Götterläufe, längst vergangen … Chronik des Kosch I

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Ausgabe Nummer 18 - Rahja 1020 BF

Götterläufe, längst vergangen …

Endlich — man möchte sagen: Hesindeseidank! — sieht sich die Schriftleitung dieses Journals in der Lage, einen lange gehegten Plan in die Tat umsetzten und der verehrten Leserschaft einen Blick in die Geschichte unseres Landes zu verschaffen. Stolz präsentieren wir an dieser Stelle den ersten Teil einer Chronik des Königreiches Kosch.

Die Taten der Altvorderen

Ach! Mühevoll ist das Tagwerk des Chronisten, gilt es doch, Kunde aus Götterläufen zu erlangen, die hundert, zuweilen tausendmal vergangen sind, daß nicht einmal die Ältesten davon erzählen können. Soviel ist schon unter Satinavs stetem Drängen zu Staub zerfallen, wenn nicht in Krieg und Feuersbrut vergangen oder gar — Hesinde und Praios höchst ungefällig! — von mächtigen Herrn grad so diktiert worden, wie sie es sich erhalten wünschen.

Allein das Kleine Volk pflegt die gute Sitten, seine Taten in beständigen Fels zu meißeln. Und Zwerge waren es nun auch, die als erste jenes Land zwischen Koschbergen und großen Fluß erblickten, damals, als die Welt noch jung war und der erste Mensch noch nicht auf Deren wandelte. Denn es geschah, daß sie im nördlichen Amboß einen mächtigen Turm errichteten, wie uns die Runensteine in Xorloschs heiliger Halle erzählen. Spähzinne soll er geheißen haben, der Wachposten wider das Drachengezücht und die erste Feste der Angroschim, die nicht allein auf den Schutz von Sumus Leib vertraute, sondern sich stolz der gleißenden Sonne entgegenreckte.

Doch so tapfere und zähe Krieger die Amboßtunnel hervorbrachten, verspürten sie doch wenig Lust, die hohen Berge zu erforschen, die sich hinter dem Grolomthûr (wie sie den mächtigen Strom hießen, der die Gebirgskämme trennte) mitternächtlich der Spähzinne erhoben. Einzig nach Süden war ihr Blick gerichtet und auf die Befestigung ihrer Tunnel ihr Streben. Erst viel später, nachdem Eitelkeit und Starrsinn die Zwergenheit geteilt hatten (doch das ist eine andere, wenn auch traurige Geschichte), siedelten die Sippen des Broxal, des Thrumbo und des Aswadur die Berge und Täler jenseits des Stromes. Zuvor hatten sie um Aufnahme bei ihren Vettern im Amboß ersucht, doch waren ihnen die Tore der Berge verschlossen geblieben.

„Seht,“ hatte der König des Amboß zu ihnen gesagt, der ein großer Krieger und von ebenso großer Weisheit war, „dies sind die Tunnel, die mein Volk gegraben und befestigt hat. Ihr seid unsere Verwandten, und gerne würden wir euch Einlaß gewähren, wenn’s denn nicht Hader und Mißgunst wären, die euch hierher trieben.“ Zugleich aber versprach er den Vettern die Hilfe seines Volkes, sollten sie anderswo siedeln und aus eigene Bingen bauen. Und so geschah es, daß mit der Amboßzwerge Hilfe ein neues Königreich schufen, daß nach dem dunklen Basalt des Gebirges „Okosch“ — „schwarze Zuflucht“ — geheißen wurde. Zum König unter dem Berg machten die Zwerge Väterchen Aswadur, der unter ihren Sippenführern der weiseste war, obgleich er Broxal an Alter und Thrumbo an Stärke und Kühnheit unterlegen war. Fortan wachte er als Rogmarok über sein Volk, das rasch wuchs und Götterlauf um Götterlauf neue Tunnel grub, Minen erschloß, prächtige Hallen baute und wunderbares Schmiedewerk fertigte.

Viel wäre noch zu erzählen von Taten und von Unglücken, die diesem Stamm des Kleinen Volks widerfuhren, von den Schlachten, die Ingerimms Kinder fochten, wider die Gigantensöhne seines Bruders Rashtul, die Trolle, oder wider Lindwürmer und Drachengezücht, das in die Hallen einzudringen suchte, von jenem Sommer, in denen die Rotpelzigen gemeinsam mit ihren schwarzen Vettern die Tore der Angroschim berannten, und Frühjahrsfluten, denen beinahe gelang, was kein Gegner aus Fleisch und Blut je vermochte: die Angroschim aus ihren Stollen zu vertreiben, von Bergstürzen und Goldfunden und ungezählten Dingen mehr, doch ist dies — das ehrwürdige Zwergenvolk möge es verzeihen — eine Geschichte der Menschen, und von jenen haben wir erst viel später Kunde.


4000 v. Hal

Nach dem „Tag des Zorns“ siedeln Zwerge aus Xorlosch mit Unterstützung ihrer Brüder aus dem Amboß im südlichen Kosch, wo sie reiche Bodenschätze entdecken. Entlang des Stromes finden sich einige Dörfer des Auvolkes.


3600 v. H.

Unter König Bordrasch II. dringen die Zwerge nach Norden vor und liefern sich dort heftige Kämpfe mit Goblinstämmen.


3100 v. H.

Von Süden her überfallen mehrmals Lindwürmer die Täler und Minenpforten der Angroschim. Nach Jahrzehnte währenden Gefechten verlegen die Zwerge, des Kämpfens müde, das Herz ihres Königreichs in den nördlichen Kosch.

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Aus bosparanischen Praiosläufen

Der legendäre Admiral Sanin, der Erste seines Namens, war es, der auf seiner dritten Fahrt vom siebenwindigen Meer her den Großen Fluß befuhr und dabei viele Tagesreisen ins Innere des Landes vordrang. In seinen Logbüchern benannte er die Gebirgszüge zu beiden Seiten des Stromes und Felsklippen herinnen (Rabenfelsen, Drachenzahn, Blutfelsen und Haiflosse tragen ihre Namen noch heute), faßte das Ferdoker Landes und den Angbarer Sees in Worte. Und auch von den Zwergen schrieb er, „die jedoch weyt umgänglicher und freundlicher seyn als ihre groben Vettern aus den Amboss-Bergen.“

Eineinhalb Jahrtausende waren vergangen, ohne daß sich für die Angroschim etwas wirklich Bedeutsames ereignet hätte. Nach den Gipfeln, Tälern und Stollen des Dumrod Okosch waren nun auch die Hügellande rund um den saphirblauen See zur Heimstatt des Kleinen Volkes geworden. Denn die Zwerge hatten die Worte ihres ersten Bergkönigs Aswadur beherzigt, der den klugen Spruch getan hatte: „Dies Land hat uns gastfrei aufgenommen und auch über der Erde wurde uns Reichtum zuteil – darum laßt uns zukünftig nicht vergessen, das Leben unter der Sonne nicht notgedrungen schlechter sein muß als der Hader um Gold und Schätze in der Tiefe“.

Der von Sanin an der Rakulamündung zurückgelassene Vorposten verging im Ersten Zug der Oger, doch ob der günstigen Lage ward der Platz schon wenig später erneut von Menschen besiedelt. Den Pionieren Schutz und Wehr sein sollte eine Hundertschaft Speerträger, deren Hauptmann Carid hieß. Rasch wuchs Vadocia, denn von hier aus drangen die Güldenländer weiter ins aventurische Herzland vor. So erhielt der wenige Jahre nach seiner Gründung vom göttlichen Kaiser Belen-Horas das Stadtrecht verliehen, Hauptmann Carid gar ward zum Grafen ernannt. Doch unablässig mußten die Menschen mit Schwert und Beil wider Trolle und andere Finsterbrut fechten. So ist mit Recht zu bezweifeln, welch Fortgang die Geschichte genommen hätte, wenn die bosparanischen Siedler nicht starke und standhafte Bundesgenossen im Volk der Zwerge gewonnen hätten.

Unter den Nachfahren jener Carids nämlich war einer, der als Knabe einmal von Zwergen aus bitterer Not errettet worden war und sich seither mit ihnen aufs beste verstand. Auch sein Name, Broderic, ist nicht dem Bosparano entnommen, sondern der, mit dem ihn die Zwerge in ihrer Sprache Rogolan nannten und die Runenstelen von Koschim es heute noch tun.

So war Broderic den Zwergen ein lieber Freund, und als er seinem Oheim Nitor als Graf nachfolgte, rief er Meister des kleinen Volkes in seine Stadt, daß sie ihm eine feine Feste bauten wider die Trolle und Oger und was da an schrecklichem Gezücht mehr lauerte in den wilden Land. Er war es auch, der noch im reifen Alter von 81 Sommern der zum Kaiser ins ferne Bosparan ritt (und Spott bei Hofe erntete, weil sein Roß ein stämmiges Pony war, doch das störte ihn wenig), als dessen Gesandte nach Jahren vergeblichen Handelns immer noch nicht mit den Zwergenkönigen einig geworden waren, wem fürderhin welches Land zu eigen sein sollte. Nach dem rührigen Appell des Grenzherrschers – und eingedenk der Botschaft um Botschaft über die Sturheit der Zwerge lamentierenden Gesandten – beschloß der Kaiser, seinen eben zum Manne gereiften Sohn zu entsenden, auf daß dieser mit den Zwergen einen geschwisterlichen Contract beschwöre. Da warf sich Broderic dem mächtigen Herrn zu Füßen und fleht ihn an, einen anderen Weg zu suchen. Denn er wußte um die Sitten der Zwerge, daß nämlich der König unter dem Berg seit hundert und mehr Götterläufen schwerlich mit einem Menschenjüngling verhandeln könne.

So kam es, daß der kaum 40jährige Kaiser seinen greisen Vasallen an Kindes statt annahm und dieser schließlich an seiner Statt den ersten Vertrag zwischen den Völkern siegelte. Allein, so hehr und wahrhaft der Wunsch nach Freundschaft war, noch herrschte Mißtrauen zwischen den Menschen und Zwergen. Wenig hätte gefehlt, und die schicksalhaften Ereignisse um die Wergenburg – deren Herr Aldiran der erste Mensch war, der von der Axt eines Koschzwergen starb – hätten die beiden Völker auf ewig entzweit, kaum daß der wackere Broderic nicht mehr war. Dem weisen Väterchen Angbarosch ist es zu danken, daß es nicht dazu kam und die Zwerge, die da fehl getan hatten, dies erkannten. Fortan lebten die Völker in Frieden Seite an Seite, aber auch wenn es manchmal schien, als seien die Toten der Wergenburg vergessen, so war jene Schuld nicht abgetragen.


1865 v. H.

Admiral Sanin erkundete den Großen Fluß und läßt einen Vorposten zurück – das heutige Ferdok.


1864 v. H.

Der Erste Zug der Oger vernichtet die unter Sanin zurückgelassenen bosparanischen Vorposten wieder.


1860 v. H.

Gründung Ferdoks unter Graf Carid.


1800 – 1700 v. H.

Gründungen von Drift, Nadoret, Wallerheim u. a. Siedlungen

Die ersten Grafen von Ferdok

1865 – 1832 Carid

1832 – 1817 Breloga

1817 – 1785 Dvirdus

1785 – 1756 Nitor

1756 – 1725 Broderic


1749 – 1705 v. H.

Hochkönig Angbarosch von Kosch legt die Landstreitigkeiten mit den Menschen vertraglich bei. Die Verhandlungen werden in einem kleinen Dorf am Seeufer geführt, das später seinen Namen tragen soll – Angbar.

Die Fürsten aus dem Hause Carid

1725 – 1706 Carid II

1706 – 1696 Nïam

1696 – ? Gorbonius Felshand

? – 1668 Ardinai

1668 – 1621 Nïam II.

1621 – 1602 Nïam III.

1602 – 1574 Pergrim


Fortgeführt werden wird die Chronik des Koscher Landes in der nächsten Ausgabe (welche die Jahre vom der Wengenholmer Freibund bis zu den Tagen des glorwürdigen Fürsten Baduar vom Eberstamm schildern wird).


Irdischer Hinweis: Dieser Kosch-Kurier-Artikel bildete die Grundlage für die Wiki-Artikel Die Taten der Altvorderen sowie einem Teil über die Gründerzeit.