Fürst fällt Todesurteil

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Ausgabe Nummer 77 - Hesinde 1046 BF

Fürst fällt Todesurteil

Baronin Derya von Uztrutz vom eigenen Gatten ermordet

ANGBAR, Travia 1046 BF. Nachdem wir erst in der letzten Ausgabe vom schlechten Zustand der Baronin von Uztrutz erfahren haben, überschlugen sich kurz nach dem Besuch der Schreiber des KOSCH-KURIER die Ereignisse. In der Folge kam nicht nur Baronin Derya ums Leben, es gab Unruhen und Kämpfe in Uztrutz und schließlich konnte der Ehemann der Baronin, Berwin von Treublatt, als Mörder von Derya von Uztrutz überführt und vor den Fürsten gebracht werden. Diesem blieb dann ob der erdrückenden Beweise nichts anderes übrig, als Berwin von Treublatt zum Tode zu verurteilen.

In der letzten Ausgabe berichtete der KOSCH-KURIER über die aktuelle Lage in der Baronie Uztrutz („Von den Folgen eines Lanzenstoßes“). Wie angekündigt, blieb ein Schreiber des KOSCH-KURIER, Kunrad Trutzschilfen, vor Ort, um weitere Einzelheiten über die Lage vor Ort in Erfahrung zu bringen. Hier sein Bericht:

Wie ausgemacht, hielt ich mich nach dem ersten kurzen Gespräch mit Metzel d. J. von Uztrutz, dem aus dem Exil zurückgekehrten Vetter der Baronin, in einem Gasthaus auf. Geplant war, dass ich in ein paar Tagen ein ausführliches Gespräch mit ihm führen würde. Doch dazu kam es gar nicht mehr. Aber von Anfang an!

Ich nutzte die ersten beiden Tage Wartezeit, um mich in der Stadt Uztrutz und, soweit möglich, unter dem Gesinde von Burg Alt Rudes Schild umzuhören. Das, was ich in diesen Gesprächen erfuhr, war nicht weniger beunruhigend, als das, was wir am Vortag über den Zustand der Baronin in Erfahrung gebracht hatten. Berwin von Treublatt hatte die Regierungsgeschäfte für seine Frau übernommen. Offensichtlich gänzlich ungeeignet, ein Lehen dieser Größe zu führen, war er dazu noch von schlechten Beratern umgeben. Diverse fragwürdige Entscheidungen wurden begleitet von immer neuen Steuern und Abgaben. Doch nicht nur die Bauern auf dem Land und die Bürger in den Orten wurden drangsaliert. Nach und nach verdarb es sich Berwin von Treublatt mit nahezu sämtlichen Adeligen der Baronie, da diese ebenso ausgepresst wurden. Die Stimmung innerhalb der Baronie wurde immer schlechter und es lag deutlich Widerstand und Aufruhr in der Luft. Die plötzliche und gänzlich unerwartete Rückkehr von Metzel d. J. brachte kurzfristig Hoffnung auf eine Besserung der Lage. Doch wurde Metzel von Berwin sehr schnell kaltgestellt und auf die Aufgabe der Burgverwaltung von Alt Rudes Schild beschränkt. Metzel versuchte immer wieder an die Baronin heranzukommen. Doch sowohl ihr Zustand als auch die Tatsache, dass Berwin sie komplett abschirmte, zum Schluss sogar mit Waffenknechten der Uztrutzer Eisenhüte, verhinderte dies.

Am Morgen meines dritten Tages in Uztrutz überschlugen sich dann die Ereignisse. Ich erfuhr später, dass am Vorabend sämtliche Vasallen der Baronie auf Burg Alt Rudes Schild eingetroffen waren. Sie verlangten mit Nachdruck, mit Baronin Derya zu sprechen. Am nächsten Morgen begann dann eine denkwürdige Audienz. Die Baronin saß tatsächlich auf ihrem Thron, zu welchem sie aber von ihrem Ehemann Berwin quasi getragen worden war. Aber auch ohne das gesehen zu haben, bemerkte man sofort ihren erschreckenden Zustand. Die Anwesenden trugen ihre Beschwerden und Sorgen vor und sprachen dabei immer wieder die Baronin direkt an. Etwas, das Berwin immer mehr erzürnte, und mehr als einmal brüllte er herum, dass er der Herrscher sei. Doch die Adeligen waren zu aufgebracht und wollten nun endlich eine Veränderung. Die Edle Ingrimma von Firunshof war die Nächste, die das Wort ergriff und wieder direkt die Baronin ansprach. Anders als sonst reagierte diese aber und als Berwin erneut lautstark seinen Anspruch verkündete, sprach Derya von Uztrutz, er solle schweigen, da sie sich die Beschwerde der treuen Vasallin anhören wollte.

So zum Schweigen gebracht, riss Berwin der Geduldsfaden. Er holte weit aus und ohrfeigte seine wehrlose Frau. Diese, ohnehin schon im schwer angeschlagenen Zustand, hatte keine Möglichkeit, sich zu wehren. Ein Aufschrei ging durch die versammelten Adeligen. Doch die anwesenden Eisenhüte schirmten ihren Förderer sofort ab. Dieser packte Derya am Kragen und zog sie hoch. Brüllte sie an, dass nun er das Sagen habe, und fing an, sie zu schütteln. Derya gab unverständliche Geräusche von sich und irgendwie gelang es ihr, mit der Hand in Berwins Gesicht zu kommen. Für eine Ohrfeige fehlte ihr die Kraft und Kontrolle, aber ihre Fingernägel hinterließen drei tiefe Kratzer. Berwin, inzwischen vollkommen außer sich, holte erneut aus und schlug Derya mit voller Wucht mit der Faust ins Gesicht. Ein hässliches Geräusch war zu hören und die amtierende Baronin von Uztrutz ging leblos zu Boden. Ihr Körper zuckte noch ein paar Mal, bevor sie mit offenen Augen und unnatürlich verdrehtem Kopf liegen blieb. Die anwesenden Adeligen, angeführt von Metzel d. J., versuchten, Berwin aufzuhalten und ihn festzusetzen. Für einen Moment schien dies zu gelingen, aber dann trafen immer mehr Eisenhüte im Thronsaal ein.

Die Adeligen waren sämtlich ohne ihr Gefolge eingelassen worden, und es entstand ein Patt. Metzel d. J. gab schließlich den Befehl zum Rückzug, und schnellen Schrittes verließen die Adeligen Thronsaal und Burg — dicht gefolgt von den Eisenhüten unter dem Kommando ihres Hauptmanns Balinor von Vardock.

Bis hinunter zur Stadt setzten sie ihnen nach. Dort aber befand sich das Gefolge der Vasallen, und wie Metzel erfreut feststellte, hatten sie alle ihr ganzes Waffenvolk mitgenommen. In Anbetracht dessen zogen sich die Eisenhüte erst einmal zurück.

Auf Burg Alt Rudes Schild versuchte Berwin nun erst einmal Fakten zu schaffen. Viele Burgbewohner landeten im Kerker, so etwa der Hofmagus Magister Eule oder die Burghauptfrau Perdita von Steinklos.

In der Stadt beriet sich Metzel gerade mit den Vasallen, als etwas geschah, was anmutete wie aus einem Märchen. Angeführt von Baron Firian Böcklin von Buchsbart traf eine Gruppe Weidener ein, mitsamt Waffenvolk und drei Rittern. Metzel d. J. und Baron Firian Böcklin waren enge Freunde, und der Weidener kam ausgerechnet in dieser Zeit der höchsten Not zu einem Besuch nach Uztrutz. Er sagte sofort zu, Metzel zu helfen, um den Mörder zur Strecke zu bringen. Auch auf der Burg blieb die Ankunft der Weidener nicht unbemerkt, und ein weiterer Bote berichtete von dem neu eingetroffenen Waffenvolk. Dazu kam das Gerücht, dass eine größere Truppe aus Nadoret ebenfalls auf dem Weg sei. Berwin war überfordert und brachte nicht den Mut auf, sich einer Belagerung zu stellen, zumal große Empörung unter den Bediensteten der Burg herrschte und noch längst nicht alle im Kerker waren. So schnell es ging, raffte er alles zusammen, was ihm wichtig war. Er nahm Baronsreif, weitere Insignien der Herrscher von Uztrutz und vor allem sämtliche eingetriebenen Münzen mit sich. Auch seine Tochter — der ihm treu gebliebene Balinor von Vardock dachte wohl daran — wurde mitgenommen. Alles wurde schnell auf Reit- und Packtiere verladen, dann machte sich Berwin mit seinem Gefolge auf den Weg. Er wollte zur Burg Porquidstreu, um von dort aus mit Hilfe seiner Familie die Macht in Uztrutz zu übernehmen.

Als die Kunde von der Flucht Metzel d. J. erreichte, machte er sich sofort an die Verfolgung. Auf ungefähr halbem Weg zwischen Stadt Uztrutz und dem Dorf Fünfbrunnen, fast genau beim berüchtigten Freinhag, trafen beide Gruppen aufeinander. Ein blutiges Gefecht entbrannte. Schließlich gelang es dem Weidener Baron, Ritter Balinor von Vardock nicht nur aus dem Sattel zu werfen, sondern im anschließenden Zweikampf zu töten. Metzel d. J. dagegen konnte mit einem gut gezieltem Armbrustbolzen Berwin schwer in die Schulter treffen. Daraufhin ergriff dieser die Flucht und entkam nahezu als Einziger. Seine Tochter Vieska von Uztrutz musste er dabei ebenso zurücklassen wie alles andere.

Zurück auf Burg Alt Rudes Schild wurden die schlimmsten Wunden versorgt. Gleich am nächsten Tag aber — mir wurde erlaubt, mich der Gruppe anzuschließen — machte man sich auf den Weg nach Angbar. Metzel wollte beim Grafen der Hügellande, welcher gerade in Angbar weilte, als auch beim Fürsten vorsprechen und Anklage erheben. Ebenso befürchtete man, dass die Familie Treublatt Gleiches sofort versuchen würde, nur mit verdrehten Tatsachen.

Wenige Tage später erreichten die Uztrutzer, angeführt von Metzel d. J., Angbar und machten sich auf direktem Weg zum Fürstenschloss. Dort angekommen erfuhren sie, dass eine Abordnung der Familie Treublatt gut ein Stundenglas vor ihnen eingetroffen war und bereits beim Fürsten vorsprach. So schnell es ging, versuchten sie zum Fürsten vorzudringen. Die Tatsache, dass die Audienz nicht in der fürstlichen Arbeitsstube im Obergeschoss, sondern im Thronsaal im Erdgeschoss stattfand, zeigte schon den Ernst der Lage. Als wir dann im Thronsaal ankamen, saß der Fürst auf seinem Thron, umringt von seinen Beratern. Auf seinem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Trauer und Erschütterung wider. Vor ihm standen Mitglieder der Familie Treublatt, angeführt von Gisbrun von Treublatt, dem Vater Berwins von Treublatt. Metzel d. J. ergriff sofort das Wort und alle vermuteten, dass bereits schlimmste Lügen über die Ereignisse erzählt worden waren. Doch mitnichten, wie der Fürst, ungewohnt energisch, rasch klarstellte. Da man merkte, dass ich nicht von Stand war, wurde ich in diesem Moment aus dem Thronsaal geführt und kann daher nicht alle Einzelheiten wiedergeben.

Der Familie Treublatt wirft der Volksmund ja so einiges an Schandtaten vor, aber einen Gattinnenmörder, wie Berwin fortan genannt wurde, wollte man nicht decken. Bevor Gisbrun ihn aber festsetzen konnte, hatte Berwin noch versucht bei den vogelfreien Rittern Eberhelm von Treublatt und Alphak von Steinklos Unterschlupf zu finden. Aber selbst diese wollten ihn angesichts seiner Tat nicht aufnehmen. Sie brachten ihn zurück zu Gisbrun, der dann seinen eigenen Sohn in Ketten vor den Fürsten brachte. Zusammen mit den Aussagen der Uztrutzer waren die Beweise erdrückend.

Schweren Herzens, aber deutlich machend, dass er ob der Verbrechen keinen anderen Weg sah, verurteilte Fürst Anshold vom Eberstamm den Gattinnenmörder Berwin von Treublatt zum Tode. Aufgrund der Verderbtheit der Tat verfügte er zudem, dass der Tod durch den Strang zu erfolgen hatte. Mit der Verkündung des Urteils sprach der Fürst gleichzeitig ein Lob an die Familie von Treublatt aus. Familienbande zählen sehr viel, aber bei solch einer Tat müsse man stets der Gerechtigkeit folgen.

Zu berichten ist noch, dass Fürst Anshold wenige Tage später Metzel d. J. von Uztrutz eine Privataudienz gewährte. Im Anschluss an diese und nach einem Gespräch mit dem Grafen der Hügellande wurden noch folgende Entscheidungen getroffen: Vieska von Uztrutz wurde offiziell als Erbin des Baronsthrons von Uztrutz anerkannt. Bis zur Volljährigkeit wird Metzel d. J. von Uztrutz zum Landvogt ernannt. Außerdem adoptierte er Vieska, und sie gilt fortan als seine Tochter.

Kunrad Trutzschilfen

Irdischer Hinweis: Im Original war das Jahr 1043 BF angegeben.