Grimsauer Liebe - Eine aussichtslose Lage
Teil der Briefspielgeschichte "Grimsauer Liebe"
Grimsauer Liebe - Mit gesenktem Haupt | Grimsauer Liebe - Siegessicher |
Stadt Lûr, 15. Rondra 1041 BF
Rainfried von Grimsau saß in Gedanken versunken in einem der zwei alten Ohrensessel in der Guten Stube, das Feuer prasselte im Kamin vor sich hin. In was für eine verfahrene Situation hatte er sich hier nur gebracht? Seine Großmutter Brodlind hatte es sich derweil in dem anderen Sessel mit einer Decke über den Beinen gemütlich gemacht. „Und was gedenkst du jetzt zu tun, Enkel?“
Rainfried blickte zu ihr, aber kein Wort kam über seine Lippen.
„Ich sehe nicht viele Möglichkeiten, mein Baron.“ Flavia Mehring auf Munkelstein, die bislang über einen schweren Tisch geneigt war und eine kleine Karte betrachtet hatte, die mit einzelnen kleinen Fähnchen verziert war, mischte sich in das einseitige Gespräch ein. „Direkt von Westen stehen Hakan von Nadoret und sein Sohn Balinor mit dem Hauptheer bereit. Gut 60 Mann.“ Sie zeigte auf eine der Fahnen. „Im Nordwesten sind sein Neffe Wilbur sowie Erzbart von Drabenburg mit weiteren 40 Gefolgsleuten in Waffen.“ Ihr Finger wanderte zur nächsten Fahne. „Im Südwesten schließlich, leicht erhöht, steht Erzward von Steinklos und wartet nur darauf, dass die beiden Geschütze fertig aufgestellt sind, um uns damit Stein um Stein gegen die Mauern zu schleudern.“ Flavia zeigte auf ein weiteres Fähnchen. „Ein Ausfall vor der Fertigstellung wäre zum Scheitern verurteilt, denn Arbel von Hirschingen, Raul von Kemlar und Bolzerich von Uztrutz schützen diese mit ihren Reisigen. Bis wir an die Geschütze kommen, sind die Hälfte unserer Leute verwundet oder tot. Und dann haben wir niemanden mehr, der die Burg zumindest für kurze Zeit verteidigen könnte.“
„Eure Situation ist wahrlich schlecht, Hochgeboren.“ Alara von Semmelstock wippte unruhig von Ferse zu Zeh. „Ich habe euer Geld genommen und werde auch bis zum Ende zu euch stehen, aber ich würde es lieber sehen, wenn meine Gefolgsleute nicht unnütz niedergemetzelt werden. Ich spreche dabei auch für Halmdahl hier.“ Der Angesprochene nickte wortlos.
„Und mit was soll ich verhandeln?“ Rainfried sprang von dem Sessel auf. „Gold? Woher soll ich das nehmen? Zoll auf die Passstraße nach Almada einführen? Davon geht der Großteil dann an die Kaiserin. Die Abgaben meiner Lehnsleute erhöhen? Die haben selber gerade genug zum Leben. Und mit Guneldes Zustand kann ich mir sicher sein, dass die Forderungen über Gold hinaus gehen werden!“
Sein Blick wurde düsterer und er wandte sich direkt an Flavia. „Wie geht es ihr?“
Die Munkelsteinerin blickte zu Boden. „Nicht gut. Die Strapazen der Reise haben ihren Tribut gefordert. Sie hat Fieber und kann das Essen und Trinken kaum in sich behalten.“
Stille legte sich über die Stube.
„Seht ihr,“ flüsterte Rainfried. „Außer meinem Leben habe ich nichts, mit dem ich verhandeln könnte.“
„Nicht ganz!“, rumpelte eine tiefe Stimme von der Tür. Alle Köpfe drehten sich danach um, um zwei Zwerge in voller Kette dort zu sehen. Alara und Halmdahl griffen nach den Schwertern.
„Haltet ein! Ich bin wahrlich kein Feind des Barons, ganz im Gegenteil.“ Einer der Zwerge trat näher und man konnte nun das Gesicht von Rambox erkennen. „Ich habe jemanden mitgebracht, der mit euch sprechen will, mein Freund. Er kommt, um einen Schwur einzuhalten.“