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Ausgabe Nummer 71 - Rahja 1044 BF

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Wie der Reichsvogt die Tür seines Hauses schützt

ANGBAR, Ingerimm 1044 BF. Große Anerkennung fand das Werk, welches der junge Goldschmied Ansgar Schwanweiß als Gesellenstück abgeliefert hatte. Doch gerade dies hätte fast zu einem unseligen Wettstreit geführt – hätten sich nicht die Weisheit des Alters und die Unschuld eines Kindes miteinander verbündet.

Bei dem Gesellenstück handelte sich um einen prachtvollen, zwölfzackigen Stern aus vergoldetem Kupfer. Solche Sterne, freilich nur selten so kostbar, zieren bekanntlich zum Jahresende die Türen und manchmal auch Fenster im Koscherland zum Schutz vor bösen Mächten an den Tagen des Namenlosen.

Der von Ansgar Schwanweiß gefertigte Stern fand nicht nur die Bewunderung seiner Zunftgenossen, sondern auch rasch einen Käufer, und zwar keinen Geringeren als den reichen Kaufmann und Ratsherrn Odoardo Markwardt. Sogleich begann man zu spekulieren, wie wohl der Reichsvogt Bosper zu Stippwitz darauf reagieren werde, sind die beiden Männer doch bekanntlich Konkurrenten und lassen selten eine Gelegenheit aus, einander zu übertrumpfen.

Bald schon machten Gerüchte die Runde, »der reiche Stippwitz« habe vor, die Tür seines Hauses mit einem Stern aus reinem Gold zu schmücken, und manche wollten sogar wissen, dass jeder Zacken mit einem anderen Edelstein geschmückt sei. Dies brachte einige Zeitgenossen dazu, über »solch eitlen Tand« den Kopf zu schütteln oder die Nase zu rümpfen.

Um die Gerüchteküche nicht allzu lange brodeln zu lassen, verriet der Reichsvogt in der ersten Sitzung des Rates im Rahjamond, was die Tür seines Hauses an diesem Jahresende zieren werde: ein Sternlein aus Stroh, das die kleine Alvide, die Tochter seiner Köchin, geflochten habe.

Da schwiegen nun freilich alle Neider und Spötter, und es konnte auch niemand sagen, wer nun den schöneren Türschmuck besaß – denn zu verschieden waren die beiden Werke.

Karolus Linneger