Erhitzte Gemüter in trockener Geistmark

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Ausgabe Nummer 31 - 1024 BF

Erhitzte Gemüter in trockener Geistmark

Bauern suchen Schuld für die Dürre bei den tobrischen Siedlern

GEISTMARK. In der Baronie Geistmark sind die Händel zwischen Einheimischen und zugewanderten Tobriern neu entbrannt. Ursache der Streitereien, die beinahe in blutiger Abrechnung gipfelten, war die Dürre, die der Herr Praios im letzten Sommer auf unser Land legte.

Zwar traf die Trockenheit die Geistmärker nicht völlig unerwartet, denn schon im Frühling wurde beim Flutorakel ein ausgemergelter Aal gefangen Ihre Gnaden Trave Blitzenstrunk prophezeite daraus, dass für das ganze Jahr keinerlei Gefahr vom Wasser der Ange ausgehen werde. Daß das Wasser aber so gering sein würde, damit hatte doch keiner gerechnet. Nachdem die Praiosscheibe wochenlang von keinem Wölkchen verdeckt wurde, floß besonders in der Harschenheide kaum mehr ein Tropfen. Die Bäche aus den hohen Schneebergen führten zwar noch Gletscherwasser, doch wurde das meiste schon im Hügelland abgeleitet auf die Matten und Brunnen. Das Angenmoor war trocken wie nie — es gab den ganzen Sommer über keinen Nebel!

So war bald abzusehen, dass um die letzten Wasserreserven Streit entbrennen musste. Die tobrischen Zuwanderer hatten oft neue Brunnen angelegt, als sie die vom Ork verheerten Höfe wieder aufbauten, die ihnen der Baron zugewiesen hatte. Dabei mag ihnen altes tobrisches Wissen zur Verfügung gestanden haben, denn manche dieser Brunnen führten auch mit fortschreitender Dürre ein wenig Wasser. Die eingesessenen Bauern forderten ihren Teil an diesem Wasser, da dieses doch aus Koscher Grund komme, während die Tobrier die Brunnen für ihr rechtmäßig Eigentum ansahen. So kam es zu einigen wüsten Keilereien.

Ein Freibauer namens Bolzer Lugtreu brachte den Kessel zum Überkochen. Er verkündete täglich in Bauersglück, dass die Tobrier in Wahrheit schuld an der Dürre seien. Einen Frevel der Ostländer wollten die Götter mit der Trockenheit strafen, wiederholte er Mal um Mal. Da dieser Bolzer Lugtreu in jungen Jahren einige Zeit als Tempeldiener im damaligen Perainekloster zu Storchsklausen verbracht hatte, gaben die Leute viel auf seine Reden und wurden immer zorniger auf die Tobrischen.

Mitte Rondra beschlossen die Bauersglücker schließlich, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und das Frevlerpack auszumerzen, auf daß der Herr EFFerd wieder regnen lasse. Sie ergriffen Sensen, Flegel und Mistgabeln, entzündeten Fackeln und machten sich auf zum Weiler Rübsal, wo drei Familien aus dem Ysilischen lebten.

Diese waren aber gewarnt worden, hatten Freunde zusammengetrommelt und zogen den Koschern mit Stöcken und Bögen entgegen. Bald trafen sie auf einander und hätten sich wohl abgeschlachtet — wären nicht plötzlich zwischen ihnen die Angroschim von Bauersglück aufgetaucht, geführt vom Weisen Mütterchen Roglima, Tochter der Herdra. Diese ermahnte beide Seiten, daß es allein der Obrigkeit gebühre, Waffen zu führen und über Frevel und Strafe zu entscheiden, und fügte hinzu: „Und wenn ihr nicht schneller verschwindet, als das Murmel beim Blitzschlag, ziehe ich jedem von euch persönlich den Hammer über die Rübe!“ Der Anblick der grimmigen Mienen ihrer Söhne und Enkel tat ein übriges, und seither blieb es weitgehend ruhig im Geistmärkischen.

Wo aber waren die Büttel des Barons, als es kritisch wurde? Sie standen alle sechs Wache bei Xuboschs Brunnen. Dieses Wunder Efferds, wo mitten in der Heide aus einem Steinring eine Quelle fließt, sprudelte fröhlich wie eh und je. Drum zogen die Leute von rundherum herbei, um von dem Wasser abzuschöpfen. Auch hier maulte mancher, daß die Tobrier nicht oder nur zuletzt vom Wasser nehmen dürften. Doch der Baron von Geistmark hieß die Büttel, alle gleichermaßen zu behandeln. Zudem ließ der Baron eine Steuer erheben von jedem Wagen, der mit Fässern zu Xuboschs Brunnen fuhr (weg dagegen das Wasser auf den Schultern wegtrug, ging frei aus). Das eingenommene Silber soll dem Wiederaufbau des Storchsklausener Klosters dienen.

Dem Schreiber dieser Zeilen wurde überdies berichtet, daß ein ungenannter Angbarer Kaufmann dem Geistmärker Baron eine hohe Summe Goldes für den nie versiegenden Brunnen angeboten habe, was dieser zurückwies. Ob dieses Gerücht im Lichte des Herrn Praios Bestand hat und wer der besagte Kaufmann sein könnte, ließ sich vom Kosch-Kurier bislang nicht in Erfahrung bringen.

Wengel Samonach