Wengenholmer Geister - Im Borrewald
Teil der Briefspielgeschichte "Wengenholmer Geister"
Wengenholmer Geister - Nach Ilmenheide | Wengenholmer Geister - Im Wald da ist es einsam |
Borrewald, Ende Firun1041
Der Bergvogt hielt sich in der ersten Reihe der Gruppe, behielt den Kopf beständig oben und spähte die umliegende Umgebung ab, während andere nach Spuren suchten. Die Gandrasch trug er griffbereit, gespannt über der Schulter. Nachfragen betreffend der widrigen Witterung, welche für die Sehne schädlich sei, hatte Tharnax nickend bestätigt und zwinkernd angefügt, dass er zwei weitere dabei habe und dort am Leibe trüge, wo es am wärmsten sei.
Robans Kopf hingegen wanderte auf und nieder. Sonst eher umtriebig wirkte er jetzt ruhig, fast behäbig, und ignorierte entsprechende Sticheleien in seinem Rücken. Jede Unebenheit im Schnee würdigte er zumindest eines Blickes, und immer wieder glitten seine Augen über das Unterholz. Zwei Male stieß er auf eine Wildfährte, die er aber mit einem enttäuschten Knurren links liegen ließ – nach vierbeiniger Jagdbeute schien ihm nicht zu sein. Erst in den notwendigen Pausen wurde er wieder zum Antreiber, dem jede verlorene Sekunde zu viel erscheinen mochte. Aber der in den Verwehungen hüfthohe – Tharnax hätte er dort wohl bis ans Kinn gereicht – Schnee nötigte ihnen bei aller Entschlossenheit diese kurzen Unterbrechungen ab.
Schließlich war es Gilborn, der kurz nach dem Mittag eine Entdeckung machte und Roban zu sich winkte.
„Für was haltet Ihr das?“ fragte er und deutete auf einige parallele Linien im Schnee.
„Für die Mutter aller Anfänger im Spuren verwischen“, grinste der Grobhänder. „Der alte Schleif-einen-Tannenast-am-Hintern-hinter-dir-her-Trick. Und der Ast hatte nicht mal genügend Äste. Der Depp hätte auch gleich Wegweiser aufstellen können!“
Halmar war neben die zwei getreten, sein Blick folgte der wirklich viel zu deutlichen Spur der Tannenäste im Schnee. Hier und dort waren noch die Mulden erkennbar, in denen vor der Begegnung mit den Ästen Fussabdrücke gewesen sein mussten. Der Ast war erkennbar zu leicht gewesen, um den Schnee wirklich durcheinander zu wirbeln und die Spur damit unkennbar zu machen. Wer auch immer sie hatte verwischen wollen, es war kein Veteran gewesen.
„Die Spur kann noch nicht alt sein“, murmelte er halb zu sich selbst. „Heute Nacht hat es geschneit, und der Neuschnee hätte selbst eine noch so schlecht getarnte Spur verdeckt. Also ist sie erst nach Sonnenaufgang entstanden.“
„Zwei Personen“, knurrte Roban und deutete nach vorn. „Sie sind hintereinander gegangen, aber die eine Spur ist größer als die andere. Regelrechte Quadratlatschen. Wer die in den Wald getrampelt hat, ist entweder sehr groß, oder er hat Mauken in Trollgröße!“
„Oder die Schuhe eine größeren Mannes genommen und gegen die Kälte mit Stroh ausgestopft“, schlug Tharnax vor, und Roban nickte bedächtig.
„Finden wir es raus, Herr Bergvogt!“ Er grinste den Angroscho an und setzte sich neben der Fährte gehend wieder in Bewegung.
Es dauerte eine ganze Weile, bis die Gruppe sich schließlich, den Spuren folgend einer Lichtung näherte. Zu aller erst viel ein großer Felsbrocken auf, der die kleine Siedlung unter sich überschattet. Für diese Gegend ungewöhnlich schien das Dorf aus einigen wenigen Hügelhäusern zu bestehen aus deren Kamine kleine Rauchschwaden aufstiegen. Trotz des Schnees wirkte das Dorf eher unordentlich und war von seinen Bewohnern wohl nicht sehr gut gepflegt worden. Hier und da hing ein Gartenzaun schief, oder es fehlten gar einige Zaunlatten, auch die vielen Obstbäume wirkten eher ungepflegt. Am Rand des Dorfes drehte ein einzelner Wächter seine Runden, während eine andere Gestalt auf dem Felsen auf und abging. Im Dorf unterhielt sich eine kleine Gruppe angeregt. Allen Anwesenden war gemein, dass sie nicht dem kleinen Volk angehörten und soweit sichtbar gut bewaffnet waren. Wappen, oder gar Banner waren keine zu sehen und dennoch waren die Anwesenden zu gut gekleidet und ausgerüstet als das es sich weder um die Gründer dieser Siedlung, noch um gemeine Strauchdiebe handeln konnte.
“Zu viel Waffenvolk. Das gefällt mir nicht. Wir sollten sie ausspähen, bevor wir uns nähern”, gab der Bergvogt seine Meinung nach dem gesehenen zum Besten. “Oder wir wählen die etwas provokantere Variante, versuchen sie herauszulocken und legen ihn einen Hinterhalt im Wald, nur um vernünftig mit ihnen zu reden natürlich. Für den Notfall bin ein ganz passabler Fallenbauer.”
„Eine Falle für so viele Leute?“ Roban grinste. „In ein paar Tagen dürfte eine ausreichend große Fallgrube fertig ausgehoben sein! Oder ein Netz von der Größe eines Schankraumes geknüpft. Nee, anlocken erst, wenn wir wissen, dass wir die Bande auch an den Klötzen haben!“
„Könnt Ihr Euch eigentlich auch angemessen artikulieren?“ flüsterte Niam von Grimsau.
„Sicher, an jedem dritten Praiostag!“ konterte Roban, immer noch grinsend. „Heute geht Ihr leider leer aus. Fragt sich, was das Wetter macht!“
Er richtete den Blick ans Firmament, wo ein einheitliches Grau in Grau zu sehen war.
„Wenn es schneien würde, kämen wir auf jeden Fall näher ran, ehe man uns bemerkt.“
„Pech für Euch“, bemerkte Halmar von Sindelsaum. „Firun scheint für heute kein Interesse daran zu haben, uns nach der herrlichen Spur auch noch eine Sichtdeckung zu schenken.“
Der Bergvogt wartete geduldig bis die die Großlinge fertig waren. “Ich denke nicht, dass sie geschlossen ausrücken und den Weiler ungeschützt zurücklassen, wenn wir ihnen einen Brocken hinwerfen, aber sei es drum, mir behagt die Idee auch nicht sonderlich. Es ist besser, wenn wir uns erst ein Bild der Situation machen, bevor wir in Unwissenheit einen Fehler begehen”, gab Tharnax zur Antwort.
Dafür wurde es bald Dunkel und da es scheinbar bei den beiden Posten blieb entschloss man sich in das Dorf zu schleichen, während der Großteil der Gruppe Wache schob um Rückendeckung geben zu können. Die Bewohner des Ortes hatten sich jedenfalls in drei Hügelhäuser zurückgezogen, war es doch erneut bitter kalt, ein Umstand der das warten und ausspähen nicht besonders attraktiv machte.
Die Kälte war auch den voll Ungeduld wartenden Adligen in die Knochen gefahren. Zwar hatte man sich immer wieder auf dem Beobachtungsposten abgewechselt, damit jeder mal die Gelegenheit hatte, sich abseits der Ansiedlung durch Trampeln auf der Stelle zumindest notdürftig aufzuwärmen, dennoch sehnte jeder den Moment herbei, an dem man sich an ein echtes Feuer würde setzen können.
Schließlich war der Moment gekommen. Die Wachposten entzündeten zwischen den Häusern ein kleines Feuer, machten sich aber nicht Mühe, seinen Schein zu verbergen. Offenbar fühlte man sich ziemlich sicher auf der Lichtung.
„Also, machen wir uns auf die Socken, Herr Bergvogt?“
„Ich bin nicht besonders gut in Heimlichkeit, Herr Ritter“, brummte Tharnax leicht unwillig. „Das liegt Angroschs Kindern nicht.“
„Ein wahres Wort!“ Das Grinsen des Ritters war zwar nicht zu sehen, aber beinahe körperlich zu spüren. „Aber eine hervorragende Sicht im Dunkeln, die liegt dem Kleinen Volk! Und als Rückendeckung hätte ich gern jemanden, der auch bei derart beschissenen Sichtverhältnissen noch sicher schießen kann.“
Tharnax brummte erneut und strich sich kurz über den Bart, ehe er nickte.
„Dann sei es so“, stimmte er zu und zog die Armbrust hervor. „Ihr geht voran, ich folge möglichst unauffällig.“
„Unauffällig – das ist das Stichwort!“ Roban ließ seinen Rucksack zu Boden und fing an zu wühlen. Dann förderte er zwei weiße Bündel zu Tage. „Hier. Das hilft beim Unauffälligsein!“
Tharnax betrachtete die Stoffbahn, die ihm der Ritter in die Hände gedrückt hatte.
„Ein Bettlaken? Ein merkwürdiger Großling seid ihr, fürwahr! Ich habe schon viel gesehen in meinem Leben, aber ein Ritter, der sich unter einem Bettlaken verkriecht…“
Roban warf sich sein eigenes Laken wie einen Umhang über und stopfte die Enden notdürftig unter der eignen Kleidung fest.
„Ich kenne so manch einen Adligen, der sich in der eigenen Bettstatt verschanzt hat. Wir zwei werden uns aber nicht förmlich belagern lassen unter diesen Dingern. Nur so lange, bis wir wissen, was wir wissen wollen!“
Mit diesen Worten huschte der Moorbrücker in das Dunkel davon. Seine Gestalt verschmolz förmlich mit dem Weiß des Schnees auf Erde und Bäumen, und auch der Bergvogt war nach wenigen Schritten nur noch dann zu erkennen, wenn man genau hinsah.
Es dauerte mehrere Minuten, bis die zwei den Rand des von den erleuchteten Fenstern erzeugten Lichtkreise erreicht hatten. Sie bewegten sich trotz der Kälte langsam, verharrten immer wieder geduckt und spähten in das Halbdunkel hinein. Die Wachen schienen sie nicht noch nicht bemerkt zu haben, dennoch blieben die zwei Späher fast eine Viertelstunde an ihrer Position liegen, bis die zwei Wachleute ihre Runde beendet hatten und wieder von vorn anfingen. Die Wache auf dem Felsen schien sich nicht zu bewegen, trampelte aber immer wieder auf der Stelle – offenbar war die Kälte sein größter Gegner, und dort oben war er dem Wind schlimmer ausgesetzt als seine Kameraden weiter unten.
Roban knuffte Tharnax in die Schulter und deutete auf eines der etwas weiter abseits stehenden Gebäude.
„Da fangen wir an“, murmelte er. „Wir haben knapp zehn Minuten, ehe die Wachhunde da noch mal vorbei gehen.“
„Wenn sie immer die gleiche Runde drehen“, gab der Bergvogt zu bedenken, folgte dem Ritter aber, als dieser sich langsam, jede Vertiefung des Schnees ausnutzend, an das Haus heran arbeitete. Dort angelangt warteten sie wieder eine Minute und blickten erst in die Fenster, als sich im Ort nichts regte.
„Scheint keiner daheim zu sein.“ Tharnax reckte sich, um besser sehen zu können.
„Bestimmt alle im Haupthaus beim Saufen“, kicherte Roban leise. „Bleibt ihr hier. Ich seh mich mal in der Butze um.“
Ehe Tharnax protestierten konnte, war Roban um die Ecke, und nur Sekunden später konnte Tharnax sehen, wie er in den einzigen Raum trat, sich sichernd umblickte und dann ebenso rasch wie unauffällig diverse Gegenstände untersuchte. Trotz der Kälte lief Tharnax der Schweiß über den Rücken. Wenn jetzt einer der Bewohner zurück kam, weil er sich schlafen legen wollte, etwas vergessen hatte…
Umso aufmerksamer starrte Tharnax in die zunehmende Dunkelheit. Für einen Moment glaubte er, einen Schatten zu sehen, der sich zwischen den Hütten bewegte, und brachte schon die Armbrust in Anschlag. Dann runzelte er die buschigen Brauen. Die Person schien ebenso durch den Ort zu schleichen wie sie selbst – noch ein Späher? War einer der Kameraden ihnen gefolgt? Oder waren sie doch bemerkt worden, und der Feind versuchte jetzt, sie unauffällig einzukreisen, um sie lebend gefangen zu nehmen?
Aber noch ehe etwas derartiges passierte, war Roban schon wieder bei ihm.
„Völliger Reinfall“, brummte er. „Hätte genauso gut einen Schlafsaal in Auersbrück filzen können. Also, gleich weiter!“
Schon huschte Roban davon, Tharnax gleich hinter ihm.
„Der Krug geht so lange zum Munde, bis man bricht!“ erinnerte der Angroscho den allzu umtriebigen Ritter. „Je länger wir uns hier herumtreiben, desto größer die Gefahr, für uns und auch für die anderen!“
„Jajajaja“, flüsterte Roban, „aber wenn wir gar nichts rauskriegen, war die Gefahr für die Katz!“ Wieder lugte der Ritter durch ein Fenster und zog den Kopf gleich wieder zurück.
„Was ist?“ raunte Tharnax.
„Vier Mann in der Bude. Eine von den Visagen habe ich in Auersbrück bei diesem Alphak gesehen, jedenfalls würde ich meinen Hintern darauf verwetten!“
Auch Tharnax riskierte einen Blick.
„Gut ausgerüstet die Bande“, stellte er fest. „Und sitzen auf gepackten Bündeln. Waffen und Rüstzeug liegt bereit, wie auch Verpflegung und sogar ein paar Mullbinden. Als wolle man in eine Schlacht ziehen, und das bald!“
„Die andere Kafitte machte den gleichen Eindruck“, erklärte Roban. „Wie ein Quartier kurz vor einem Feldzug. Gepackte Klamotten, geölte Eisen, alles klar zum Schädelspalten. Weiter – ich will wissen, wem der zu spaltende Schädel gehört!“
„Großlinge! Werfen ihr ach so kurzes Leben auch noch weg!“ seufzte Tharnax, blieb Roban aber auf den Fersen, als dieser sich durch die Schatten an das größte Haus heran schob.
Als von innen die Tür geöffnet wurde, ließen die zwei Späher sich flach in den Schnee fallen. Eine bange Sekunde verstrich, doch aus dem Inneren des Gebäudes klang nur Gelächter und das Geklapper von Bierkrügen.
„Geh für mich mit!“ gröhlte jemand, ehe die Tür zufiel und zwei Schatten offenbar ein ruhiges Plätzchen aufsuchten, um ein dringendes Bedürfnis zu befriedigen.
„Gerwulf und Alphak“, brummte Tharnax. „Habt Ihr die zwei gesehen?“
„Die zwei Arschgesichter am mittleren Tisch? Sicher! So hässliche Fressleisten vergisst man so bald nicht. Schade, dass sie alle da drin bechern. Was würdet Ihr schätzen – wie viele Leute kriegt man in die Hütte?“
Tharnax schätzte die Größe des Gebäudes, für einen Angroscho kein großes Problem. Das der Innenraum gut gefüllt waren, hatten sie schon sehen können.
„Fünfzehn Mann, dazu die beiden, die gerade raus sind, zwei Wachleute hier unten, einer auf dem Felsen, also insgesamt gute zwanzig Bewaffnete, vielleicht ein paar mehr!“
„Da kam ich auch drauf. Auf jeden Fall zu viel für einen Frontalangriff. Ich überlege, ob wir einen von den Burschen kassieren, wenn sie vom Pissen zurück kommen…“
„Seid Ihr völlig verrückt geworden. Bei dem Schnee werden wir unsere Spuren niemals verwischen können, zumindest nicht so gründlich, dass man uns bei Sonnenaufgang binnen weniger Stunden eingeholt hat. Dann wäre ein Kampf unvermeidlich.“
Roban knirschte vernehmlich mit den Zähnen.
„Leider stimme ich zu. Also, machen wir uns vom Acker. Die Wachleute müssten jetzt rahjawärts der Ortschaft sein, wir verdrücken uns also gen Efferd, immer weiter schön durch die Schatten. Der liebe Boron hat Phexens Sternchen zugedeckt, es ist dunkel wie im Hühnerarsch – sollte kein großes Problem sein!“
Ein Problem war es tatsächlich nicht, dennoch verging eine halbe Stunde, ehe man den schützenden Waldsaum erreicht. Die Nasen- und Fingerspitzen der zwei waren mittlerweile völlig taub, dennoch hatten sie das Gefühl, dass die Entbehrung sich gelohnt hatten.
Die anderen Adligen hörten aufmerksam zu, als sie, mit einem genügenden Abstand zum Dorf, Bericht erstatteten.
„Hattet Ihr Gelegenheit, die Waffen zu inspizieren?“ wollte Gilborn Bockling von Bilchtrutz
wissen. „Waren es solche, wie wir bei den Angreifern auf Ilmenheide gesehen hatten?“
Roban schüttelte den Kopf.
„Nein. Alles wohl gute Qualität, aber die Schmiedestempel, so weit ich sie kannte, stammten alle aus den Koscher Landen. Ich habe auch einen Geldbeutel durchsucht, aber das Geld war im Kosch oder Garetien geprägt worden. Keine Kohle aus dem Hinterkosch dabei!“
„Also keine Spur von Harrad?“ stellte Halmar die Frage die ihnen alle auf den Fingern brannte, als Roban den Kopf schüttelte machte sich Ratlosigkeit in der Runde breit. Wie sollte es jetzt weitergehen? Hier kamen sie offensichtlich nicht weiter, dafür waren sie aber alle nah an einer Erfrierung.
„Wir müssen hier weg und uns einen Lagerplatz suchen.“ Stellte Boromil vom Kargen Land fest und nicht nur Ingramosch Grambart nickte heftig. „Warum hast du dich den zeitweilig deiner Verkleidung entledigt Tharnax?“ fragte der Hügelzwerg den anderen Angroscho. Als dieser verwirrt dreinschaute beschrieb Ingramosch die Stelle an der er gemeint hatte Tharnax gesehen zu haben. „Also ist da doch noch jemand rumgeschlichen!“ grummelte Tharnax.
„Ich habe mich zu keiner Zeit meine Tarnung entledigt. Komm“, forderte der Bergvogt Ingramosch kurzentschlossen auf, „wir sehen uns einmal an, wer dort draußen noch so rumgeschlichen ist. Vielleicht können wir ja jemandem auf den Zahn fühlen.“ Beim letzten Satz tätschelte Tharnax den schweren Kopf des Hammers, welcher in einem Ring in seinem Gürtel steckte.
Nachdem der Bergvogt eiligst trockene Kleidung angezogen hatte, machten sich die beidem Angroschim daran, der Beobachtung Ingramoschs auf den Grund zu gehen. Mit bereits erprobter Tarnung schlichen sie wiederum Richtung Dorf.
Je näher sie kamen, desto mehr zügelten sie die Flamme ihrer Sturmlaterne. Die Gefahr entdeckt zu werden wollten sie nicht eingehen. Die Häuser jedoch lagen inzwischen ruhig dar. Fast kein Geräusch war mehr zu vernehmen. Nur der Rauch aus den Schornsteinen, welcher sich gegen den fahlen Himmel undeutlich abzeichnete deutete noch auf Leben hin. Tharnax indes wusste das Wachen unterwegs waren, deswegen blieben sie im schützenden Dickicht des Wald.
Seite an Seite umrundeten sie die Ortschaft und versuchten Spuren im Schnee, oder an dem Geäst des Unterholzes auszumachen. Tharnax konnte die Fussabdrücke seines eigenen, vorherigen Besuchs relativ leicht ausmachen, wusste er doch wo sie gewesen waren. Etwas anderes fanden sie jedoch lange Zeit nicht.
Fast schon hätten sie aufgegeben, als Ingramosch auf einmal die Hand hob, stehen bleib und in die Knie ging. “Hast du was”, fragte der Bergvogt mit leicht erregter Stimme. Der Angesprochene antwortete zunächst nicht, sondern deutete nur auf einen tiefen, aber kurzen Fußabdruck im Schnee. Er beugte sich noch tiefer herunter und während Tharnax Richtung Dorf spähte und ihm Ingramosch ein Zeichen gab, dass die Luft rein war, machte dieser mehr Licht.
“Unzweifelhaft, ein Bruder oder eine Schwester. Die Spur führt vom Dorf weg”, fasste er die Entdeckung zusammen und drehte die Flamme bereits wieder runter. “Los, wollen wir doch Mal sehen, wohin die Abdrücke und führen”, munterte der Bergvogt den Jüngeren auf, doch das war nicht nötig, auch Ingramosch wollte jetzt wisser wer möglicherweise ausgekundschaftet hatte, dass sie das Dorf in Augenschein genommen hatten. Eine durch ihren Fund bestätigte Bedrohung lag in der Luft.
Sie folgten den Spuren einige hundert Meter durch den dunklen Wald, welcher immer dichter wurde, je weiter sie gingen. Die Richtung war nicht die ihres Lagers, sondern führte sie weiter davon weg. Ein Umstand der aber noch keine Entwarnung verhieß. Bei Nacht waren Spuren nur sehr schwer auszumachen, wer wusste schon was sie noch übersehen hatten. Tharnax und Roban hatten schließlich auch nichts bemerkt. Allein Ingramoschs Aufmerksamkeit was es zu verdanken, dass sie nun hier waren.
Doch es half nichts. Sie mussten die anderen holen. Alleine weiter zu gehen und sich möglicherweise Meilen weit von ihnen zu entfernen machte keinen Sinn. Wenn sie etwas bedeutendes finden würden, konnten sie ja schlecht die ganze Strecke zurück eilen, nur um sie zu holen. Mal ganz davon abgesehen, wenn sie auf Widerstand stoßen würden.
Nach einem kurz gehaltenen Informationsaustausch im Lager der Edelleute, zog man schließlich mit einvernehmen gemeinsam weiter. Man nahm die Fährte wieder auf. Diese folgte alsbald einem kleinen Bachlauf. Das kleine Rinnsal meanderte im leicht abfallenden Gelände grob in Richtung Firun und die Spuren verliefen stets parallel.
So ging es tatsächlich über einige Stunden weiter, bis man im Morgengrauen beschloss eine Rast einzulegen. Die Gefährten benötigten dringend Schlaf, sonst würden sich irgendwann Fehler einstellen. Deren Folgen konnten gravierend sein.
Man stellte eine wechselnde Wachen auf, entfachte ein kleines Feuer, welches dank des dichten Waldes und dem ohnehin diesigem Himmel an diesem Tag kaum auffallen mochte. Nach einem kargen und eher stumm eingenommenen Mahl und viel heißem Tee, um die Lebensgeister in der Kälte neu zu beleben, ging es zu Beginn der Praiosstunde weiter.
Schliesslich, man war noch kein volles Stundenglas wieder unterwegs, lichtete sich der Wald langsam und aus ihrer Laufrichtung waren gedämpfte Geräusche zu vernehmen, sowie einige Feuer durch die Bäume hindurch zu sehen.