Entscheidung im Wengenholm - Das Urteil des Grafen

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Stolzenburg, 1033

Graf Jalliks Blick verharrte noch einen Moment auf den beiden Gefangenen, die schicksalergeben vor ihm knieten, dann löste er ihn und schaute ins Halbrund seiner Vasallen und Gefolgsleute, die die Späher ergriffen und zu ihm gebracht hatten.
"Bei dem Hirtenjungen, der nichts als den Weg gezeigt hat, weil er dazu gedrängt wurde, will ich Gnade walten lassen. 30 Stockhiebe soll er erhalten und fortan auf der Angenburg dienen. Diese Frau aber, die uns für das Gold der Finsterzwerge ausspähen wollte und als Wegelagerin bekannt ist, verdient zu sterben."
"Knüpft sie auf! Knüpft sie auf!" erhoben sich Stimmen, und der hügelländische Ritter, der die Wache befehligte, gab seinen Leuten schon ein Zeichen, die Späherin abzuführen.
"Nein", gebot Graf Jallik, und gab seinem Schwurmeister Lucrann von Auersbrück ein Zeichen.
"Die Axt."
Der Ritter eilte und löste das mehr als einen Schritt große Kriegsbeil aus seinem Futteral am Sattel eines Packpferds.
Noch einmal fühlte Graf Jallik nach dem Amulett des Götterfürsten, das an seinem Hals hing, dann schwang er die Axt hoch über seinen Kopf und ließ sie mit einem "In Praios' Namen, für Wengenholms Freiheit!" auf den Nacken der Frau niedersausen.
Wer einen Menschen zum Tode verurteilte, sollte diesem in die Augen blicken können und die Kraft haben, die Waffe zu führen, hatte sein Vater, der alte Graf Hakan, stets gesagt, und niemals einen Blutgreven im Dienste gehabt. Ein alter Brauch aus der Zeit der alten Freiheit Wengenholm, den das Grafenhaus stets hochgehalten und Jallik bei der Erneuerung des Schwurbundes zum Gesetz erklärt hatte.
Wer selbst die Axt schwingt, fällt ein solches Urteil nicht leichtfertig - Vater hatte recht gehabt, wußte Jallik, als das Blut das Moos des Waldbodens rot färbte und die Wengenholmer und ihre Verbündeten in Jubel ausbrachen. Doch würde dieser in seiner Erinnerung niemals den schrillen Schrei der Wegelagerin auslöschen, bevor sie starb.