechselte die Maga das unangenehme Thema.
"Als ich heute Morgen dort draußen war, im Nebel, da war...noch jemand!"
"Sicher!" nickte der Ritter.
"Eine Krabbe mit Größenwahn!"
Danja schüttelte den Kopf.
"Das meinte ich nicht. Eine...Person. Ich glaubte, sie im Nebel gesehen zu haben, kurz bevor die Krabbe angriff."
"Du glaubst", wiederholte Roban und schürzte die Lippen, zog dann Pfeife und Pfeifenkrautbeutel aus dem Wams, stellte fest, dass ihm das Pfeifenkraut schon vorgestern ausgegangen war, und schob sich die kalte Pfeife zwischen die Kiefer.
"Ich bin beinahe sicher", präzisierte die Maga ihre Worte, auch wenn sie mit jeder Sekunde unsicherer wurde, ob sie wirklich etwas gesehen hatte.
Alles war viel zu schnell gegangen, und sicher war sie schon heute morgen nicht gewesen.
Sie wartete auf eine Reaktion Robans, auf Spott, einen dummen Spruch, einen abfälligen Grunzer, irgendetwas, doch der Ritter an ihrer Seite schwieg, kaute nur auf dem Pfeifenstiel, und sie kannte ihn lang genug um zu wissen, dass er jetzt angestrengt nachdachte. Und sie wusste, dass dies durchaus ein paar Minuten dauern konnte, also sprach sie nicht, bis Roban die Pfeife endlich aus dem Mund nahm und beinahe überrascht die Zahnabdrücke auf dem Stiel begutachtete.
"Wenn du beinahe sicher warst, war beinahe auch sicher jemand da. Und jemand, der heimlich im Nebel herumstrolcht, dürfte nicht gerade eine Person lauteren Charakters sein! Wir müssen noch vorsichtiger sein! Keine Alleingänge mehr beim Nebel! Nimm Rondred mit oder warte, bis die Suppe sich lichtet! Deine Kräutlein laufen dir ja nicht weg!"
Für einen Moment erwog Danja Protest, hatte sie sich doch ausgebeten, von dem Ritter keinerlei Befehle anzunehmen - aber sie hatte ohnehin nicht vor, so bald bei Nebel wieder allein loszuziehen, also nickte sie nur.
Nach einigen Sekunden ergriff sie dann die freie Hand des Ritters.
"Bei dir habe ich mich auch noch nicht bedankt", bemerkte sie mit einem kecken Augenaufschlag.
Roban schob sich die Pfeife wieder zwischen Lippen.
"Musste auch nicht", wiegelte er ab, entwand sich sanft ihrem Griff und stand auf.
"Ich habe geschworen, die Bewohner von Hohentrutz zu schützen, mit meinem Leben, wenn Rondra das verlangt. Und das gilt für alle Bewohner, ob sie mir hörig sind oder nicht!"
Mit einem knappen Nicken stapfte Roban in die aufziehende Dunkelheit davon, Bogen und Köcher unter dem Arm.
Danja blickte ihm nicht nach.
Ihre Gedanken wanderten einige Stunden zurück, in den Nebel, zu der Gestalt, die sie zu sehen geglaubt hatte.
Für einen Moment hatte sie das Gefühl, von unsichtbaren Augen angestarrt zu werden, fröstelte, stand ebenfalls auf und zog die Robe enger um die Schultern.
Noch einmal blickte sie in den Sumpf hinaus, suchte nach dem vermeintlichen Beobachter, entdeckte aber nichts.
"Ich krieg noch einen Al´Anfa-Komplex", seufzte sie, als sie sich ebenfalls auf den Rückweg zu den Hütten machte.