Neues aus Hohentrutz - Keine Hexerei

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Siedlung Hohentrutz in Moorbrück, am Vormittag, 1033

"Bist du sicher, dass das klappt?"
Roban zog das Seil um Danjas Hüfte und verknotete es sorgfältig.
"Wenn ich sicher wäre, müsste ich es nicht ausprobieren, oder?"
Die Magierin prüfte noch einmal den Sitz des Seiles, denn an diesem würde möglicherweise ihr Leben hängen - im wahrsten Wortsinn!
Die Zwergin Thurescha stand in der Nähe, beobachtete das Treiben mit gerunzelter Stirn und schob ihre Pfeife unwillig von einem Mundwinkel in den anderen. Sie hatte ihre Arbeit am Entwässerungsgraben unterbrochen, als müsse sie beaufsichtigen, was die zwei Großlinge da wohl wieder trieben.
Schon früh am Morgen war Danja mit zwei merkwürdigen Gebilden aufgetaucht, die sie in den letzten Tagen aus Schilfrohr geflochten hatte:
sie sahen aus wie ovale Matten, wie man sie unter einen Topf legen mochte, doch daran befestigt waren Lederriemen, und die Dinger kamen auch nicht auf den Tisch, sondern unter die Füsse.
Jetzt stand sie am Rande des Sumpfes, genauer, vor einer Feuchtwiese, die man kaum passieren konnte, ohne gleich bis über die Knöchel einzusinken.
"Durch das Verteilen des Körpergewichtes auf eine größere Fläche müsste ich diesen Bereich passieren können, ohne wesentlich einzusinken", erklärte sie noch einmal im Brustton der Überzeugung.
Roban hob zweifelnd die Brauen.
"Dein Wort in Hesindes Ohr", brummte er und zog den Knoten vorsichtshalber etwas fester.
"Immerhin kann ich dich so mal an die Leine nehmen!"
"Ha-ha!" machte Danja beleidigt.
"Lasst die Draxgroscha ruhig gehen, Wohlgeboren", rief Thurescha aus dem Hintergrund.
"Falls sie versinkt, haben wir eine Sorge weniger in Hohentrutz!"
Danja warf der Angroschna einen ärgerlichen Blick zu, und sofort packte diese ihren Spaten fester, als wappne sie sich gegen einen Angriff.
"Habt Dank für Eure Fürsprache, Tochter der Tantalla!" sagte die Magierin dann vernehmlich.
"Ich werde mich Eurer Unterstützung beizeiten erinnern!"
"Klappe halten! Alle beide!" befahl Roban sofort, um den beginnenden Streit im Keim zu ersticken. Dann murmelte er etwas, von dem Danja nur das Wort "Weiber" verstehen konnte, aber der Rest würde wohl auch keine Laudatio sein.
"Fertig, wenn du es bist!" erklärte er schließlich nach einer dritten Kontrolle von Seil und Knoten, und machte eine auffordernde Geste in Richtung der Feuchtwiese.
"Hesinde, steh mir bei!" erwiderte Danja mit Blick gen Alveran und setzte sich unsicher in Bewegung, wie eine Ente auf ihrem ersten Landgang.
"Ein Kreuzer, dass sie spätestens nach zehn Schritten im Dreck liegt!" knurrte Thurescha durch ihren Pfeifenstiel.
"Gilt!" erwiderte Roban, ohne den Blick von der sich entfernenden Maga zu nehmen.
"Jetzt müsste sie eigentlich gleich einsinken..."
Endlose Sekunden verstrichen, in denen keiner der beiden etwas sagte.
"Ka roboschan hortiman Angroschim!" sagte Thurescha dann unwillig.
"Das ist doch Hexerei! Jede Kreatur, die größer ist als ein Ferkel, müsste längst fest stecken!"
"Es sei denn, sie trägt diese komischen Latschen!" grinste Roban, der sich über den Erfolg sichtlich mehr freute als die Angroschna.
Danja schaffte es tatsächlich, einen weiten Bogen über die Wiese zu laufen, ohne weiter als eine Fingerbreit einzusinken, doch achtete sie peinlich genau darauf, nicht allzu lang an einer Stelle stehen zu bleiben.
"Wenn man nicht in Bewegung bleibt, versinkt man trotzdem!" schnaufte sie, als sie endlich wieder an ihrem Ausgangspunkt angelangt war. Ihr Gesicht war gerötet, was wohl der ungewohnten Gangart wie auch der Aufregung zuzuschreiben war.
"Lass mich mal probieren!" drängte Roban sofort. Danja wirkte kurz unschlüssig, während Thurescha beinahe erschrocken die Luft einzog.
"Ich weiß nicht...", versuchte die Magierin, zu widersprechen.
"Papperlapapp! Her mit den Galoschen!"
Der Ritter war fest entschlossen, seinen Willen zu bekommen, und Danja wusste aus Erfahrung, dass er mit seinem Dickschädel auch Mauern einschlagen könnte, also nickte sie stumm und löste die Lederriemen von ihren Füssen.
Minuten später stakste Roban bereits los, doch schon nach wenigen Schritten verlor er das Gleichgewicht und schlug lang hin.
"ORKENARSCH UND DONNERWETTER!!" hallte es einen Lidschlag später über den Sumpf, so laut, dass einige Vögel erschrocken aufflogen und sich die Bewohner von Hohentrutz nicht minder erschrocken zu ihrem Landesherren umdrehten.
Am Rand der Feuchwiese kämpften indes zwei Frauen mit einem ungebührlichen Lachanfall.
"Ich habe ja schon gehört, dass Adlige an ihrem Land hängen - aber das das Land auch am Adligen hängen kann!"
Danja versuchte, nicht so laut zu sprechen, dass Roban sie hören konnte.
Der rappelte sich wieder auf, wischte sich braunschwarzen Schlamm aus den Augen und marschierte leise fluchend weiter.
"Naja, vielleicht wollte er ein Stück Sumpf mitnehmen, um ihn seiner Familie zu zeigen!" grinste Thurescha breit.
"Oder vor einer besonders großen Mücke Deckung suchen!"
Fünf Minuten und zwei weitere Stürze später stand Roban wieder neben den beiden Frauen.
Sein Gesicht hatte die gleiche Farbe wie seine Kleider, nur sein Grinsen stach weiß aus der schwarzen Schlammschicht, die sein Gesicht bedeckte.
"Ein wenig Übung brauche ich wohl noch", meinte er lapidar.
"Wie bist du überhaupt auf diese...Sumpflatschen gekommen?"
Danja half dem Ritter, die Schilfmatten wieder abzuschnallen.
"In Sewerien benutzen die Bauern ähnliche Dinger, um im Winter nicht im Tiefschnee einzusinken. Im Norden des Bornlandes bedeckt Firun das Land oft mit einem Schritt oder mehr von seiner weißen Pracht, da sind diese Dinger, die man Schneeschuhe nennt, oft die einzige Möglichkeit, noch voranzukommen, wenn man nicht über einen Schlitten verfügt. Und ich dachte, wenn es auf Schnee funktioniert, sollte es auch auf weichem Sumpfboden funktionieren!"
"Nicht übel!"
Roban grinste noch immer, als habe er sein unfreiwilliges Schlammbad bereits vergessen.
"Damit können wir uns etwas freier bewegen, wenn wir die Umgebung erkunden!"
"Über Wasser kannst du damit nicht laufen!" mahnte Danja rasch.
"Ein Sumpfloch bleibt auch mit den...Sumpflatschen gefährlich! Vorsichtig müssen wir auch weiterhin sein!"
"Ja, werden wir!" versprach Roban mit ruhiger Stimme.
"Und falls du noch mehr solche Ideen aus dem Bornland mitgebracht hast - wir sind für alles offen!"
"Sind wir nicht!" brummelte Thurescha leise, doch niemand beachtete sie. Danja schnallte die Sumpflatschen wieder um.
"Im Moment habe ich keine Idee, werde aber noch ein wenig auf Kräutersuche gehen. Allerdings in Sichtweite!"
Staksend entfernte sie sich wieder, während Roban und Thurescha ihr nachblickten.
"Beim nächsten Mal sollten wir ihr das Seil höher umbinden!" meinte die Angroschna schließlich, wandte sich ab, schulterte ihren Spaten und marschierte zu der Stelle, wo sie mit dem Ausheben des Entwässerungsgraben aufgehört hatten.
Roban folgte ihr.
"Du meinst um die Achseln? Um sie besser rausziehen zu können, falls sie doch versackt?"
"Nein!" Thurescha grinste schief.
"Ich meinte, um den Hals!"