Mensch gehenkt, Zwerg geht frei

Aus KoschWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
The printable version is no longer supported and may have rendering errors. Please update your browser bookmarks and please use the default browser print function instead.


Kk-titelbalken-heroldzwerg.jpg

Ausgabe Nummer 68 - Efferd 1044 BF

Mensch gehenkt, Zwerg geht frei

Alttreue fordern Neubewertung der Lex Zwergia

BARONIE BÄRENFANG, Praios 1044 BF. Ein Schuss mit einer Armbrust zieht nun Folgen nach sich, welche die Ruhe und die Ordnung im Koscherland ernstlich gefährden. Sogar die uralten Regeln des Lex Zwergia werden nun in Frage gestellt, die seit Generationen das Zusammenleben von Angroschim und Menschen regeln.

Wie in der letzten Ausgabe des KOSCH-KURIER berichtet, wurde in einem Aufsehen erregenden Prozess in Bärenfang im Ingerimm vergangenen Jahres die Greisin Wilfieb Trutzbirninger zum Tod durch den Strang verurteilt. Im Zuge geistiger Umnachtung hatte sie auf die Vögtin der Baronie, Grothissa Götnisch, schießen lassen, als diese sich dem Gut der Familie näherte, um die Steuern einzutreiben. Der willfährige Vollstrecker des Schießbefehls, der Angroscho Erdox Sohn des Ergomox, wurde zu zehn Jahren Zwangsarbeit in der fürstlichen Heisenbinge verurteilt.

Während nun die alte Wilfieb in Drabenburg von dem eigens aus Angbar einbestellten Henker vor versammelter Volksmenge – zur Anschauung und Mahnung – fachgerecht durch den Strang vom Leben zum Tod befördert wurde, damit es ihrer unsterblichen Seele eine Lehre sei, konnte ihr Mittäter, der Zwerg Erdox, sein Glück wohl kaum fassen. Knapp einen Mond nach Antritt seiner Haft in dem berüchtigten Strafsteinbruch wurden ihm die Fußketten mit der schweren Eisenkugel wieder abgenommen. Er durfte die Sträflingskluft an den Nagel hängen und wurde durchs offene Tor in die Freiheit eskortiert, wo er von einer stattlichen Delegation Zwerge unter bergköniglich Koschimer Banner empfangen und weggeführt wurde.

Auf Nachfrage des KOSCH-KURIERS teilte die Herrin der Heisenbinge, Oberaufseherin Govena von Treublatt mit, dass sie durch ein Schreiben aus der fürstlichen Cantzley zu diesem Schritt aufgefordert worden sei, da bekanntlich die Lex Zwergia verbiete, dass ein straffällig gewordener Zwerg von jemand anderem als seinem Bergkönig verurteilt werde. Frau von Treublatt drückte über den Verlust ihres Sträflings großes Bedauern aus, ging der Zwerg doch im Gegensatz zu den anderen Häftlingen stets mit Freude an die Arbeit im Steinbruch. Baron Erzbart von Drabenburg zeigte sich in einer ersten Reaktion entsetzt über das, seiner Meinung nach, willkürliche Eingreifen der Koschimer Zwerge in die freiherrliche Rechtsprechung: „Die Überheblichkeit dieser Zwerge ist beispiellos. Sie sind eine Gefahr für jeden rechtschaffenen Bürger und für die Sicherheit des Reiches“, erboste sich der Baron.

Seine alttreue Bundesgenossin, Baronin Neralda Cella von Nadoret, hatte nach Bekanntwerden der Affäre eiligst ein Rechtsgutachten erstellen lassen; dieses kommt zu dem Schluss, dass nach dem Inkrafttreten der Ochsenbluter Urkunde die Gerichtsbarkeit über ihre Untertanen vollends den Baroninnen und Baronen zufalle. Folglich müsse die Lex Zwergia in diesem Bereich – wie bereits in anderen Belangen zuvor – als veraltet angesehen werden. Durch diese Rechtsmeinung gestärkt, hat Baron Erzbart von Drabenburg Erdox S. d. Erdomox und seine unbekannten Fluchthelfer zu Vogelfreien erklärt und ein Kopfgeld auf ihre Ergreifung – tot oder lebendig – ausgelobt.Die Baronin von Nadoret hingegen scheint von der Gültigkeit ihres Rechtsgutachtens selbst nicht ganz überzeugt zu sein: Falls man diesem nicht folge, so liege das ausschließlich an der „Verzwergung“ der Reichsverwaltung, meinte sie. So sei unter dem Vorsitzenden des Fürstlichen Hofgerichts, Graf Growin Sohn des Gorbosch, kein gerechter Spruch in dieser Sache zu erwarten. Vor allem weil besagter Graf zu allem Überfluss noch Erster-Reichskammer-Richter und die Anrufung einer höheren Instanz daher völlig nutzlos sei. Auch dass angeblich durch ein Schreiben aus der Fürstlichen Cantzley die Freilassung des Angroscho gefordert worden sei, wundere die Baronin nicht: „Dort wimmelt es nur so von Zwergen – die reinste Onkelwirtschaft herrscht dort. Wahrscheinlich wurde der Fürst gar nicht erst über dieses Schreiben informiert, und Nirwulf handelte hier vollkommen eigenmächtig.

Nur Fürst und Kaiserin können das Reich noch aus dem immer fester werdenden zwergischen Würgegriff befreien!“, ereiferte sich die Baronin. In der vorliegenden Causa sieht sie ein Beispiel für den Verfall der guten Sitten: „Eine ältere Dame wird hingerichtet und der eigentliche Attentäter geht frei – wer soll das noch verstehen? Wo ist da die Gerechtigkeit?“, so die Baronin.

Die Herrin der Heisenbinge ist sich indes sicher, Erdox nicht mehr in ihrer Anstalt verwahren zu dürfen, da die bergköniglichen Gerichte langwierigen Verfahren bekannt sind. Eine Reaktion des Fürsten bleibt abzuwarten.

Stover Schaumbart