Kamingespräch 1

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Therbunja, Anfang Ingerimm 1033 BF

Reto hatte es sich vor dem Kamin von Bruder Perainfried gemütlich gemacht. Der Tempelbau war weiter gediehen als sein eigener Turm. Die Räume von Bruder Perainfried waren bereits vor dem Winter fertig gestellt worden. Auch wenn der Dachstuhl des Tempel noch nicht fertig gestellt war, hier am Kamin der guten Stube war es gemütlich. Reto hatte in den letzten Monden kaum Zeit gefunden, in Therbunja den Aufbau zu begleiten. Gleich nachdem die Siedlungsplätze vergeben waren, rief die Kaiserin auf die Pfalz Weißenstein im Windhag. Graf Growin als auch Fürst Blasius reisten dorthin und Reto bot sich zum Geleit an. War dies doch etwas, was er gut konnte und schon im Tobrischen erfolgreich gemacht hatte. Gleich nach der Rückkehr hatte sich Reto in Ferdok bei Koscher Baumeistern kundig gemacht und einen Maurer- und Zimmermanngesellen gefunden, die für einen akzeptablen Lohn bereit waren, mit nach Therbunja zu kommen, auch wenn all ihre Zuarbeiter dort keine gelernten Handwerker waren. Kaum waren die Grundsteine für den Tempel gelegt, da rief der Fürst zum Turnier zu Ehren seines Enkels, also reiste Reto erneut ab und überließ Therbunja den fähigen Händen von Perainfried und Erborn. Im Anschluss an das Turnier rief der Fürst die Wehrhaften auf, den Grafen von Wengenholm gegen Räuber und Mordbrennerpack zu unterstützen. Wieder gingen Monde ins Land, in denen Reto nicht nach Therbunja konnte. Nur wenige Wochen war Reto in Therbunja, als er Nachricht von der neuen Reichskanzlei in Elenvina bekam. Die Angaben in den dortigen Aufzeichnungen mussten überprüft werden ob des Jahrs des Feuers. Wenn Reto seine eben erst bekommenen Privilegien nicht verlieren wollte, musste er zu diesen Rechtsverdrehern. Phex wollte es, das Reto erneut mit Graf Growin und Fürst Blasius nach Elenvina reiste. Zumindest auf einen Programmpunkt freute sich Reto, die Eröffnung des Koscher Hauses. Die Zwölfe wollte es, das sie für eine Queste wieder in den Kosch reisen mussten, nach Rohalssteg am Angbarer See. Dort lernte Reto auch den Vater des Neusiedlers Boromil vom Kargen Land kennen. Reto fröstelte, als er sich an die Geschehnisse im Ordenssitz der Rohalswächter erinnerte und dass Graf Growin dort fast von ein paar größenwahnsinnigen Adepten vom Leben zum Tode gebracht worden war. „Ist euch kalt, Euer Wohlgeboren?“ fragte Perainfried. „Nein, Euer Gnaden, oder sollte ich Euer Hochwürden sagen?“ Reto lächelte Perainfried an, welcher Reto einen Becher warmen Würzwein reichte. „Nein, ich denke, Euer Gnaden ist angemessen genug, lehrt uns doch Peraine Demut und nicht Hochmut.“ Perainfried blickte Reto ernst an, unangenehme Stille breitete sich aus, „deshalb sollten wir auch bei dem vertraulichen Du bleiben, solange wir allein sind, meint ihr nicht?“ Perainfried zeigte Reto sein breitestes Lächeln und Reto lachte kurz auf und fühlte sich gleich viel besser.“ Nun, Perainfried, dann erzähl mir doch mal ein bisschen über die Neusiedler, welche ich leider etwas vernachlässigt habe, aber ich weiß sie ja bei dir in besten Händen.“
„Ehrbare, fleißige und götterfürchtige Männer und Frauen habt ihr hier in Therbunja versammelt Reto, doch ich möchte euch über jeden etwas berichten. Mit wem fange ich an? Ja doch mit, den Jolpbauers. Ardan und Morena stammen aus der Gegend um Twergentrutz und sind hierher gekommen, um sich einen eigenen Hof aufbauen zu können. Ardan hat noch drei ältere Brüder und würde somit vom Hof seines Vaters nichts bekommen und Morena hat ihn wohl ermutigt, hier neu anzufangen, statt als Knechte auf dem Hof seines Vaters weitere Jahre zu arbeiten. Ardan ist recht einsilbig und zeigt wenig Initiative, aber er verrichtet sauber und gekonnt seine Arbeit. Morena treibt ihn dabei liebevoll an, ihre älteste Tochter Lorine ist den beiden dabei schon eine große Hilfe. Sie hilft fleißig dabei, ihre kleinen Geschwister Tsafried und Erzian zu hüten. Die beiden sind auch schon sehr erfolgreich, was wohl auch der Jolpe geschuldet ist. Sie ist wirklich nicht sehr anspruchsvoll und gedeiht sogar auf den kleinen Landschollen im Sumpf. Morena kennt da nichts, die Schauergeschichten um den Sumpf scheinen sie nicht zu schrecken, bis jetzt gab es nichts, was ihr Angst eingejagt hätte. Wie dem auch sei, ich konnte einige Körbe der Jolpen in Ferdok verkaufen, als ich dort Besorgungen für den Aufbau abholte.“ Perainfried nahm einen Schluck Würzwein bevor, er fortfuhr.
„Zum Verkauf konnten auch die Bachingers etwas beisteuern, auch wenn es nur ein Korb mit Fischen war. Eberhalm mit seinen drei Söhnen Blasius, Reto und Hal haben ein paar Teiche im Sumpf ausgemacht, welche nicht unbedingt vor Fischen strotzen, aber sie tragen mit ihren gefangenen Karpfen, Barschen und Aalen bereits zur Versorgung Therbunjas bei. Vielleicht haben wir auch bald mehr Fisch zum Räuchern als Wild von Erborn. Ich plane zumindest, den Bachingers eine eigene Räucherkammer zu bauen. Die ganze Familie ist übrigens sehr genügsam, nicht das kleinste Widerwort, als ich ihnen eröffnete, dass für ihre Hütte keine Steine zur Verfügung stehen, weil Du sie für Deinen Wehrturm benötigst. Wundere Dich übrigens nicht, wenn Dich Belisa Bachinger oder ihr Vater Falk Birnbaum nicht ansprechen und Dir mit gesenkten Köpfen begegnen, beide stottern und halten sich deshalb etwas bedeckt; es ist ihnen wohl sehr peinlich oder sie haben schlechte Erfahrungen in ihrer alten Heimat gemacht. Ich bemühe mich um beide. Falk ist mir im Stall und beim Umgang mit den Kühen trotz seiner fast 60 Sommer eine große Hilfe.“ Ein weiterer Schluck und Perainfried fuhr fort.
Leta und Firndal Hopfbusch sind sehr traviagläubig, weshalb sie ihre erste Tochter auch den Namen Travine gaben und schon jetzt davon sprechen, wie schön es doch wäre, wenn sie einst als Novizin beim Dreischwesternorden Aufnahme fände. Firndal arbeitete als Hopfenbauer im Ferdoker Umland; wir werden sehen, ob der Hopfen auch hier zum Gedeihen gebracht werden kann. Er hält übrigens viel vom Grafen, wie mir scheint, warum hätte er sonst seinem Sohn den Namen Growin gegeben? Ich weiß übrigens nicht, ob Dir die rundliche Leta aufgefallen ist. Das liegt nicht nur daran, dass sie ihr nächstes Kind erwartet, sie ist allem Süßen sehr zugetan. Die beiden werden den ersten Neusiedler von Therbunja auf Dere bringen. Ich dachte hierfür an ein kleines Tsafest mit der ganzen Dorfgemeinschaft auf Deine Kosten, bist Du einverstanden, Reto?“ „Eine sehr gute Idee, ich denke, wir sollten dem Kleinen und seinen Eltern außerdem noch ein besonders Geschenk machen. Ich werde mir was einfallen lassen, wann ist es denn soweit?“ „Ich denke, im Rondra wird es soweit sein.“ „Einen Kämpfer also, na dann werde ich schon etwas finden.“
„Das waren auch schon die Familien. Kommen wir nun zu unseren Junggesellen, mal sehen ob uns Schwester Ilvine Ilmenstroh da helfen kann, sie unter die Haube zubringen. Da wären die beiden Zwergen Zwillinge Narram und Narrim Söhne des Narloschtax aus Koschim. Die beiden züchten Pilze. Bei Peraine, ich wusste gar nicht, dass man Pilze züchten kann; ich dachte immer, die kann man sammeln, aber da wurde ich bereits eines besseren belehrt. Die beiden haben sich schon von fast allen hier im Ort, die im Sumpf unterwegs sind, vermoderte Baumstämme bringen lassen. Darauf wachsen Pilze am besten, haben sie gesagt. Nun, ich war skeptisch, aber Du musst Dir mal anschauen, was sie in ihrer Erdhöhle und im nahen Wald alles hergerichtet haben. Sie behaupten sogar, sie könnten fast das ganze Jahr ernten, zumindest in ihren Pilzhöhlen. Einige ihrer Pilze haben sie wohl aus Koschim mitgebracht, zumindest kenne ich sie nicht, aber bis heute gibt es noch keine Beschwerden. Die zwei sind auch sehr gesellig und trinken gerne ein Bierchen. Den Erlös ihrer ersten verkauften Pilze in Ferdok haben sie komplett ihn helles Ferdoker investiert. Sie haben mich auch schon ein paar Mal zu sich eingeladen auf ein Bierchen nach getaner Arbeit, dabei erzählen sie immer ziemlich schaurige Geschichten von Drachen. Ich weiß nicht, ob sie stimmen, aber ich hoffe mal nicht, ganz schön gruselig.“ Perainfried nahm einen weiteren Schluck Würzwein und erzählte weiter.
„Zu guter Letzt noch unsere drei Junggesellen, welche sich im letzten Winter eine Hütte geteilt haben, aber ich bin guter Hoffnung, dass wir diesen Sommer für jeden eine Hütte bauen können. Wobei Halmar und Wilbur vielleicht auch weiter zusammen wohnen werden, die beiden verstehen sich blendend und haben sich auch immer genug zu erzählen. Also ich fange mal mit Halmar Bierbold an, ein Braugeselle aus dem Hinterkosch. Auch ohne dass er ein Bier zu viel hat, ist er immer gut gelaunt und gesprächig, mir bisweilen ein wenig zu gesprächig. Wenn er schreiben könnte, könnte er eine koscher Variante von "1000 und einem Rausch" schreiben. Sein Handwerk versteht er und wenn die Hopfbuschs erfolgreich sind, wird er nächstes Jahr sein erstes Therbunja Dunkel brauen, wie er meinte.
Wilbur Topffold hat ein hartes Schicksal hierher geführt, er hat bei den Alagrimm-Wirren sein linkes Bein verloren. Seine Tätigkeit als Krambold konnte er so natürlich nicht mehr ausüben mit einem Holzbein. In Ferdok hielt er sich eine Weile als Bettler über Wasser, aber als er von der Suche nach Neusiedlern las, war er wohl einer der ersten, die sich beim Grafen gemeldet haben. Ich kann ihn gut gebrauchen hier; er kann sehr gut rechnen und passabel schreiben, er hilft mir sehr bei der Erstellung von Lager- und Verteilungslisten. Außerdem kennt er sich sehr gut mit den hiesigen Preisen aus, hat mich schon zweimal vor der Zahlung überhöhter Preise bewahrt. Er möchte hier einen eigenen Krämerladen öffnen, wenn wir erst einmal genug Einwohner haben.
Zuletzt noch Bosper Moorler, der Ortskundige sozusagen, kommt er doch aus Donken. Er kennt sich außerdem sehr gut mit den hiesigen Vögeln aus, das hat Erborn den einen oder anderen Jagderfolg beschert. Als Torfstecher muss er sich hier fast wie in Alveran vorkommen, zumindest wird ihm der Torf nicht so schnell ausgehen und uns sicher nicht die Öfen. Er hat den Bachingers und Jolpbauers gezeigt, wie man sich im Sumpf zu bewegen hat. Allein seine furchtbare Angst vor Pferden ist etwas schwierig, denn er weigert sich strikt, näher als fünf Schritte an ein Pferd heranzugehen oder gar das Arbeitspferd zu führen. Ich hoffe, Eberhalm und seine Jungs werden das Pferd auch sicher durchs Moor führen, wenn wir mit den Trockenlegungsarbeiten beginnen.“ Perainfried möchte noch einen Schluck Wein zu sich nehmen, doch sein Becher war leer. „Zum Glück ist noch etwas im Topf über dem Herd, darf ich Dir noch einen Becher füllen?“ fragte Reto, welcher gerade die Kelle von der Wand nahm. „Sicher doch, ich nehme an, wir haben noch viel zu besprechen, nun wo Du planst, länger hier in Therbunja zu verweilen.“ „Ja, ich denke auch, dass uns eher der Würzwein statt die Gesprächsthemen ausgehen werden“ und Reto schenkte Perainfried und sich noch einmal nach, nicht das letzte Mal an diesem Abend.