Mit Armbrust, Axt und Lanze

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Ausgabe Nummer 58 - Notausgabe - 1035-1038 BF

Mit Armbrust, Axt und Lanze

Die Heerschau vor Angbar

ANGBAR. Schon lange hatte Angbar nicht mehr so viele Bewaffnete gesehen wie in diesem Tagen in der Mitte des Praiosmondes 1036 BF. Alle waren sie dem Ruf von Fürst und Wehrmeister gefolgt, von nah und fern zogen Aufgebote heran.

Die Barone hatten ihre Landwehren, Ritter und Waffenknechte gesammelt und waren nach Angbar gekommen. Gar vielfältig war der Anblick, der sich einem bot. Baron Graphiel von Metenar zog mit einer Schar weißberobter Bannstrahlersympathisanten heran, während Baron Barytoc von Braghan eine waffenstarrende Schar Ambosszwerge anführte. Aus Nadoret erschienen stramm marschierende Gardisten, während aus dem Wengenholm die Schwurschar unter Graf Jallik anrückte. Im großen Zeltlager vor den Toren Angbars versuchte der Wehrmeister des Kosch, Thorben von Hammerschlag, für Ordnung zu sorgen, und so hatte jede Baronie einen Platz zugewiesen bekommen. Geordnet waren die Aufgebote nach ihren Lehen. Im Zentrum standen die Zelte der drei Grafen, denn nicht nur die streitbaren Herren von Wengenholm und Ferdok waren gekommen, sondern auch der als weniger rondrianisch geltende Wilbur vom See. Begleitet wurde er freilich von seinem Leibritter und Heermeister Angbart von Salzmarken-See und seinem getreuen Truchsaßen Voltan von Falkenhag.

Insgesamt waren an die viertausend Kämpfer und Landwehrleute aus den Baronien gekommen. Dazu kamen noch die fürstlichen Gardetruppen. Alles in allem waren damit viereinhalbtausend Kämpfer vor den Toren Angbars versammelt.

Die große Musterung

Bereits am 11. Praios begannen Wehrmeister und Fürst mit der Musterung der Truppen. Diese warteten gerade darauf, dass Fürst Blasius gemeinsam mit Erbprinz Anshold und Wehrmeister Thorben von Hammerschlag die Parade abnehmen würde, als ein Nachzügler erschien... Aber hier wollen wir den Ritter Bardo von Ödenhof aus dem Gefolge Graf Wilburs zu Wort kommen lassen.

„Wir standen also alle in Reih und Glied und warteten darauf, dass Fürst, Erbprinz und Wehrmeister erscheinen würden. Eine ganze Weile standen wir schon so beieinander in der Praioshitze, und es war gar nicht so einfach mein Pferd die ganze Zeit über still zu halten. Wir hatten uns in vier Haufen formiert. An erster Stelle standen die fürstlichen Gardisten wohlgeordnet in Reih und Glied. Ihre Panzer waren auf Hochglanz poliert und ihre Banner wehten stolz im Wind. Die Schlachtreiter waren, zum ersten Mal seit den Kämpfen im Wengenholm, zusammengekommen. Dazu kamen noch die Bergschützen und Hellebardiere, ebenso wie die Söldlinge der Kompagnie ‚Marschall Geldor’. Einzig die Leute von der Kompagnie ‚Herzogin Efferdane’ war abwesend, kämpfte die Truppe doch nach wie vor in Tobrien. Ihr Hauptmann Hagen von Salmingen hatte es sich jedoch nicht nehmen lassen, persönlich die weite Reise zu machen, um beim Heeresrat anwesend zu sein.

Auf die Fürstlichen folgten die Wengenholmer. Eine bunte Schar hatte sich hier versammelt, allerdings waren nur zwei Dutzend Reiter unter ihnen. Der ganze Rest bestand aus leichtem Fußvolk, bewaffnet mit Äxten und Armbrüsten. Sie machten einen rauen Eindruck, aber das ist ja auch kein Wunder, wenn man die rauen Wengenholmer Berge kennt. Graf Jallik jedoch schien mit Stolz auf seine Schar zu blicken, hatten sich seine Männer und Frauen doch in den letzten Jahren während der Unruhen im Wengenholm bewährt. Als leichtes Fußvolk und Späher würden sie gegen Haffax gute Dienste leisten. Während der Wartezeit aber lungerten sie auf dem Boden herum. So manchem Fürstlichem war deshalb Verachtung ob ihrer Unordnung anzusehen.

Ich stand derweil unter dem Banner Graf Wilburs. Unser Aufgebot hatte sich zum ersten Mal in der jungen Geschichte der Grafschaft versammelt, und so hatte es am Morgen viel Streit gegeben, waren doch viele althergebrachte Traditionen zu beachten — und nicht nur um den ersten Platz in der Ordnung gab es viele böse Worte. Truchsess Voltan und der Leibritter des Grafen, Junker Angbart, hatten alle Hände voll zu tun, um den Streit zu schlichten. Schlussendlich nahm das Aufgebot Zwischenwassers als gräfliches Eigenlehen den ersten Platz in der Schlachtordnung ein. So hatte ich ein gutes Blickfeld auf das ganze Geschehen. Die Mehrzahl der aufgebotenen Kämpfer war wohlgerüstet, doch der Anblick all der Waffen, Helme und Harnische konnte nicht darüber hinweg täuschen, dass die meisten der Anwesenden ihre Ausrüstung seit dem Jahr des Feuers nicht mehr im Ernst gebraucht hatten. Anders als bei den Wengenholmern gab es hier zahlreiche Berittene und Ritter. Nur meiner armer Graf, der Herr Wilbur, wirkte etwas verloren. Gleich zwei Pferdeknechte hielten sein Ross fest am Zaumzeug, dem Graf wird eine ausgewachsene Furcht vor Pferden nachgesagt. Auch in der edlen Vollplatte wirkte er, der doch kein Ritter ist, etwas verloren. Wer mag es ihm verdenken? Nicht jeder kann wie Graf Growin zum Kriegsmann geboren sein. Dieser hatte mit harter Hand sein Augebot in kurzer Zeit geordnet, und wenngleich auch hier die Masse der Landwehr schon lange nicht mehr ausgezogen war, so gab es doch einige kriegserfahrene Barone unte ihnen, oder sie verfügten zumindest über altgediente Weibel, die es verstanden, ihre Leute wohl zu ordnen.

Nicht so ganz zu dem kriegerischen Aufzug passten all die Angbarer und Hügelländer, die gekommen waren, um sich das Spektakel anzuschauen. So manch einer hatte gar einen Proviantkorb gepackt, und mir lief ob der langen Wartezeit und der guten Gerüche nach Wurst und frischem Backwerk so allmählich das Wasser im Mund zusammen.

Ein unerwarteter Auftritt

Um mich abzulenken, schaute ich mich ein wenig um und entdeckte einen einzelnen Reiter, der von Süden her kommend behaglich herantrabte. Es war ein wohlgerüsteter Ritter, doch konnte ich sein Wappen auf die Entfernung nicht ausmachen. Gerade als ich mich fragte, wer da verschlafen hatte, riss der Ritter unvermittelt sein Schwert aus der Scheide, gab seinem Pferd die Sporen und hielt geradewegs auf das Hügellander Aufgebot zu. Nun hörte man den Ritter schon brüllen:

Orkendreck und Wolkendruch! Euch Dämonenanbetern werde ich schon zeigen, was eine Harke ist! Trollt euch zurück zu Haffax, dem Erzverräter!“

„Das ist Ritter Falk“, rief jemand hinter mir. War das wahr? Ritter Falk hatte im Orkenkrieg eine böse Kopfwunde davon getragen und war darob reichlich wunderlich geworden, aber glaubte er tatsächlich, dass wir Haffax’ Heer seien? Ich blickte meine Nebenfrau ein wenig ratlos an und verfolgte das Spektakel gespannt. Baron Erlan von Sindelsaum hatte wohl den gleichen Gedanken und trabte ein wenig aus der Formation heraus, um alles zu sehen, doch Ritter Falk war fast schon heran und drosch dem überraschten Baron im Vorbeireiten derart fest auf den Helm, dass er bewusstlos aus dem Sattel fiel. „Nimm das, du Dämonenknecht“ fluchte Falk. Einige der Sindelsaumer Ritter preschten jetzt nach vorne, um dem Wütenden Einhalt zu gebieten, aber dieser hatte sein Pferd schon weiter getrieben und raste die Formation entlang und, bevor wir noch etwas tun konnten, direkt an Graf Wilbur vorbei. Des Grafen Pferd wurde davon scheu, und schon lag auch der junge Graf auf dem Boden. Ritter Falk hingegen preschte bereits durch die Wengenholmer Reihen, und die rauen Bergbauern stoben wie eine Schar Gänse auseinander. Nur Graf Jallik war bereit, es mit dem tollen Ritter aufzunehmen: „Ich bin Graf Jallik von Wengenholm.“, rief er mit lauter Stimme, um sich so dem Ritter zu erkennen zu geben, doch dieser ließ sich gar nicht beirren und schlug mit seinem Schwert bereits auf den Schild des Wengenholmers ein. Nun trauten sich auch die Kämpfer der Schwurschar herbei und machten Anstalten, Falk mit Stecken aus dem Sattel zu zerren.

Justament erklangen jedoch Trompeten und Fürst Blasius erschien mit seinem Gefolge. Während der Wehrmeister ob der Unordnung erzürnt war, begann der Fürst väterlich zu grinsen und lenkte sein Pferd auf Ritter Falk zu. „Falk Barborn“, rief der Fürst, als er fast heran war --- und kaum hatte der Ritter von Siebental diese Worte vernommen, ließ er von seinem Treiben ab und hob das Visier. Was die beiden an Worten wechselten, konnte ich nicht hören, aber Ritter Falk steckte sein Schwert jedenfalls zurück in seine Scheide und nahm gemeinsam mit dem Fürsten die Parade ab.

Viel mehr gibt es dann eigentlich auch nicht mehr zu erzählen. Die nächsten paar Tage hat uns der Wehrmeister hart ran genommen. Ein ganz schön rauer Brocken, der Hammerschlager, aber selbst in den paar Tagen hat er die Waffentreuen ein wenig besser ordnen können. Ob das jedoch gegen Haffax und seine geifernden Dämonen reichen wird?“

Der Rat

Am 16. Praios, dem letzten Tag der Heerschau, riefen Fürst und Wehrmeister schließlich ihre Barone und Grafen zusammen, um ihren Rat zu hören. Lange wurde hinter verschlossenen Türen beratschlagt, und so manches Mal soll es zu lautstarken Streitereien gekommen sein, doch schließlich löste sich die Versammlung spät am Abend auf. Kein Wort über die Beschlüsse drang über die Lippen der Beteiligten, doch heißt es aus gut unterrichteten Quellen, dass der Fürst nicht vorsieht, die Koscher Landwehren gegen Haffax zu schicken. Stattdessen soll die Last der Kämpfe durch die Fürstlichen Truppen und freiwillig aufgebotene Ritter und Gardisten aus den Baronien und Grafschaften getragen werden. So scheint es, als bestünde keine Gefahr, dass unsere braven Koscher Landleute in den Osten ziehen müssen. Solcherart löste sich das Heerlager auf, wenngleich freilich viele ein wenig länger blieben, um Handel zu treiben, oder sich in Angbar die Zeit zu vertreiben.

Derweil verließ ein kaiserlicher Bote Angbar, um die Kaiserin zu unterrichten, dass der Kosch bereit war seinen Teil zu leisten.

Garubold Topfler