Tractatio de scripto Fratris monasterii Trollecki

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Ausgabe Nummer 16 - Praios 1020 BF

Tractatio de scripto Fratris monasterii Trollecki

— Zu den provokanten „Trollecker Thesen“, welche in der vorigen Ausgabe dies Journals zu lesen standen, erreichte die Schriftleitung folgende Äußerung des Herrn Curthan Felkanor, Ritter des Ordens vom Hl. Golgaria, Schwingenträger der Speiche Punin.

Gar nachdenklich stimmten mich die Zeilen der ehrenwerten Mönche des Klosters Trolleck . Und nun, nach einer langen disputation mit meinen confratres bin ich gehalten, Stellung zu nehmen zu dem scriptum und damit eine Richtlinie für meine Mitbrüder und Mitschwestern zu geben.

Mag keiner denken, diese Zeilen seien von unkundiger Hand geschrieben. Ich bin Schwingenträger des Ordens des Heiligen Golgari und außerdem war ich einst Studiosus des Kirchenrechts. Doch nun, werte Leserschaft, will ich zum Grund des Schreibens kommen.

Die Zeilen der Gemeinschaft des Klosters Trolleck sollten augenscheinlich zur Besinnung rufen. Und auf den ersten Blick scheint dieser Aufruf auch durchaus gerechtfertigt. „Wessen ist’s, zu urteilen ..., wessen ist’s, zu bringen Gleichheit für jeden ...“

Aus diesen Zeilen spricht die Sorge resp. der Zweifel, ob sich die Aufgabenbereiche der Kirche des Herren Praios und des Herren Boron – im besonderen auf dem Gebiet der Rechtsprechung – nicht überschneiden resp. sich die Anhänger des Schweigsamen in die Belange der Anhänger des Götterfürsten einmischen.

Dem Orden der Golgariten liegt es fern, über Gut und Übel zu richten, das überlassen wir den Dienern des hochheiligen Praios. Ebensowenig sind wir dazu berufen, für jeden zu Richtenden Gleichheit zu bringen vor dem Gesetz. Unser Aufgabengebiet ist begrenzt, und so wird ein Golgarit niemals einen Dieb oder Wilderer richten. Diese Dinge fallen nicht in unseren Aufgabenbereich.

„Ja, Herr Felkanor,“ wird nun manch einer denken, „was fällt denn in ihren Aufgabenbereicht?“ Dazu sei jedermann und jederfrau angehalten, im Buch „Über das Kirchenrechte“ das Kapitel der „Weisheit und Unterscheidung“ zu lesen. Unsere Aufgabe ist es, Nekromanten und Frevler wider unseren Herrn Boron aufzuspüren und sie den Obersten in Punin zu überstellen. In schwerwiegenden Fällen dürfen Schwingenträger jedoch auch direkt richten.

Wer meint, da ergebe sich Platz für menschliche Willkür, liegt falsch und muß sich eines besseren belehren lassen. Die Schwingenträger unterstehen nur und direkt dem Raben von Punin; und einzig diesem gegenüber legen sie einen Eid ab, der sie mit weit mehr als nur ihrem Leben daran bindet, im Sinnen Borons zu handeln. Und während der ganzen Zeit, in der die Schwingenträger wirken, hat es noch keinen Verstoß eines solchen gegen die strengsten aller Gesetze – die göttlichen – gegeben.

Nun höre ich schon diejenigen, die da rufen: „Ha, da ist die Überschneidung zwischen Boron- und Praioskirche. Ihr mischt Euch in die Belange der Heiligen Inquisition!“ Mitnichten, kann ich dort nur respondieren. Ja, findet sich denn immer ein Inquistitor, wo boronungefälliges getan wird? Soll das Volk denn leiden, bis ein Inquisitor eintrifft? Oder meint Ihr nicht auch, daß auch die Diener des Schweigsamen in gewissen Zeiten Abhilfe schaffen sollten?

Den Golgariten ist es fern, sich in eine „Konkurrenz“ (ja, dieses Wort hörte ich bereits in dieser Angelegenheit!) zur Kirche des Lichts zu begeben. Wir haben einen göttlichen Auftrag! Das scheinen einige Personen manchmal nicht zu beachten, hat es mir doch den Anschein.

Die Gemeinschaft des Klosters stellte ebenfalls die Frage, ob es borongefällig sei, sich derart zu rüsten und ob man nicht schon an die Grenze zu den Dienern der Göttin Rondra stieße. Auch diese Frage muß ich verneinen. Die Aufgaben insbesondere der Schwingenträgerr liegen vorwiegend in der ordensinternen Rechtsprechung. Ferner ist der Orden des Heiligen Golgari kein Angriffsorden. Seine Ritter sollen dem Schutz von Tempeln und Heiligtümern dienen. Auch nur in den härtesten Fällen wird ein Schwingenträger direkt richten, ohne wenigstens einen Prozeß beantragt oder oder mit dem Raben von Punin gesprochen zu haben.

Außerdem ist es die Aufgabe eines jeden Geweihten, Lästerer zu bekämpfen, die die Zwölf und Alveran schmähen. Mag da nun einer sein, der die Bewaffnung der Golgariten für unangemessenen hält: er möge sich bitte einmal unsere Zeit ansehen.

Kriege, Scharmützel und unheimliche Geschehnisse in dieser Quantität hat es bereits seit Dekaden nicht mehr gegeben. Und da soll es falsch sein, daß sich auch die Diener dessen rüsten, dem das Totenreich untersteht, dessen Diener eine derart wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe erfüllen? Das kann nicht sein.

Zu dem letzten Punkt möchte ich mich fast gar nicht äußern, scheint er mir doch schon nahezu eine Beleidigung. Sicherlich gibt es auch bei den Golgariten Einzelne, die teilweise noch in ihrer menschlichen Denkweise verhaftet sind. Doch wird Boron auch dort Abhilfe schaffen und seinen Mantel des Vergessens überlegen. Und was wir Golgariten tun, ist Dienst an den Dienern und den Hilfsbedürftigen.

Wem eine solche Aufgabe nicht heilig ist, der sollte sich eingehendst prüfen. Ebenfalls muß man nicht genau hinschauen, um den Unterschied zwischen Golgariten und Al’Anfanern herauszufinden. Wir Golgariten ordnen uns dem Raben von Punin unter und wissen dessen Segen mit uns, gab er ihn uns doch zu unserer Gründung. Hätte er einen solchen Orden für unangemessen gehalten, würde es die Golgariten heute sicherlich nicht geben.

(Zeichen des Herrn Curthan Felkanor).