Angbar im Ingerimm - Zu Gast in Sindelsaum
Sindelsaum, Dachsbau, Ingerimm 1034 BF
Die Dinge hatten sich geändert. Anstatt in den Hinterkosch zu reisen, führte ihr Weg von Angbar nach Sindelsaum. Die Kutsche des perricumer Reichsvogtes folgte den Pferden des koscher Barons und seines Gefolges, südwärts am Angbarer See entlang.
Sie ließen einen prächtigen Gutshof hinter sich, in dem wohl die Familie Stippwitz lebte. Die Landschaft war durchzogen von hügelzwergischer Kultur. Viel mehr, als es Leobrecht aus seiner Jugendzeit im Schlund gewohnt war, der für ihn immer seine Heimat war.
Die Felder schienen her sehr fruchtbar zu sein und auch große Beschädigungen, die überall Garetien nach dem Jahr des Feuers zeichneten schien es hier nicht zu geben.
Leonora schaute aufgeregt aus der Kutsche, war dieses doch ihre neue Heimat. Zu ihrer Rechten erblickte Leobrecht, nach einigen Stunden Reise, eine stattliche Zwingburg, und musste sehr verwundert feststellen, dass dieses nicht ihr Ziel war.
Wenig später erreichte der Tross eine größeres Dorf, welches verträumt an einem Fluss lag. Das musste wohl die Sindel sein. Doch wo war nur die Burg des Barons? Leobrecht glaubte erst an eine Rast, als der Tross vor einem Hügelhaus anhielt, ein weitläufiges Hügelhaus zwar, aber immer noch ein Hügelhaus. Die Leobrecht und Leonora stiegen aus der Kutsche heraus und sahen bereits in die liebenswürdige Mimik des Barons Erlan von Sindelsaum, der ihnen freundlich sein zu Hause vorstellte.
Leobrecht verzog keine Miene, auch wenn er selbstredend mit einer standesgemäßeren Unterkunft gerechnet hätte. Mit einem leichten Schmunzeln führte Erlan sie in sein Haus.
Erneut war Leobrecht überrascht. Wenngleich es sich doch um ein Hügelhaus handelte, waren die Decken auf die Größe von Menschen eingerichtet. Die Sindelsaumer mussten das Haus also eigens errichtet haben. Während Erlan sie durch das Haus führte und ihnen ihre gemütlichen Gästezimmer zeigte, musste Leobrecht stillschweigend zugestehn, dass es sich hier gut leben ließ. Einem Baron freilich gänzlich unangemessen, aber im Kosch lagen die Dinge natürlich anders.
Während sich Leobrecht noch in seinem Zimmer ausruhte und, im Sessel sitzend, den Blick aus dem Fenster genoß, begannen angenehme Düfte das Hügelhaus zu durchwehen. Das Gesinde musste wohl einen Kuchen backen. Leobrecht entschied, dass er Hunger hatte und machte sich auf die Suche nach der Küche. Auf dem Weg stieß er auf Leonora, die die Gerüche ebenfalls aus ihrem Zimmer gelockt hatten.
"Nicht ganz wie die Alriksmark?" neckte Leobrecht seine Tochter. Diese nickte nur. Ihre Überraschung über die Residenz des Barons war noch nicht von ihr gewichen.
Endlich erreichten Vater und Tochter die Küche. Eine ganze Reihe von Menschen und Zwergen waren mit den Vorbereitungen für ein ausgedehntes Festmahl beschäftigt, aber auch Erlan war bereits hier und beobachtete einen Ofen mit Argusaugen. Als er seine beiden Gäste bemerkte winkte er sie herüber.
"Ihr kommt gerade Recht. Der Käsekuchen ist fertig. Hoffentlich ist das neue Rezept aufgegangen."
Leobrecht glaubte nicht richtig gehört zu haben. Hatte der Baron etwa den Kuchen selber gebacken?
Wenig später saßen Leobrecht und Leonora mit dem Baron und einigen Gefolgsleuten des Sindelsaumers zusammen. Leobrechts Verdacht hatte sich bestätigt. Erlan war tatsächlich ein begeisterter Bäcker und führte in diesem Moment ein Gespräch über Mürbeteig, und das mit einem vierschröttigen einäugigen Ritter. Bei aller Verwunderung musste Leobrecht sich doch eingestehen, dass der Kuchen ausgezeichnet war. Hier ließ es sich wahrlich aushalten, und seine Rückreise vertrug sicherlich ein paar Tage Aufschub.