Veränderungen - Zarte Rosen auf Burg Fürstenhort II
Teil der Briefspielgeschichte Veränderungen
Zarte Rosen auf Burg Fürstenhort I | Zarte Rosen auf Burg Fürstenhort III |
Die Bürste glitt durch das seidig goldene Haar. Jileia liebte es die wunderschönen Haare der Erbprinzessin zu pflegen und sie zu immer neuen Kränzen und Zöpfen zu flechten. Prinzessin Nadyana ihrerseits genoss die liebevolle Zuwendung und die anregenden Gespräche. Vor allem ergötzte sie sich am leisen Gesang, den ihre Hofjungfer dabei manchmal anstimmte. Dann schloss sie ihre Augen und träumte von verwunschenen Zauberwäldern oder fernen Landen. Es
seien Lieder der Elfen, hatte ihr Jileia verraten, die sie von ihrem Vater, dem alten Baron von Metenar, als Kind erlernt hatte. Und diese Bilder begleiteten sie seither, wann immer sie die in sich verschlungenen Melodien hörte.
Viel zu schade für die Fürstinmutter, dachte sie sich. Kaum zu glauben, dass die junge Blauendorn einst für das Amt der Gesellschafterin der greisen
Thalessia gedacht war. Das ewig zeternde und altbackene Weib hätte wohl schon bei der Erwähnung des Wortes Elf einen Tobsuchtsanfall bekommen. Wie froh war Jileia, als damals Nadyana an den Fürsten herantrat und darum bat sie zu ihrer Hofjungfer zu machen.
Doch auch Nadyana war froh in Jileia eine gute und anregende Gefährtin gefunden zu haben. In den letzten fünf Jahren war eine zarte Freundschaft zwischen den beiden jungen Frauen entstanden – und beide hatten vieles miteinander erlebt, dem Fürsten oder dem Erbprinzen Anshold hin und wieder einen Streich gespielt, sich gegenseitig gut beraten und manche Sorge und Geheimnis anvertraut. So war es Nadyana durchaus nicht entgangen, dass Jileia seit ihrer Reise ins Galebquellsche etwas verändert zurückgekehrt war, seither immer wieder nachdenklich in die Ferne blickte und dazu neigte rote Wangen zu bekommen, wenn sie bestimmte Themen ansprach ... und sie kannte mittlerweile auch den Grund...
Es klopfte an der Tür. Jileia reichte der Prinzessin ihren Umhang und schickte sich selbst an sich in das Nebenzimmer zurück zu ziehen.
„Hofjungfer Blauendorn, so bleibt bitte“, sprach der
Fürst in freundlichem Ton, „hier ist ein junger Mann, welcher der Erbprinzessin und Euch seine Aufwartung machen möchte...“
Verwundert blickten die beiden edlen Damen sich an, als der Fürst auch schon Platz machte und der angekündigte junge Mann den Raum betrat. Jileia erkannte ihn sogleich – Roklan von Leihenhof, jener Sohn des Barons von Galebquell, welcher ihr vor einigen Wochen die Tage in den Nordmarken aufgewartet hatte. Nadyana erblickte jedoch einen Mann, der ihr fremd war, einen jungen Ritter, hochgewachsen und breitschultrig, aber eher mit der tapsigen urtümlichen Schönheit eines noch nicht ausgewachsenen Hirsches als der vollendeten Kraft eines stolzen Ritters. Hinter ihm betrat eine Frau von nicht einmal vierzig Götterläufen den Raum, gewandet in der Tracht der Perainegeweihten. Sie wirkte ruhig und lächelte insbesondere ihrem jungen Begleiter zu. Nadyanas Schwiegervater stand stolz und unbeugsam wie ein Fels im Raum und schien das Geschehen in freudiger Neugier zu betrachten.
Der junge Ritter nahm nun seinerseits allen Mut zusammen und sprach die beiden edlen Damen an:
„Die Götter zum Gruße, Euer Liebden …", er nickte der Prinzessin zu und schenkte ihr ein schüchternes Lächeln, „… und
edle Jileia von Blauendorn.“
Sein Blick ruhte auf Jileia und da überzogen sich seine Wangen schon mit einer zarten Röte. Doch dann erinnerte sich Roklan an die Etikette.
„Euer Liebden, ich bin Roklan von Leihenhof, Sohn des nordmärkischen Barons von Galebquell und Ritter zu Elenvina.“
Jetzt wusste Nadyana, wen sie vor sich hatte. Zumindest konnte sie sich nun langsam zusammenreimen, weshalb der junge Mann hier war. Ihr Blick glitt mit einem zarten Lächeln zu Jileia.
„Ich grüße Euch, Euer Wohlgeboren. Seid willkommen hier im Fürstentum Kosch, im Namen der Götter.“
Jileias Kehle entkam kein Laut als sie zaghaft nickte. Aus ihren kastanienbraunen Augen sprachen Überraschung und Ungewissheit ... was hatte den jungen Baronet hierher geführt? ... war es etwa ...
Roklan stand nun im Raum. Der Fürst sagte nichts, Nadyana sagte nichts und auch Yvetta sagte
nichts. Keine Aufforderung zum Sprechen, kein anschubsender Stoß in die Rippen.
‚Roklan, du Schaumschläger!’ schoss es dem Baronet durch den Kopf. ‚Du bist Ritter, du hast die …Wölfe … überstanden, du hast den elenviner Hof überstanden, du hast Räuber zur Strecke gebracht. Jetzt reiß dich aber zusammen. Du willst es doch, oder?’
Es war wohl leichter einen Banditen zu töten, als diese Frage zu stellen. Er sah Jileia an, senkte den Blick, doch ihr entging die Röte seiner Wangen nicht. Dann schweifte sein Blick zur Prinzessin.
„Ich … ich …“
Er schluckte und holte noch einmal tief Luft, setzte noch einmal an.
„Euer Liebden …“
Dann sah er wieder Jileia an.
„… liebste Dame Jileia, ich habe den Weg von Galebquell über den Greifenpass bis hierher auf mich genommen, nur um Euch zu sehen. Vor Seiner Durchlaucht Fürst Blasius vom Eberstamm, vor Ihrer Liebden Prinzessin Nadyana von Wengenholm und vor Ihrer Gnaden Yvetta von Leihenhof als Priesterin der gütigen Peraine bitte ich Euch um Eure Hand!“
Roklans Röte wurde dunkler, doch seine Stimme wurde fester. Er nahm nun wirklich allen Mut aus allen verborgenen Ecken seiner Seele zusammen.
„Ich habe so etwas noch nie gefühlt. Seitdem Ihr wieder aus Galebquell fort musstet, vermisse ich Euch. Ich vermisse die Unterhaltungen mit Euch, ich vermisse Eure Klugheit, Euer Lachen, Euer Wesen. Ihr seid liebreizend, klug, schön …“
Roklan hatte nun plötzlich die Rose Baronin Inas in der Hand. Sie war noch immer frisch, denn mit ihrem perainegesegneten Händchen hatte sich Yvetta um dieses kostbare Kleinod gekümmert, auf dass sie immer noch strahlend schön sein möge, erreichte der Zug aus Galebquell die Burg Fürstenhort. Roklan hielt die Rose in der Hand und Jileia erkannte die Blüte als eine aus dem Stock ihrer Schwägerin – hatte Baronin Ina also ihren Segen gegeben? Ina, Graphiel, Großmutter Vasalia ... sie alle mochten schon von dieser Brautwerbung wissen ...
unwillkürlich spannte sich die Stirn Jileias, in ihr mischte sich leiser Zorn in das umhertanzende Gewirr der überschäumenden Gefühle.
Roklan war als könne er die Gedanken Jileias in diesem Moment in ihren dunklen Augen lesen. Er erinnerte sich an seine Reaktion als sein Vater ihm den Rosenritt antrug – an genau die selben Gefühle die nun Jileia in sich trug.
„Bitte fühlt euch nicht übergangen, ihr wisst, dass die Etikette viele Schritte von uns verlangt – doch letztlich bleiben es vor allem wir beide, bleibt es letztlich an euch allein zu entscheiden was ihr wünscht ... wenn ich Euch sage: Demütig bitte ich um Eure Hand, edle Jileia.“
Er sank auf die Knie, ließ die Worte und diese Geste auf die Baronesse wirken. Worte, welche eine Antwort auf die tiefsten Gedanken Jileias zu sein schienen und den Schleier des Zornes zerrissen und den inneren Blick auf orkanumtoste Wogen verschiedenster Empfindungen freigaben.
„Doch ich weiß auch, dass Ihr die treue Dame Ihrer Liebden seid. Ich weiß, dass …“
Er erinnerte sich an die Worte des Fürsten und nun trat der Schalk in seine Augen, ein verschmitztes Lächeln spielte um seine Lippen, „…ich gerade dabei bin, Euch, werte Prinzessin, Eure treue Hofdame zu rauben. Doch tue ich es einzig aus … aus Liebe.“
Er hatte es ausgesprochen. Er war sich nun wirklich sicher. Rahja musste ihm diese Gewissheit gegeben haben. Noch nie hatte er solcherlei gefühlt, doch er ahnte, dies musste die Liebe sein, die Rahja den Menschen schenkte.
„Und daher, Euer Liebden, bitte ich auch Euch, so Jileia denn möchte, um Euren Segen.“
Er wandte sich nun wieder an Jileia.
„Euch soll es an nichts mangeln als Baronesse von Galebquell. Ich liebe euch und ich werde für Euch sorgen, Euch ein gutes Heim bieten, eine
treue Familie – das schwöre ich, so wahr ich hier vor Euch knie.“
Er holte noch einmal tief Luft und bot Jileia die Rose an.
„Wollt Ihr vor den Göttern meine Gemahlin werden?“
Mit einem Moment legte sich der Orkan ins Jileias Kopf – vor ihr lag eine spiegelglatte See aus Gewissheit.
„Seit wir uns vor wenigen Monden erstmals begegneten wollt Ihr meine Sinne nicht
mehr verlassen - der Moment, in dem Ihr mich mit Euren starken Armen vom Pferd gehoben hattet, die Gespräche mit Euch, eure Augen. Doch erst jetzt, da ihr mir bewiesen habt wie gut Ihr meine innersten Empfindungen zu lesen vermögt, wie sehr ihr vielleicht gar selbst die selben Gedanken teilt, sehe ich, wie nahe wir uns wirklich sind...“
Jileia holte sich neue Kraft durch einen weiteren Atemzug bevor sie ihre Worte vollendete.
„... ich will, mit dem Willen von Rahja und Travia!“
Und die Rose aus der Hand des jungen Werbers nahm. Zart berührten sich bei dieser Geste die Fingerspitzen der beiden Liebenden, warm
durchströmte das Gefühl sanften Glücks die beiden. Jileia nahm die Rose entgegen und führte sie an ihr Herz, Roklans Wangen überzog eine weiche und gar niedliche Röte.
Prinzessin Nadyana betrachtete das Glück der beiden Jungverliebten, die sich nun in die Arme fielen. Sie lächelte unwillkürlich, Tränen stiegen in ihre Augen – und auch der Fürst und die Geweihte beobachteten die Szene mir sichtlicher Rührung. So sehr es Nadyana auch schmerzte ihre Gefährtin zu verlieren, was war dieser Verlust gegen das Geschenk der Göttin, welches den beiden Edelleuten nun widerfuhr. Wie könnte sie Jileia im Wege stehen und ihren Segen
verweigern wollen ... und so nickte sie nur mit breitem Lächeln als der Blick Roklans für einen kurzen Moment um ihre Antwort heischte.