Zwergischer Zorn, Rächer in Not

Aus KoschWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Kosch-Kurier8-35.gif

Ausgabe Nummer 17 - Hesinde 1020 BF

Zwergischer Zorn, Rächer in Not

METENAR. Was bisher geschah: Auf dem Hochzeitsfeste zu Metenar, auf dem sich Graphiel Stragon und Ina Lacara die Hand zum Traviabund reichten, war es zum Eklat gekommen, als der Bräutigam den weisen Magus Ceytorax durch Bannstrahler festnehmen ließ. Der Vorwurf lautete auf daimonische Schwarzmagie.

Dies konnte freilich nur der Anfang einer höchst turbulenten und von Zorn und Wut gekennzeichneten Geschichte sein: Baron Barytoc von Bragahn nämlich, langjähriger Freund des Verhafteten, und auch der beiden in Freundschaft verbundene Brautvater und Baron von Metenar, Myros Stragon von Kystral, waren so gar nicht mit der voreiligen Entscheidung des jungen Bannstrahlers Graphiel einverstanden...

Noch während die Festgesellschaft sich auflöste, hatte der zwergische Baron von Bragahn den unverrückbaren Entschluß gefaßt, Ceytorax aus der Hand „dieser lächerlichen Hanswurste in Gold“ herauszuhauen, dem „Verräter“ Graphiel aber wolle er mit eigener Hand den Rachen solange mit Gold füllen, bis „Praios in seiner Gnade den Erstickenden erlöst“! Dies alles aber geschah auf Schloß Ulmenau hinter verschlossener Tür (und es ist wieder einmal nur einem großen Schlüsselloch zu verdanken, daß der geneigten Koscher Leserschaft dieses Detail nicht verborgen bleibt).

Desweiteren brauchte der Metenarer Baron Stunden, seinen zwergischen Freund von dessen „unverrückbaren“ Vorhaben wieder abzubringen. Immerhin ging das Gespräch in ein Tuscheln über, von dem zu mutmaßen ist, daß der iuristisch gebildete Myros, Reichsrichter zu Gareth (!), dem Bragahner Baron allerlei Kniffe mitteilte, bevor er selbst gen Praske aufbrach, um den Kronrat seiner Majestät und die große Heerschau zu besuchen ...

Sicher ist nur, daß Baron Barytoc hernach die Kammer verließ und das Schloß — und beileibe nicht im Flüstertone — nach Graphiel absuchte. Dieser jedoch — so konnte man dem Zwergen an jeder Ecke mitteilen — befand sich bereits im Rhôndurer Praiostempel. Der Götterfürst allein weiß, was der junge Ordensmann in dieser Stunde tat und dachte.

Daraufhin reiste auch die Bragahner Festdelegation ab, wobei ich selbst mich an die Fersen des Barons heftete, der keinswegs — wie man hätte annehmen können — nach Bragahn enteilte, sondern vielmehr sich nach Angbar begab. Er ritt auf seinem robusten Pony die ganze Nacht hindurch und bewies mir, daß seßhafte Zwerge noch lange belastbarer sind als jugendliche Kurier-Schreiberlinge.

In Angbar hielt sich der Baron nicht lange mit den gelangweilten fürstlichen Wachen am Tore auf, sondern begab sich schnurstracks zum Kontor des Hauses Stippwitz, vor dem ich — wie zufällig die Auslagen begutachtend, die der Krämer auf der anderes Gassenseite soeben aufbaute — wartete. Wenig später erschien der reiche Kaufmann Gobrom Junker zu Stippwitz in dichtem Gefolge zum eiligen Zwergenbaron. In einem Schrittempo, wie ich es einem Zwergenbein (ob seiner Kürze) nicht zugetraut hätte, durchmaßen die zwei die Gassen Angbars in direkter Richtung zum hiesigen Praiostempel.

Baron Barytoc wartete nunmehr unruhig auf den Stufen vor dem imposanten Gebäude, während der Junker die Treppen erstieg und im Tempelinneren verschwand. Es dauerte eine ganze Weile, bis wieder etwas geschah, und diese Zeit war für mich wohl lange nicht so zermürbend wie für den Baron, der herrisch auf- und abmarschierte und allerlei Verwünschungen in seinen Bart brummelte (wie ich selbst im Schatten eines abgestellten Karrens noch vernehmen konnte).

Endlich erschien der Junker wieder auf den Stufen und winkte den Baron nach oben. Dieser zögerte zwar, doch entschwand er schließlich auch im Tempel. Da auch in den nächsten Stunden niemand mehr erschien, gab ich meinen Posten auf, um mich im nahegelegenen Steinbrücken mit Kundigen zu beraten — in der Redaction des Kosch-Kuriers. Wohlunterrichtete Kreise konnten uns Aufschluß geben über das Verhalten des Barons:

Vor etlichen Jahren nämlich — es müssen nun zwölf oder mehr sein — lebte unser Hochgeweihter Tarjok Boquoi, der erste der Praiosgeweihten im Fürstentum Kosch, in Bragahn, ehe er vom Kaiser zum Baron von Drift erhoben wurde. Dieses Amt erfüllte er, bis seine Gnaden Wilbur von Zweizwiebeln-Sighelms Halm, Vorsteher der Praioshalle zu Angbar — praioshabihnselig —, in schwerer Stunde vom Götterfürsten abberufen wurde (der Kurier berichtete in seiner sechsten Ausgabe). Nun rückte der Drifter nach. Es scheint also, daß Baron Barytoc in der Angelegenheit seines Freundes Ceytorax seine alten Contacte belebt hat, oder zumindest durch den Junker beleben ließ.

Immerin — drei Tage später wurde der verhaftete Ceytorax nach Angbar verlegt, wobei auch nicht mehr der Orden vom Bannstrahl des Delinquenten achtete, sondern Gardisten des Angbarer Tempels. Ob der Magus Ceytorax nun aber freigelassen wurde, ist uns nicht bekannt.

In Bragahn sollen fünf Bannstrahler versucht haben, die Studierstube des Magiers im Bergfried der Feste Osch zu untersuchen. Sie verkündeten bereits beim Übertritt über den Großen Fluß, daß sie im Namen des Herrn Praios reisten und auf Geheiß des guten Graphiel von Metenar und seiner Excellenz Berman Silberling, Ordensmeister der Bannstrahler zu Angbar. Allerdings wurden die fünf Reiter in Bragahn von einer eisigen Menschenmenge begrüßt, die — wie zu jener Zeit, als die Priesterbarone aus dem Land gejagt wurden — zusammenstand, den Bannstrahlern zu trotzen. Unter Führung des Bürgermeisters Valmar aus Likan hinderte diese Menschenmenge die Reiter am Betreten der Feste und auch an weiteren Vorgehen, so daß sie die Baronie unverrichterter Dinge wieder verlassen mußten. „Brave Bragahner“ kommentierte die Baronin von Bragahn das Verhalten ihrer Bürger zu Bragahn von Warneburg aus.

Beorn Siepe zu Hüttental