Unter dem Hirschbanner - Durch Schnee und Eis
Winter 1033 BF
Graf Jallik von Wengenholm blickte konzentriert auf die Karte und verstellte zwei Märker. „Wenn die Trutzer die Burg Firntrutz verstärken und die Ilmenstieg die Wehr bei Angenfurten sollte es den Vogelfreien nicht möglich sein in unser eigenes Kernland zu fliehen. Die Groinhager hingegen…“ Weiter kam Graf Jallik nicht, denn da stolperte ein entkräfteter Bote in das Kaminzimmer, in dem sich Graf Jallik mit seinen Beratern um den Kartentisch drängte.
Der Bote heftete seinen Blick auf den Grafen, verbeugte sich kurz und begann zu sprechen: „Ich bringe schlechte Nachrichten aus dem Norden. Ritter Boldrich wurde erschlagen und über dem Thurm Harzklamm weht nicht mehr länger das Banner des Hauses Bockzwingel.“
Graf Jallik atmete sichtlich schwer ein. „Was sollen wir dagegen unternehmen?“ fragte er in die Runde.
Feron von Nadoret lächelte innerlich. Seine Stunde war gekommen. Bisher hatte er sein Banner nicht unbedingt mit Ruhm bedecken können. Dieser ärgerliche Streit mit den Sindelsaumern wirkte immer noch nach. Dies war seine Gelegenheit.
„Ich werde mit meinen Leuten aufbrechen und den Thurm aus den Händen der Schurken entreißen.“
Graf Jallik blickte ihn kurz an und nickte dann. „Ich könnte mir niemand geeigneteren vorstellen. Ich werde die Hilfe eures Hauses niemals vergessen. Viele Adlige des Kosches kämpften über den Sommer an unserer Seite, aber nur ihr seit hier geblieben, um dem Feind auch in Eis und Schnee die Stirn zu bieten.“
Feron neigte bescheiden sein Haupt „Eure Stiefmutter war eine von Nadoret. Man mag über uns sagen, was man will, aber wir stehen treu zu unseren Freunden. Ich werde meine Truppen bereitmachen und morgen in aller Frühe aufbrechen. Es sollen keine zwei Wochen vergehen bevor euer Banner über Harzklamm wehen wird.“
Eine Woche später stand Feron mit seinen Truppen vor dem Thurm Harzklamm. Die Räuber hatten sich panisch im Inneren verschanzt. Feron konnte es ihnen kaum verdenken. Es mochten vielleicht ein dutzend von ihnen dort drinnen sein und hier draußen standen siebzig gut ausgerüstete Krieger, die ihnen ans Leder wollten.
Ruhig wägte Feron ab. Eine Leite zu bauen mit der sie auf die Zinnen der Burg klettern konnte wäre wohl kaum möglich. Dafür hätte es schon die beinahe legendäre Leiter des Barons von Geistmark gebraucht.
Angesichts ihrer Übermacht würde es wohl auch ohne die Geistmärker Leiter gehen. Sie würden schlichtweg eine Leiter zur starken Eingangstür stellen, die etwa vier Meter über dem Boden gelegen war und die Tür einschlagen lassen. Während ein Teil seiner Leute dies unternehmen würde würden seine Fußtruppen die Besatzung des Turmes mit Armbrustbolzen eindecken.
Es funktionierte ganz so wie Feron es sich ausgemalt hatte. Der starke Beschuss zwang die Verteidiger sich im Inneren des Thurmes zu verschanzen, während seine Leute die Tür einschlugen. Nachdem seine Armbruster eine Salve durch die aufgebrochene Tür geschossen hatten war es ein Kinderspiel gewesen. Ein paar Verluste hatten sie natürlich hinnehmen müssen, aber das war verkraftbar.
Mit ruhiger Hand verfasste Feron einige wenige Worte, die die Brieftaube zu Graf Jallik tragen würde. „Der Hirsch hat triumphiert!“