Denkwürdiger Turnierauftritt

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Ausgabe Nummer 77 - Hesinde 1046 BF

Denkwürdiger Turnierauftritt

Wie Falk Barborn die ritterlichen Tugenden lehrte

RAKULBRUCK, Travia 1046 BF. Auf ungewöhnliche Weise hat Ritter Falk Barborn zu Siebental die Tugenden eines Ritters unter Beweis gestellt. Fast wäre das als Märker Treffen bekannte Turnier jedoch in einem schweren Unglück geendet. Doch der Reihe nach …

Wie seit einigen Jahren üblich, hatte Markvogt Gero vom Kargen Land die Ritter der Stadt und Mark Ferdok und Umgebung eingeladen. Um dem immer noch wenig etablierten Turnier eine besondere Note zu verleihen, war diesmal eine mehrere Schritt hohe Figur aus Holz aufgebaut worden, die einen großen Drachen darstellte. Sie sollte am letzten Abend feierlich verbrannt werden, doch zuvor als schattenspendender Treffpunkt und nicht zuletzt als Gesprächsthema dienen. Insbesondere das Jungvolk, darunter zahlreiche Pagen und Knappen, machten gleich zu Beginn von dem Angebot Gebrauch.

Einen neuen Reiz hatte das Märker Treffen auch bitter nötig: Schließlich blieben seit den anhaltenden blutigen Konflikten in Garetien die Ritter von jenseits der Grenze aus. Stattdessen durfte man einen ungewöhnlichen Gast begrüßen, der immerhin von Stand war: Ritter Falk Barborn zu Siebental war tatsächlich aus Metenar angereist. Das einfache Volk, dem die vergangenen Auftritte des mitunter als exzentrisch bezeichneten Streiters gut im Gedächtnis geblieben waren, war durchaus amüsiert, und auf den einfachen Plätzen begann einiges Getuschel darüber, was der „alte Kauz denn dieses Mal wieder anstellen würde“. Dem Markvogt war jedoch nichts anzusehen. Absolut ernsthaft hieß er den Rittersmann willkommen, auch wenn dieser ihn mit „Kehrer vom Karrenrand“ ansprach. So nahm die Feier zunächst ihren geplanten Verlauf.

Wie es der Götterfürst so wollte, brannte die Praiosscheibe am ersten Mittag ungewöhnlich heiß, nachdem am Tag zuvor noch Efferd besonders reichlich den Turnierplatz gesegnet hatte. Wer konnte, sprach den feilgebotenen Getränken zu oder machte es sich im Schatten des „Drachen“ bequem. Die Teilnehmer selbst indes kamen in ihren Rüstungen und unter ihren Helmen arg ins Schwitzen. Ritter Falk benahm sich zunehmend merkwürdig. Zunächst schien er den „Drachen“ skeptisch zu beobachten, doch blieb er eine Weile noch ruhig. Dann begann er zu faseln: „Der Lindwurm … er wird sie alle töten! Seht Ihr es denn nicht?“ Die Umstehenden guckten weg oder rollten die Augen. Dem alten Kämpen hatte offenbar die Hitze arg zugesetzt, seuzften die einen. Doch hatte es bei ihm schon weniger gebraucht, um eine seiner berühmten „Falkiaden“ auszulösen, murmelten andere.

Plötzlich riss Falk Barborn die Augen auf, gab seinem Pferd die Sporen und ritt mit gezogener Waffe auf das Holzkonstrukt zu. „Jetzt gilt’s! Der Drache wankt! Er zieht schon ein Bein nach!“ Die Menge, die sich auf der einen Seite des „Drachen“ versammelt hatte, stob auseinander. Sofort rannten die Waffenknechte heran, um zu verhindern, dass der Ritter einen der Gäste verletzte. Doch galoppierte dieser geschickt an allen vorbei und ritt um seinen selbstgewählten Widersacher herum, anstatt auf ihn einzuschlagen. Triumphierend blickte er zurück und reckte seine Waffe in die Höhe. Die Anwesenden machten ihrem Zorn darüber, so aufgescheucht worden zu sein, hingegen lauthals Luft.

Da brach, ohne von einem Streich von Ritter Falks Schwert getroffen worden zu sein, der große Holzdrache plötzlich zusammen und stürzte zur Seite. Ein Aufschrei ging durch die Menge. Wo noch wenige Augenblicke zuvor Dutzende von Leuten gestanden hatten, lagen nun schwere Baumstämme! Schnell eilten Büttel zum Ort des Unglücks. Den Zwölfen sei Dank war niemand zu Schaden gekommen.

Durch sein ungestümes Verhalten hatte Ritter Falk an diesem Tag wohl so manchem das Leben gerettet. Doch war dies kein Zufall gewesen: Ibralosch Sohn des Ingrasch, einer der angereisten Angbarer Sappeure, deutete auf einen der ehemals tragenden Balken des „Drachen“, der eingesunken und abgebrochen war. Das war es wohl, was Ritter Falk mit dem Bein gemeint hatte! Während die anderen ob der Sonne die Augen zugekniffen hatten, war ihm aufgefallen, dass etwas nicht stimmte.

Als diese Einzelheiten ans Licht kamen, ließ der Gastgeber den Siebentaler hochleben und ernannte ihn zu seinem Ehrengast. Geros Sohn Holdwin lobte Falk Barborn dafür, das Richtige auch dann gemehretan zu haben, als man an ihm zweifelte. Der Ehrengast schaute etwas verwirrt und entgegnete dann, dies sei doch selbstverständlich — er sei schließlich ein Ritter und erfahrener Kämpfer!

Daraufhin fragte Holdwins Knappe Angrawen II. Amadan von Vairningen den Ritter Falk, welche anderen Taten er bereits vollbracht habe. Der Angesprochene sprach mit feierlichem Ernst: „Ich habe für Fürst und Heimat gekämpft, schon damals gegen die Orken!“

Nach der Ehrung erzählte Ritter Holdwin seinem Knappen von der Schlacht am Nebelstein, in der 42 Koscher Ritter gefallen waren und nach welcher der gute Fürst Blasius lange Zeit verschollen blieb. Der Ritter Falk aber, der mit Seiner Durchlaucht geritten war, wurde damals verwundet. Da wollte der Hinterkoscher Knappe wissen, warum so viele Leute hinter seinem Rücken über einen verdienten Veteranen schmunzelten, der in einer wichtigen Schlacht sein Leben riskiert und seine Gesundheit gegeben hatte. Darauf wusste in dieser Stunde jedoch niemand eine Antwort, und so manch einer schaute beschämt zu Boden.

Am Ende hatte Ritter Falk Barborn zu Siebental nicht nur Mut bewiesen, sondern so manchen auch Demut gelehrt. So kam es, dass er auf dem Turnier die ritterlichen Tugenden gezeigt hatte, ohne einen einzigen erfolgreichen Schlag führen zu müssen.

Gobrom Findling