Ritter Boromils Gespür für das Moor - Blut ist dicker als Moorwasser

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Neuvaloor im 1032 nach Bosparans Fall

"Ich kann nicht länger warten", stellte Boromil vom Kargen Land sichtlich verärgert gegenüber seinem Schreiber Connar Tannhaus fest. Dieser blieb wie immer stumm, da er nicht mehr sprechen konnte, und pflichtete der Bemerkung seines Herrn mit einem Nicken bei. Der Ritter fuhr fort, während er einige Sachen zusammensuchte: "Wenn ich mich nicht in den nächsten Tagen auf den Weg Richtung Weidleth mache, verpasse ich die Koscher Delegation vor dem Greifenpass und komme zu spät zum Reichskongress. Das darf nicht geschehen! Olgosch Sohn des Ogrim wird die Arbeiten an der Siedlung koordinieren. Du wirst ihm dabei zur Seite stehen." "Ja, Herr", schrieb Connar auf seine Tafel. "Wenn ich die Zwerge nicht hätte, würde es bereits jetzt schlecht um den Aufbau der Siedlung stehen.", dachte sich Boromil. Im Kopf ging er noch einmal durch, was er alles einpacken musste.

Da hörte er das Geschrei des kleinen Alrik Schröterwald. Doch bevor dieser angelaufen kam, trat Olgosch herein, gerüstet für den Kampf. "Euer Wohlgeboren, wir sind bereit." "Herr, bewaffnete Reiter nähern sich!", platzte es nun aus Alrik heraus, der einfach den Zwergen unterbrach und nicht abwartete, bis Boromil ihm das Wort erteilte. Der Herr von Neuvaloor hatte bereits sein Schwert gegürtet, wenn auch nicht mehr die Zeit war, eine Rüstung anzulegen. "Nur die Ruhe!", warf er in die Runde und wies mit dem Arm nach draußen. Olgosch folgte ihm auf den Fuß und berichtete. "Korok und Krimog stehen bereits am Rand der Siedlung. Es hat sich ausgezahlt, dass die Söhne des Korbosch ihre Waffen immer gerne in ihrer Nähe haben!" "Gut! Dann wollen wir doch mal sehen, was die Reiter hier zu suchen haben! Alrik, Du wartest hier!" So schnell es ging eilte Boromil mit dem Sohn des Ogrim zu den beiden Zwergenbrüdern. Keinen Augenblick zu früh: Aus den Nebelschwaden schälten sich die Umrisse dreier Pferde heraus. Man hörte das leise Klirren von Metall auf Metall. Im Kopf ging Boromil ihre Chancen durch. Wenn das alles war, wäre das sogar machbar. Die Berittenenen hatten einen Vorteil gegen Fußkämpfer, jedoch konnten sie ihn hier nicht ganz ausspielen. Außerdem hätten die Verteidiger die Ortskenntnis auf ihrer Seite.

Nun konnte man die Reiter erkennen. Sie hatten ihre Waffen nicht gezogen. Das sprach für friedliche Absichten. Voran ritt eine Frau, noch recht jung, aber wohl kampferfahren, denn sie musterte die Zwerge und ihn prüfend. Ihre Züge wirkten edel und hübsch. Ihr folgte ein Mann etwa gleichen Alters, der ihr sehr ähnlich sah und wohl ihr Bruder sein musste. Er wirkte freundlich; allerdings musterte er gleichermaßen aufmerksam die Neusiedler. Interessanterweise trug er keine schwere Rüstung. War er also kein Kämpfer? Als Boromil den dritten Reiter erkannte, weiteten sich seine Augen vor Überraschung und er musste noch einmal genauer hinsehen, um sicherzugehen, dass ihm der Nebel keinen Streich spielte. Das war doch Parinor! Was machte der Bedienstete seines Vaters unter diesen Fremden?

"Euer Wohlgeboren Boromil vom Kargen Land zu Neuvaloor?", sprach ihn die Reiterin an. "Der bin ich." "Wir kommen im Auftrag Eures Vaters." Mit diesen Worten griff der Reiter in sein Gewand und holte ein versiegeltes Schriftstück hervor, das er Boromil reichte. Als Boromil sich den Pferden näherte, hoffte er, dass die Zwerge nicht zu nervös waren. Bis jetzt war alles in Ordnung; damit gab es keinen Grund, anzugreifen. Um sie zu beruhigen, beschloss er, seine Erkenntnisse gleich lautstark kundzutun. "Das ist tatsächlich der Siegelring meiner Familie!" Nach einem Blick auf das Ende des Pergamentes fügte er hinzu: "Und das ist auch die Unterschrift meines Vaters!" Nun überflog er die an ihn gerichteten Zeilen. Verwandte... in den Kosch gekommen... Fähigkeiten beweisen... Botendienst... Parinor... Geleitschutz nach Moorbrück... Empfehlungsschreiben. Boromil blickte auf. "Na, das nenne ich eine Überraschung. Willkommen in Neuvaloor, werte Verwandte!" Nun entspannten sich auch die Angroschim. Boromil half allen dreien beim Absteigen, dann begrüßte er Parinor, der sich sichtlich freute, ihn wiederzusehen. Die beiden Geschwister tauschten einen überraschten Blick aus, als der Ritter vom Kargen Land den Untergebenen fast wie einen alten Freund begrüßte. "Ich kenne ihn seit meiner Kindheit!", erklärte Boromil. Parinor war es eher unangenehm, so im Mittelpunkt zu stehen.

Zum Glück für ihn stellte direkt darauf Boromil die anderen einander vor. "Das sind Etilian und Saria von Lindholz-Hohenried. Wir sind über meine Tante aus Almada miteinander verwandt, wenn auch nur entfernt." "Olgosch Sohn des Ogrim sowie Korok und Krimog, Söhne des Korbosch. Die Ambosszwerge gehören zu meinen Siedlern." Gemeinsam gingen sie in die Siedlung, an der nach wie vor fleißig gearbeitet wurde. Der Rosskneckt Zolthan Grobbfold kümmerte sich um die Pferde der Angereisten, während Caya Folmin Erfrischungen brachte. Eigentlich hatte er sich ja recht hüsche Siedlerinnen ausgesucht, dachte Boromil, während er die Rakulbruckerin ansah. Doch dann richtete er die Aufmerksamkeit wieder auf die Anwesenden: Neben den drei Neuankömmlingen waren noch Olgosch anwesend sowie sein Schreiber. "Auf diese unerwartete Zusammenkunft mit meinen Verwandten!", hob der Herr von Neuvaloor seinen Krug. Die anderen erwiderten den Trinkspruch. Als sich alle ein wenig gestärkt hatten, bat Boromil die beiden Geschwister: "Mein Vater schreibt zwar, warum Ihr hier seid, doch nicht, was Euch bisher widerfahren ist. So berichtet bitte, wie es Euch ergangen ist und was Ihr im Kosch erlebt habt!"

Als Saria und Etilian erzählten, wie sie aus ihrer Heimat fliehen mussten, waren die anderen sichtlich betroffen. Der Empfang in Kargen und in Valpos Horn stimmte sie jedoch wieder fröhlich. So war es recht, ganz nach Koscher Art! "...und so fuhren wir mit einem Schiff den Großen Fluss hinunter, um so schnell wie möglich den Auftrag Eures Vaters auszuführen. Der tückische Nebel auf dem letzten Stück des Weges durch Moorbrück konnte uns nicht mehr aufhalten.", schloss Etilian. "Da habt Ihr eine ganz schöne Portion Glück gehabt, denn ohne ortskundigen Führer kann der Sumpf sehr gefährlich sein. Meine Schwester Morena ist Magierin. Sie bewegt sich auch so durch den Sumpf. Ich würde es ohne Magie nicht wagen!" Bei dieser Bemerkung warfen sich Etilian und Saria kurz einen beunruhigten Blick zu, aber niemand bemerkte ihn oder wusste ihn richtig zu deuten. "Doch kommen wir auf die Abmachung mit meinem Vater zurück. Ihr habt Euren Teil der Vereinbarung gehalten. Connar, setz ein entsprechendes Schreiben auf, mit dem ich das bestätige!" Der angesprochene Schreiber zog sich zurück, um sofort mit seiner Arbeit zu beginnen.

"Bleibt die Frage, wie wir Dich am besten einsetzen.", wandte sich Boromil an Parinor. "Vater hatte Deine Anwesenheit ursprünglich zugesagt, damit Du einen Überblick über die Arbeiten behältst und mir nach meiner Rückkehr berichtest. Das war jedoch, bevor die Ambosszwerge eintrafen und sich meine Aufbaupläne entsprechend geändert haben." Es wäre in der Tat äußerst ungeschickt, den Angroschim einen Diener des Hauses vor die Nase zu setzen. Insbesondere der etwas launische Dugobalosch würde argwöhnen, dass der adelige Neusiedler die "Großlinge" für etwas Besseres hielt. Boromil hatte schon beim Besuch seines ehemaligen Knappenvaters Erlan von Sindelsaum die Zwerge nicht extra vorgestellt, weil er die Arbeit nicht schon wieder unterbrechen wollte. "Es wird schwierig, den Baufortschritt der Zwergenbehausung zu beurteilen, wenn man nichts davon versteht.", deutete Olgosch an. "Am besten ist es doch, wir berichten Euch direkt, wenn Ihr wieder da seid. Wir sind es gewohnt, Probleme selbst zu lösen und kommen allein zurecht." "Das klingt vernünftig.", erklärte sich Boromil einverstanden. Der Sohn des Ogrim hatte ihm die verzwickte Lage gerade deutlich leichter gemacht. Doch durften auch die Belange der Menschen nicht zu kurz kommen. "Wichtig wäre mir noch, dass Ihr bei allen Fundamenten mithelft, sobald wir mit dem Aushub fertig sind. Hier zu bauen ist nicht gerade leicht. Daher werde ich mich deutlich besser fühlen, wenn ich weiß, dass zwergische Augen diesen wichtigen Schritt überwachen." "Macht Euch darüber keine Sorgen, Herr", brummte Olgosch ruhig. "Ich werde darauf achten, dass immer mindestens ein Angroscho anwesend ist." "Was hältst Du davon, wenn ich Dir die Leitung des gesamten Aufbaus übertrage, solange ich auf Reisen bin? Auf die Weise wird die Arbeit gebündelt und das Ergebnis kommt sozusagen aus einem Guss." "Das ist eine kluge Entscheidung, Herr. Meine Gefährten werden es sicher zu schätzen wissen, dass Ihr uns dieses Vertrauen entgegenbringt." "Schön, dann sind wir uns da einig. Aber was machen wir mit Parinor? Er soll ja nicht umsonst hierhin gekommen sein, noch dazu mit so edler Begleitung." "Es wird genug für ihn zu tun geben... Schreibarbeiten etwa oder Einkäufe. Wenn wir Angroschim uns ganz auf die Bauarbeiten konzentrieren können, ist uns schon gut geholfen. Bald müssen wir nicht nur graben, sondern dazu Material transportieren. Jede helfende Hand wird gebraucht. Da kann Parinor genauso ran wie alle anderen auch." "Ausgezeichnet, so wollen wir es machen! Parinor, Du wirst dann meine Hände ersetzen, die hier fehlen werden." "Ja, Herr, selbstverständlich!" "Olgosch, wie wäre es, wenn Du den anderen Angroschim gleich Bescheid gibst? Dann ist noch vor meiner Abreise alles vorbereitet und ich kann ruhigen Gewissens ziehen." "Mit Vergnügen!", verabschiedete sich der Zwerg. "Parinor, frag bitte bei Caya Folmin nach, ob in der Küche oder sonstwo noch Hilfe benötigt wird!" "Ich mache mich sofort auf den Weg!"

Als Parinor verschwunden war, wandte sich Boromil wieder seinen Verwandten zu. "Mit Phexens Gnade wird es vorangehen, während ich meine Familie auf dem Reichskongress vertrete. Verzeiht, wenn ich diesen Arbeiten soviel Aufmerksamkeit widmen muss und dabei meinen Pflichten als Gastgeber nicht so gut nachkommen kann, wie man es im Kosch erwarten darf, aber es gibt einfach so viel zu planen und zu überlegen." "Verzeiht die Frage. Habe ich richtig vernommen, dass Ihr selbst körperliche Arbeit verrichtet habt?", erkundigte sich Etilian. "Ja, anders ist es in so kurzer Zeit nicht möglich, ein Rittergut aufzubauen. Die ersten Häuser müssen spätestens in einigen Monden stehen, sonst kommen wir nicht über den Winter!" "Wir haben bereits bei anderer Gelegenheit festgestellt, dass sich der Adel im Kosch nicht zu fein ist, selbst anzupacken.", ergänzte Saria. "Das ist nett umschrieben! Dem niederen Adel fehlt es einfach an Geld für mehr Arbeitskräfte – im Norden in Wengenholm soll das sogar für manchen Baron gelten! Hier in Moorbrück gibt es für die Neusiedlung Geld vom Fürsten. Es scheint mir vor allem die Zeit zu sein, die unerbittlich fortschreitet." "Gäbe es denn für uns etwas zu tun? Meine Schwester führt eine gute Klinge und ich betätige mich als Heiler. Wir beide haben mehr als genug Erfahrung sammeln können – während des Krieges in unserer Heimat." Bei den letzten Worten stockte Etilian ungewollt die Stimme. "Es mag eine neue Bleibe für uns geben hier im Kosch. Doch sind unsere Geldvorräte aufgezehrt und wir daher darauf angewiesen, etwas zu verdienen. Daher hoffen wir auf Euer Verständnis, wenn wir so unverhohlen dieses Thema ansprechen.", ergänzte Saria. Boromil nickte beruhigend. "Mit diesem praktischen Denken seid Ihr in Moorbrück jedenfalls höchst willkommen!" Er füllte die Krüge seiner Gäste nach.

"Hier in Neuvaloor ist im Augenblick alles bestens, doch das mag sich ändern. Ich fürchte, es wird in den anderen Neusiedlungen bald ebenfalls mehr als genug zu tun geben. Das gilt besonders für einen Heiler, denn nur in Therbunja gibt es einen Perainegeweihten. Der dortige Ritter ist selbst kampferprobt und hat recht kühne Pläne. Er will einen Tempel errichten!" "Vielleicht sucht er noch jemanden für den Transport der wertvollen und zerbrechlichen Gegenstände.", wandte Saria ein. "Gut möglich!", nickte Boromil. Saria fragte weiter: "Befinden sich unter den anderen Neusiedlern weitere mit Kampferfahrung und gibt es Flecken unter den Siedlungsplätzen, die besonders viel Schutz am Anfang benötigen?" "In Hohentrutz wohnt ebenfalls jemand, der schon gekämpft hat. Der Hügel ist wohl ganz gut zu verteidigen, liegt aber auch im tiefsten Sumpf. Es würde mich nicht wundern, wenn die Irrlichter dort noch Ungemach bereiten. Das genaue Gegenteil gilt für die Nachbarsiedlung Klammwinkel. Eigentlich ein gutes Stück Boden nicht allzu weit entfernt von der Warna, aber damit leider auch leichter zugänglich für wilde Tiere oder Räuber. Der dortige Ritter ist wahrlich ein Pechvogel, denn er hat das Familienschwert im Sumpf verloren und beinahe auch sein Pferd. Er holt sich Unterstützung von einem Tsageweihten. Es kann also im Gegenzug gut sein, dass ein wohl geführtes Schwert dort bitter benötigt wird! Eines noch: Wenn ihr bei den jeweiligen Rittern vorsprecht, erwähnt am besten nichts vom anderen! Die beiden Familien sind verfeindet. Obschon sich die Siedler bei der Besichtigung der Siedlungsplätze vertragen haben, weiß ich nicht, ob der alte Zwist zwischen ihnen nicht wieder losgebrochen ist." "Wir wollen es uns gut merken.", dankte Etilian. "Wahrlich, Ihr wisst viel zu erzählen! Wäret Ihr so freundlich, uns von den restlichen Siedlungen zu berichten?" "Grimsaus Ehr liegt ebenfalls mitten im Sumpf. In der Nähe ist ein alter Boronacker. Untote sind uns Phex sei Dank nicht begegnet, aber man kann nie wissen. Ich habe daher zwei Boronis dorthin geschickt, um einmal nach dem Rechten zu sehen. In der Siedlung lebt eine Rahjageweihte und der Ritter zeigt tadellose Manieren. Er stammt aus Almada. Was in der Siedlung derzeit ansteht, vermag ich nicht zu sagen, aber er hat so wie ich Siedler aus allen Ecken des Kosch und darüber hinaus versammelt. Bleibt noch Neufarnhain. Dort siedelt ein Freund von mir. Er ist dafür verantwortlich, dass ich die fleißigen Ambosszwerge hier habe. In der Nähe seiner Siedlung befindet sich ein Steinkreis. Wer weiß, was es damit auf sich hat?" "Habt vielen Dank für Eure Hinweise", antwortete Saria. "Wir werden beizeiten den anderen Siedlungen einen Besuch abstatten und uns selbst einen Eindruck verschaffen."

"Eine Frage noch", fiel es Etilian ein, "Ihr erwähntet Eure magisch begabte Schwester. Sind denn viele Magier hier in Moorbrück?" "Morena gehört dem Orden der Wächter Rohals an, der nicht allzu weit von hier in einer alten Burg einen Stützpunkt namens Eisenkobers Wacht errichtet hat. Allerdings wohnen meines Wissens derzeit nur noch drei Magier dort. Ach ja, wie konnte ich das vergessen? Kürzlich ist eine Magierin nach Hohentrutz gezogen. Danja Salderken heißt sie. Eine sehr charmante Erscheinung!" Die beiden Geschwister tauschten kurz einen Blick aus, der zum Ausdruck brachte, dass sie nicht recht wussten, was sie von dieser Einschätzung halten sollten. Boromil fuhr fort. "Komisch übrigens, denn der Ritter in Hohentrutz ist überhaupt nicht Magie zugeneigt. Mein Freund in Neufarnhain hält ebenfalls nichts davon. Die anderen drei scheinen sich nicht weiter damit beschäftigt zu haben, so wie die meisten Koscher auch." Nun lächelte er. "Aber ich halte wenigstens die Tradition der Familie hoch und bin alles andere als abgeneigt, magische Unterstützung beim Aufbau der Siedlung einzusetzen. Jede Hilfe, die wir gegen den widernatürlichen Sumpf bekommen können, ist willkommen!" Von diesen Worten waren Saria und Etilian sichtlich angetan. Gemeinsam tranken die drei auf ihre Zukunft im Kosch.