Die schwarze Ritterin

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Ausgabe Nummer 13 - Praios 1019 BF

Die schwarze Ritterin

Just in diesem Moment als der Turniermarschall den Namen Gelphardt von Stolzenburg als Finalteilnehmer verkündete, galoppierte ein Ritter in schwarzer Rüstung, bar jeden Wappens auf den Turnierplatz. Rechts und links stieben die Menschen beiseite, als der Ritter die Lanze anlegte, auf die aufgestellten Wappen zustürmte und mit einem gezielten Stoß den Wappenschild des Stolzenburgers in den Staub warf.

Erschrocken fuhren die Gäste auf, manch Krieger griff zu seinem Schwerte; dies war gewiß nicht eine neuerliche Kündung des Boten, was aber dann? Gar ein daimonischer Bote aus den finstren Niederhöllen, der Unheil bringen sollte über des Fürsten Fest? Welchen Händel gab es auszutragen, warum mit Ritter Gelphardt von Stolzenburg, oder war er nur der erste?

Der schwarze Ritter zügelte sein Pferd und schritt langsam hin zu des Fürsten Tribüne, vor die versammelten Edlen und Kämpfer Koschs. Ritter zogen ihre Schwerter, doch bevor noch eine Waffe zum Kampf gehoben wurde, ergriff Cantzler Duridan von Sighelms Halm das Wort: „Erklärt Euch Ritter! Was stört Ihr den Frieden dieser Turnei? Ihr kommt spät, falls Ihr gedenkt mitzustreiten unter den edlen Rittern hier. Wenn Ihr von Ehre seid, so gebt Euch zu erkennen und nennt Euren Namen und Euer Begehr und wir wollen Ratschluß halten.“

„Mein Wappen wurde wider alle Gerechtigkeit entehrt und in den Schmutz gezogen von ehrlosen Schurken, welche Euch zur Seite sitzen“, unterbrach eine Frauenstimme den Cantzler, „gegen die Verleumder, die das Unheil über meine Familie brachten, selber, kann ich hier nicht streiten, doch gegen den, der ihre Farben trägt. Gegen das Symbol meiner Demütigung will ich in die Schranken treten!“ und richtete ihre Lanze gen Gelphardt von Stolzenburg, den Vogt zu Albumin.

Unruhe ergriff die Gäste auf der fürstlichen Tribüne. Sprachlos und sichtlich verwirrt erhob sich Baron Karras von Roterz, der, linker Hand neben Cantzler Duridan sitzend, wohl überlegte, ob er einen Zwist haben könne mit der schwarzen Ritterin. Diejenigen jedoch, die sich daran erinnerten, wessen Farben Gelphardt von Stolzenburg mit ins Turnier führte, schauten hin zu Gräfin Ilma von Wengenholm, die bar jeder Regung auf ihren Ritter starrte.

„Eure Herausforderung ist ein Affront, sie ist wider jegliche...“ „So sei es!“ übertönte Ritter Gelphardt den Cantzler. „Kein Makel haftet an meinem Wappen und ich werde meine Ehre und die meiner Herrin gegen jedwede dahergelaufene Verleumderin verteidigen! So kommt denn und erhaltet Eure Lektion, wer immer Ihr auch sein möget“, wendete sein Roß und machte sich bereit, erneut in die Schranken zu reiten. Die schwarze Ritterin tat’s ihm gleich. „Bedenket der Turniergesetze“, versuchte Ritter Duridan die Kontrahenten noch zu zügeln, doch fast jedermann sonst schaute gebannt auf die Reiter.

Gelphardt von Stolzenburg schloß das Visier und gab seinem dunkelbraunen Tralloper die Sporen, während von der anderen Seite das große, dunkelrote Elenviner-Roß mit seiner nachtfarbenen Streiterin heranflog. „Bei Praios’ Ar...“, entfuhr der ausgesprungenen Obristin Govena Glaldis von Hirschingen-Berg, ein alter Soldatinnenfluch, doch was sie wohl meinte, konnte zu diesem Zeitpunkt niemand deuten. Lanzen krachten auf Schilde, Reiter wurden durchgeschüttelt, doch keiner fiel. Nur das schwarze Tuch über der Ritterin Schild riß auf, Weiß und Rot schimmerte dahinter.

Ein zweites Mal stürmten die Widersacher aufeinander zu. Wider krachten Holz und Metall. Die Lanze des Wengenholmers brach an dem Schild der Ritterin und um ein Haar wurde Gelphardt von Stolzenburg beinahe aus dem Sattel gehoben. Den Hals seines Rosses umklammert errreichte er mühsam seine rettende Seite. Blut rann aus einer Wunde an seiner Schulter, doch er richtete sich wieder auf und ließ sich eine neue Lanzen reichen, während auf der anderen Seite seine Gegnerin das Tuch gänzlich vom Schilde riß und das Wappen des geächteten Hauses Jergenquell freigab.

Erregung verbreitete sich auf den Rängen und die allgemeine Unruhe verschluckte einzelne Rufe und schon ritten die Kontrahenten ein drittes Mal gegeneinander. Behindert durch seine Verwundung hing der Schild des Wengenholmers tief, zu tief; unbarmherzig traf die Lanze der Ritterin Gelphardt von Stolzenburg mitten auf der Brust und schmetterte ihn in den Staub des Geläufs, während seine eigene Lanze harmlos vom gegnerischen Schild abblitt.

Einen kurzen Blick warf die Ritterin ihrem darniederliegenden Kontrahenten zu, wandte sich Ehrenrängen zu, nahm ihren Helm ab und warf diesen achtlos beiseite. Schwarze Locken zeigten sich, als unter dem Helm das Gesicht Selissas von Jergenquell zum Vorschein kam.

„Ergreift sie!“ gellte die Stimme der Wengenholmer Gräfin als erste, und mehrstimmig wurde dieses wiederholt. „Unsere Ehre wird wieder hergestellt und das Unrecht gesühnt“, entgegnete Selissa von Jergenquell. „Dies war nicht das letzte Mal!“ rief sie noch, als sie bereits, den sich ihr nähernden Kämpen und Soldaten ausweichend, davonstürmte.

Samt Rüstung sprang sie mit ihrem Roß über eine acht Spann hohe Hecke und preschte hinunter in Richtung See, hinein in einen dichten Nebel. In diesem Nebel, der gewißlich nicht natürlichen Ursprungs zur nachmittäglichen Stunde über dem Ufer des Angbarer Sees stand, entkam die gesuchte Answinistin und wurde auch danach nicht mehr gesehen.

Das Pferd — es stellte sich heraus, daß das Streitroß der Fuchs einer Ferdoker Lanzerin war, dessen Fell dunkel gefärbt wurde — wurde noch am selben Tag auf einer Wiese vor dem Schloß grasend aufgefunden. Anschuldigungen hinsichtlich einer etwaigen Kollaboration mit ihrer ehemaligen Kameradin wiesen die Gardefrauen strikt von sich.

Die Blaue Gruppe

Mit deutlicher Verspätung mußte die letzte Gruppe der Lanzenreiter dieses Tages beginnen. Das Interesse der Koscher und insbesondere das ihres Fürsten war indes trotz allem ungebrochen, so ließ es sich Fürst Blasius vom Eberstamm nicht nehmen, jeden Teilnehmer dieses Ganges persönlich zu begrüßen.

Dort war zunächst Ritter Pasqua von Malkid, ein aufgeblasener Almadaner, der mit Parinya von Âvena, Hauptfrau und eine der Besten der Ferdoker Garde, direkt auf eine Favoritin dieses Wettbewerbes treffen sollte. Ritter Urguluk von Dahrendorf war eine weitere große Hoffnung der Koscher Ritterschaft, wie auch Prinzessin Efferdane von Eberstamm-Mersingen. Ihr wünschte Fürst Blasius ebensoviel Glück wie seinem Verwandten, dem Fürstenhorter Burgsassen Kuniswart von Eberstamm und OchsenblutElwart vom Hochfeld, Idamil von Lutzenstrand, Lieutenant Dania Singer und nicht zuletzt der Ritter Falk Barborn waren die weiteren Koscher Vertreter. Auch vergaß er nicht die schöne Trollzacker Baronin Galana Fay und den rauhen Krieger Torben Gorbal, hatte letzterer doch Roß und Rüstung aus der fürstlichen Zeugkammer gestellt bekommen.

Im ersten Aufeinandertreffen mußte Ritter Pasqua von Malkid sein unglückliches Los bereits bedauern; er wurde von der Ferdoker Hauptfrau derart heftig getroffen, daß er weit vom Pferd flog und erst in der nächsten Bahn bewußtlos liegenblieb, womit dieser Wettbewerb für ihn beendet war. Auf der anderen Seite hatten sich Ritter Falk Barborn und Lieutenant Dania Singer gegenseitig aus den Sätteln gehoben. Der als Kämpfer mit dem Zweihänder gewißlich überlegene Ritter Falk bot der Lanzerin einen zweiten Gang zu Pferde an — und verlor kurz darauf.

Die folgenden drei Aufeinandertreffen mit Galana Fay, Torben Gorbal und Kuniswart von Eberstamm-Ochsenblut beendete der Ritter zu Siebental erfolgreich, im letzten Durchgang ging er wieder gleichzeitig mit wikav:Torjin von Illmensen zu Boden. Einen weiteren Gang zu Pferde lehnte er diesmal ab; es folgte ein harter Kampf mit dem Zweihänder — das Ende für den wackeren Siebentaler.

Am Ende hatte Hauptfrau Parinya von Âvena alle ihre Widersacher besiegt und war mit Ritter Urguluk von Dahrendorf, der sich nur einmal geschlagen geben mußte — gegen Baronin Galana Fay — sicher für die Finalrunde qualifiziert. Vier weitere, Ritter Torjin von Illmenssen, Prinzessin Efferdane von Eberstamm, Baronin Galana Fay und Ritter Falk Barborn hatten jeweils drei Siege erzielt. Da sie drei Lanzen an ihren Gegnern zerbrochen hatte, wurde die Baronin von Gorbingen zusätzlich direkt für das Finale nominiert.