Entführung des Prinzenpaares - Cantzler Nirwulf

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Wengenholm, 1031

Der Knappe war auch etwas näher an die Kutsch herangeritten und versuchte, einen Blick in das Innere dieser zu heischen. So wäre er aus Schreck auf die prompte Ansprache von Urion fast aus dem Sattel gestürzt. Dann aber nickte er kurz, raunte ein knappes, „Boron mit Euch“, den Zwergen zu und wendete erstaunlich geschickt sein Roß, um in gestrecktem Galopp auf die Truppe um den Prinzen zuzuhalten.
Wenige Augenblicke später hatte er bereits die Reisegruppe erreicht, ritt ohne zu bremsen auf dem schmalen Weg an Ardo vorbei, der die Vorhut bildete, direkt auf den Prinzen zu. Dort versuchte er seinen Rappen ruckartig zum Stehen zu bringen, ritt jedoch noch einige Schritt vorbei, auf die erschrockene Antara zu, wendete sein Pferd abermals und kam endlich an der Seite des Prinzen zum Stehen. Der Prinz hatte sein Ross bereits gezügelt und hörte den Bericht, den Timokles mit geneigtem Kopf überbrachte.
„Ehrenwerter Prinz, Euer Hochwohlgeboren. Ich darf Euch über die Ankunft seiner Hochgeboren Nirwulf, Sohn des Negromon, Cantzlers des Kosch und Barons von Birnbrosch, in Kenntnis setzen. Dieser wird nach der nächsten Wegbiegung auf unsere Reisegruppe treffen und lässt Euch beste Grüße ausrichten.“
Antara ließ ihr Pferd im Zug mitgehen und widmete sich ihren Gedanken. Die borongefällige Kontemplation wollte ihr dabei nicht so recht gelingen, und sie ertappte sich bei dem wohligen Gedanken an ein warmes Bad. Plötzlich wurde sie unsanft wieder zurück in die Realität geholt, als ein ihr mittlerweile wohlbekannte Knappe auf Kollisionskurs auf sie zu kam.
Auch wenn er sein Pferd rechtzeitig vor ihr wendete, war das Unheil bereits angerichtet. Ihr nervöser Yaquirtaler wollte ausbrechen, und es kostete sie alle Mühe, ihn zu zügeln. Schließlich stieg der Rappe vorne hoch und drohte, sie gar abzuwerfen.
Im letzten Moment fiel ihr noch Trick ein, den ihr Bruder ihr früher verraten hatte, und es gelang ihr, das Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen und letztlich zu beruhigen. Schwer atmend starrte sie finster auf ihren vorwitzigen Ordensbruder, und ein leiser Fluch war zu hören. schuldbewusst sah sie sich um, aber vermutlich würde niemand hier das Tulamidya gut genug beherrschen, um den Zahori-Dialekt zu verstehen.

Der Cantzler sah Urion freundlich an.
„Oh, Euer Rogolan ist wahrlich beachtlich, und es ist sehr freundlich, uns in unserer Sprache zu begrüßen. Hochgeboren genügt übrigens völlig, wenn ihr Wert auf menschliche Adelsanreden legt. Ansonsten nennt mich ruhig Väterchen Nirwulf, wie es im Grunde alle tun!“, ergänzte der apfelbäckige Cantzler und blickte erwartungsfroh zu den näher kommenden Reitern.
Das Lob des Zwergen trieb Urion trotz der bitteren Kälte die Schamesröte ins Gesicht. Artog hatte ihm wahrscheinlich Hunderte Male die gerade rezitierte Begrüßungsformel der Zwerge eingebläut.
„Väterchen Nirwulf, ihr sprecht mir aus dem Herzen, denn ich habe mich immer schwer mit dem höfischen Zeremoniell getan, und es war in Wehrheim nicht gerade mein Lieblingsfach. Umso mehr bin ich erfreut, dass ich Euch Väterchen Nirwulf nennen darf. Und Artog werde ich wohl bei nächster Gelegenheit ein Fass Bier ausgeben dürfen. Doch hätte ich eine bescheidene Bitte an Euch: bevor der Prinz bei uns ist, wüsste ich gerne, ob Euch auf Eurem Weg vom Erlenschloss hierher etwas Verdächtiges aufgefallen ist. Meine beiden Kameraden bilden mit mir die Vorhut des Prinzen und wären über Informationen über den vor uns liegenden Weg sehr dankbar. Gerade in diesen Zeiten fürchte ich um die Sicherheit des Prinzen vom Eberstamm.“
Die eben noch strahlende Mine des Cantzlers erstarrte bei den Worten Urions. Auf seiner Stirn bildete sich eine Sorgenfalte, als er ernst und leise sprach:
„Nach Erlenschloss wollt ihr? Will der Prinz etwa seinen Bruder und seine Schwägerin besuchen? Hat ihn unsere Botschaft nicht erreicht …oder ist er gerade deshalb dorthin unterwegs?“
Urion bemerkte den Anflug von Sorge in des Cantzlers Gesicht, hob beschwichtigend die Hand und fasste die Lage kurz zusammen.
„Nein, nein, sorgt Euch nicht, Väterchen Nirwulf, der Prinz ist über die Entführung soweit im Bilde, wie man es in Greifenfurt sein kann. Er hat seine treuen Greifenfurter um sich gesammelt, um seinen Bruder und seine Schwägerin aus den Händen dieser üblen Schurken zu entreißen.
Wir wollten zunächst zum Erlenschloss, um den Tatort zu inspizieren, und hoffen auf neue Erkenntnisse und Spuren. Erst gestern haben wir eine Abordnung gen Fürstenhort entsandt, um den Fürsten über die Ankunft und die Queste des Prinzen ins Bild zu setzen. Ich vermute, ihr kommt gerade von Fürstenhort? Deshalb hoffte ich, von Euch zu erfahren, was uns auf dem Weg bis Erlenschloss erwartet. Sind die Edlen des Kosch alarmiert und kontrollieren Weg und Steg?“

Anselm Hilberan war fürwahr überrascht, ob des ungestümen Ansturms des Golgariten. Seine Hand lag bereits an der Waffe, bereit, sofort für den Prinzen in die Bresche zu springen.
‚Welch ein Narr, der hier so heranprescht’, dachte sich der Hundsgraber und war merklich vergrätzt über die ganze Angelegenheit.
‚Man wird darüber sprechen müssen – später’
Thorben sah dem heranstürmenden Knappen entgegen und spähte angestrengt an ihm vorbei, sah jedoch keine Verfolger und auch sonst keine Anzeichen von Ärger. Daher blickte er dem Knappen nach und wurde so Zeuge der Beinahekollision der Golgariten und der Schwierigkeiten der Ordensfrau mit ihrem Pferd.
„Sehr aufschlussreich“, dachte er bei sich. „Nervöses Tier. Ich hoffe für Dame, dass es nicht zu hoch in die Berge geht, sonst wird sie noch weiteren Spaß bekommen.“
Über den Ritt des Knappen schüttelte er leicht belustigt das Haupt. Früher wäre er sicher ähnlich geritten, heute wusste er, dass das vor allem hier auf Eis und Schnee gefährlich war. Er würde sich mal kundig machen, wer denn für den jungen Mann verantwortlich war.
Der Prinz hatte sich unterdessen dem Knappen zugewandt und die Augenbrauen waren irritiert zusammengerutscht.
„Der Cantzler ist hier auf diesem Wege unterwegs?“
Verwirrt schüttelte er den Kopf.
„Das hätte ich nun wirklich nicht gedacht.“
Der Wehrmeister hatte sein Pferd zum Prinzen zurück gehen lassen.
„In der Tat ungewöhnlich, mein Prinz! Wo der Catzler doch so ungern reist im Winter.“
An Timokles gewandt fügte er hinzu: „Seid ihr euch sicher?“
„Ich selbst weiß es nicht gewiss, ich bin dem Cantzler noch nie begegnet, aber der Rittmeister schickte mich zurück, von der Ankunft des…“, er stockte kurz und überlegte, „Väterchens Nirwulf, wie er sich selbst vorstellte. Ein kleiner Mann, ein Angroscho, schwarz-grauer imposanter Bart. Er reist in einer Art… ja, Schlitten.“
Auch Erlan musste über den Ungestüm des Knappen schmunzeln. Erst dachte er an eine Horde Verfolger, doch als er erfuhr, dass Nirwulf höchstselbst gekommen war, glaubte er, sich verhört zu haben. Schließlich wusste er genau, dass sein Freund reisen im allgemeinen und besonders im Winter verabscheute. Es mussten schon gewichtige Gründe sein, die den Obersten Richter der Hügelzwerge hinaus in die Wildnis des Wengenholm trieben.
Der Prinz zuckte kurz mit den Achseln.
„Nun, was immer ihn auch bewogen haben mag, er wird es uns sicherlich mitteilen.“
Und damit sah er wegan der kleinen Versammlung entgegen, die da seiner und seiner Getreuen harrte. Während der Zug sich auf dem Weg zur Kutsche des Cantzlers fortbewegte, ließ der Hammerschlager sich zur Golgaritin Antara zurückfallen.
„Der schweigsame Herr mit Euch, euer Gnaden! Ein schönes Tier reitet ihr. Feines Fell, feste Fesseln, strotzend vor Kraft und Tatendrang.“
Thorbens Augen glitten bei seinen Worten über den Hals des Pferdes, die Flanken entlang zu den Hufen.
„Wart ihr mit dem Tier im Winter schon mal in den Bergen?“
Die Ansgesprochene tätschelte ihren Rappen.
„Rabenschweif hier ist ein Geschenk meines Bruders Boraccio; er hat ihn selbst zugeritten. Unsere Ländereien liegen im Caldaier Hochland, im Vorfeld des Raschtulswall, Schnee ist dort durchaus nicht unbekannt. Aber ich selbst habe ihn eigentlich nur im Yaquirtal geritten, mit Ausnahme einer Mission in der Rabenmark im Boronmond. Aber im Gebirge ... bisher nicht, nein.“
„Sagt, ist ein Knappe Golgaris mit einem weltlichen Knappen zu vergleichen? Gibt es also jemanden, der für die Ausbildung und Aufsicht zuständig ist, oder ist ein Knappe Golgaris für seine Taten vollständig eigenverantwortlich?“
Nach dem Tonfall zu urteilen war Thorben die Frage nicht besonders wichtig. Vielleicht suchte er nur einen Vorwand, das Gespräch in die Länge zu ziehen, aber seine braunen Augen beobachteten aufmerksam jede Regung in Antaras Gesicht.