Neue Zeiten - Eine neue Lichthüterin in Angbar

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1040 BF, im Hesinde - Praiostempel zu Angbar

Ziemlich genau die Hälfte eines Götterlaufes war sie im Amt – und müde, aber auch zufrieden blickte Alma zurück auf diese letzten sechs Götternamen, als sie am Abend dieses kalten Hesindetages in ihr Quartier im Praiostempel zu Angbar zurückkehrte. Den Göttern sei Dank hatte der Tempeldiener den Ofen angeheizt, so dass es in ihrem Quartier angenehm warm war.

Einen Augenblick dachte sie an jenen Augenblick im Rahja 1039 zurück, als Duridan sterbend in ihren Armen lag, tief unten in den Katakomben des Pandaemoniums nahe Eslamsbrück. Sie hatte seinen letzten Wunsch erfüllt und wurde offiziell zu seinem Nachfolger ernannt durch den Wahrer der Ordnung persönlich. Wie viel war seitdem geschehen! Satinav schien das Schiff der Zeit schneller durch die Wellen des Schicksals gesteuert zu haben in den letzten Wochen. So war Alma gerade in den ersten Tagen viel auf Reisen, denn es galt, wichtige Würdenträger in Angbar und dem Kosch zu besuchen und die üblichen Höflichkeitsbesuche zum Amtsantritt abzuarbeiten. Da war natürlich als Erstes die Audienz beim Fürsten selbst, dann beim Vogt von Angbar. Ihre Schritte vor Ort führten sie selbstverständlich auch in den Ingerimmtempel und in die anderen Tempel der Stadt. Auch dem Stadtrat stattete sie einen Besuch ab und natürlich durfte sie auch ihre Pflichten im heimischen Tempel des Praios zu Angbar nicht vernachlässigen. Und ehe sie sich versah, waren zwei Götternamen vorüber und der Herbst nahte.

Im Travia reiste sie durch den Kosch, um ihre Amtskollegen zu besuchen. Nicht immer waren diese Besuche freundschaftlicher und angenehmer Natur – sie merkte zum Beispiel recht schnell, dass sie mit Grimma von Treublatt vorerst nicht warm werden würde, wohingegen sie den Besuch bei ihrer Amtskollegin in Ferdok, Hochwürden Francala vom See-Salmingen, sehr genoss, teilten sie doch beide die Ansicht, dass man dem Volk die Lehren des Götterfürsten nicht durch Strenge und übertriebene Ehrfurcht näherbringen sollte, sondern durch Nähe und gutes Vorbild. Der Besuch in Ferdok Mitte Travia würde sicher nicht der letzte bleiben, darin waren sich beide Damen einig. Für Alma überraschend verlief auch ihr Gespräch mit Ulabeth vom Pfade sehr angenehm, hatte sie doch Achtung vor der strengen und sittsamen Hofgeweihten des Fürsten. Doch verstand sie sich mit ihr besser als gedacht und die beiden Damen parlierten einige Zeit – über die Anforderungen an die Kirche in der heutigen Zeit, über die Rolle der Kirche im Kosch und das Verhältnis zu den anderen Kirchen… Alma war überrascht über das breite Wissen der Hofgeweihten und ihre Einsichten. Ulabeth vom Pfade war trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch rüstig und vor allem geistig sehr wach. Die Verabschiedung war herzlich und Alma hoffte, dass sie bald einmal wieder die Gelegenheit für einen Besuch haben würde. Gemischte Gefühle hatte sie beim Besuch des Hüterklosters und dem dortigen Abt Tarjok Boquoi. Vor Duridan war er Lichthüter zu Angbar und galt als einer der wichtigsten Praiosgeweihten im Kosch. Und seine ehemalige rechte Hand in Angbar, Algarte Heimeling, war auf seine Nachfolger in Angbar nicht unbedingt gut zu sprechen. Jene trauerte den alten Zeiten nach und hatte in ihren Briefen sicher nicht viel Gutes über Duridan und auch Alma berichtet. Mit gemischten Gefühlen also sah Alma dem Besuch im Hüterkloster entgegen, den sie noch Ende Travia absolvierte, bevor der Greifenpass für die nächsten Monate unpassierbar wurde. Doch lernte sie während des Gesprächs den alten Abt als Ratgeber ebenso zu schätzen wie den Abt des Klosters Findelstin und war sich sicher, dass ihr Besuch bei diesen beiden alten und erfahrenen Glaubensbrüdern sicher nicht der Letzte war.

Anfang Hesinde kehrte sie zurück in den Angbarer Tempel. Natürlich nicht, ohne sich als erstes von Algarte anhören zu müssen, dass es ja wohl ein Unding sei, dass die Tempelvorsteherin so lange auf Reisen ist und ihre Pflichten vor Ort vernachlässige und dass sie dies sehr wohl den hohen Herren in Elenvina melden müsse und dies selbstverständlich – einer müsse ja pflichtbewusst sein – schon getan hätte. Die ewig nörgelnde Algarte, die immer noch ihren Zeiten mit Hochwürden Boquoi nachtrauerte, würde ihr noch manche schlaflose Nacht bereiten und manchmal war sie kurz davor, ihr den Rat zu geben, sie solle es doch ihrem Vorbild nachtun und ins Kloster gehen. Doch Praios stellte jeden an seinen Platz – und Algarte war nun mal als Inquisitorin von Angbar eingesetzt. Und so sah Alma sie als stetige Prüfung ihres Herrn „nicht zur Strafe, nur zur Übung in den Geboten der Demut und der Nachsicht“.

Während all der Tage hatte sie immer wieder auch darüber nachgedacht, wie sie den Menschen die Verehrung des Götterfürsten näherbringen konnte. Die Praioskirche hatte im Kosch nicht den besten Ruf, auch in Angbar war dies spürbar. Die Koscher hatten starke Beziehungen zu Ingerimm, daneben noch zur Mutter Travia und wie in vielen Provinzen auch gerade auf dem Land auch zur Göttin Peraine. Praios galt hier wenig, woran die Kirche durch ihre Irrwege in der Vergangenheit nicht ganz unschuldig war. Doch Alma wollte nicht immer nur in einem Tempel predigen, der ein Vielfaches der meist vorhandenen Besucher fassen konnte. Sie hatte einiges an Arbeit vor sich, das wusste sie wohl. Ebenso war ihr auch klar, dass es Zeit brauchen würde und diese Aufgabe nur langsam, Schritt für Schritt zu schaffen sei. Hochwürden Francalla sah dies ähnlich, mit ihr hatte sie zumindest eine Mitstreiterin in dieser Aufgabe. Sie beide wussten, dass dies viel Zeit und Kraft erfordern würde und gerade die Vertreter der Kirche selbst den Koschern zeigen mußten, das Praios eben nicht für irrwitzige Machtansprüche und herrische Despoten, sondern für Ordnung und Gerechtigkeit, Demut und Wahrheit stand. Kein Mensch, gleich ob Unfreier, Bauer oder Baron, stand über dem Gesetz, ein jeder hatte seinen Platz in der göttlichen Ordnung. Dies war die Seite, die Francalla und sie den Koschern zeigen wollten. Ein wenig mehr Achtung und Begeisterung für den Herrn der Sonne sollte doch möglich sein?

Als sie über die Verehrung von Praios und die Zwölfe im Allgemeinen dachte, wanderten ihre Gedanken zu einem anderen Thema. Sie fragte sich, wie es Zoran, dem Jungen aus Mendena wohl ging, den sie damals gemeinsam mit ihrer Base vor dem Scheiterhaufen rettete. Bei dem Gedanken an ihren Glaubensbruder Ehrwürden Hane von Ibenburg-Luring aus dem Hinterkosch wurde ihr wieder einmal bewusst, dass noch längst nicht jeder Diener des Götterfürsten die Aspekte seines Gottes verstanden hat. Selten hatte Alma solch ein anmaßendes Verhalten gesehen, dass schon nahe daran war an Ketzerei. Die Auslegung der Kirche und ihrer Aspekte von einigen ihrer Glaubensbrüder im Hinterkosch sorgte immer wieder nicht nur bei ihr für Kopfschütteln, ihr persönlich gefiel diese starke machtbetonte Auslegung nicht. Auf dem Rückweg von Mendena hatte Alma den Jungen, der in seiner Kindheit einiges mitgemacht hatte, begleitet. Sein Vater war ein Paktierer, der Junge nicht nur körperlich mishandelt worden. Gemeinsam mit Nale von Boltansroden hatte sie beschlossen, dass es für den Anfang das Beste wäre, wenn der Junge einige Zeit im Kloster Storchklausen verbringen würde. Dort war er nahe am heimischen Gut von Nale und bei den Perainegeweihten in guten Händen. Je nachdem, welche Fortschritte der Junge machte, würde er dann im Winter oder im Frühjahr umziehen in seine neue Heimat, dem Gut Boltansroden. Alma hoffte, dass sich alles zum Besten wenden würde. Vielleicht sollte sie demnächst mal nach dem Jungen sehen?

Doch für heute war es genug der Arbeit. Es war schon spät und Alma sehnte sich nach etwas Entspannung. Schnell rief sie eine Novizin herbei – Zeit für ein entspannendes Bad...