Ein unerwarteter Gast - Sindelsaumer Gaben

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Texte der Hauptreihe:
Autor: Kunar, Geron

Neuvaloor, 1032

Dankbar griff Erlan zu. Die Reise war zwar bisher nicht so anstrengend gewesen, aber zu einem kleinen Imbiss konnte er niemals nein sagen. Auch Gerwulf und Lechdan langten kräftig zu, während der junge Knappe erst nach einer aufmunternden Kopfbewegung zugriff.
„All dies interessiert mich natürlich sehr. Es freut mich außerordentlich, dass es schon so manchen gibt, mit dem du dich gut verstehst. Die Pläne des jungen Tarnelfurters scheinen mir jedoch ein wenig vermessen. Es würde mich schon wundern, wenn ihr dieses Jahr genug erntet, um über den Winter zu kommen. Ich habe gerüchteweise gehört, dass der Boden hier nicht gerade erste Wahl ist.“
Für einen Moment stahl sich ein Grinsen auf Erlans Gesicht, doch dann wurde er wieder ernst.
„Auch halte ich es nicht für weise, den Orden hier übermäßig aktiv werden zu lassen, wo doch unser Fürst in seiner Weisheit verfügt hat, dass sich weltliche Instanzen um diese Aufgabe zu kümmern haben. Bei einem Kloster ist es ja nicht damit getan, dass man das Land für die Gebäude abtritt. Man muss das Kloster meist bauen und den Grundstein für eine gute Funktionsweise legen. Saatgut muss beschafft werden und Ackerland, dass hier ja nun eine Menge wert sein sollte, an das Kloster abgetreten werden, aber wer weiß schon, was richtig ist. Vielleicht kann sich ein solcher geistiger Beistand eines Tages als nützlich erweisen. Es mag sicher nicht in den nächsten Götterläufen klappen, aber in zehn Jahren kann hier vielleicht doch ein Kloster stehen. Kommt Zeit, kommt Rat. Gerüchteweise sollen die Tarnelfurts auch nicht ohne jedes Vermögen sein. Zu all den Fragen, die du gerade genannt hast fällt mir sogar noch eine ein: Wo hast du die Leute her? Der Hüne dort scheint mir ja nicht gerade aus der Gegend zu stammen. Und was den Namen angeht, da weiß ich schon wie der lauten wird: „Fürstenehr“ ist doch der Name der Wahl für eine Neugründung.“
Der letzte Vorschlag war freilich halbernst gemeint. Erlan würde seinem Schützling keine Vorschriften machen, aber andererseits gab er ihm hier doch einen kleinen Fingerzeig.
Boromil grinste über des Barons letzte Bemerkung. Wenn er daran dachte, wie ernst und kämpferisch sich viele Adelige verhielten... da hatte er es wirklich gut getroffen, bei Erlan damals die Knappenzeit verbracht zu haben! Verstand und eine scharfe Zunge waren doch meistens die besten Waffen.
Wieder etwas ernster werdend, antwortete er: "Seine Durchlaucht selbst war es, die die ersten zwanzig Siedler für jeden Neubelehnten organisiert hat. Aus dem ganzen Kosch - und in einigen Fällen sogar darüber hinaus - sind Leute zusammengekommen, die es wagen wollen, auf Moorbrücker Grund ihr Glück zu suchen. Ich möchte die Anwesenden nicht mit Details langweilen, wie die Verteilung dieser guten Leute vor sich ging, aber ich kann ja kurz erzählen, wen ich abbekommen habe. Da wäre zunächst eine Familie von Waldbauern aus dem benachbarten Bragahn. Die sind in der Nähe des Birkhains sicherlich richtig eingesetzt. Verstärkt werden sie durch einen Bauernsohn aus Hochfeld. Daheim in der Baronie Drakfold hätte er ohnehin nie geerbt, als Siebter Sohn."
Boromil legte den Kopf ein wenig schief und zwinkerte Erlan zu.
"Tja, da hat er etwas mit mir gemeinsam! Jedenfalls ist er ein tüchtiger Bursche. Dann ist da noch ein Ziegenhirt aus dem Wengenholmschen. Wie ich an die Ziegen gekommen bin, erzähle ich vielleicht ein anderes Mal."
Bei dieser Bemerkung wurde der Ritter vom Kargen Land kurz ernst und überlegte, fuhr dann jedoch fort: "Bisher habe ich nur eine Familie mit Kindern und zwei Ehepaare, da muss ich also besonders darauf achten, dass sich Paare bilden, die dann Familien gründen und für Nachwuchs sorgen, damit die Siedlung wächst... das Angroschim-Pärchen ist aus Fürstenhort. Der Mann hütet Schweine. Dann ist da noch eine Baderin aus Ferdok mit ihrem Ehemann. Sie kann angeblich Elfisch! Na, da bin ich gespannt... eventuell kann ich noch etwas lernen. Unseren Halbthorwaler habt Ihr ja bereits gesehen. Er stammt ebenfalls aus Ferdok. Hat dort im Hafen gearbeitet, kann aber auch ganz gut kochen. Gut, für eine Baronsküche wird es wohl nicht reichen, da fehlen noch ein paar Feinheiten, aber für ein Rittergut ist es mehr als ausreichend."
Boromil konnte es nicht lassen, ab und zu ein paar eher schelmische Bemerkungen in seinen Vortrag einzuflechten.
"Wie er genau nach Ferdok kam, habe ich ihn noch nicht gefragt, es gab Dringenderes. Aber ich habe die Zusicherung des Fürsten, dass nur freie und gesetzestreue Leute unter den Siedlern sind. Der Rest interessiert mich erst einmal nicht, zumal es sicherlich nicht viele nach Moorbrück ziehen wird, da darf ich nicht wählerisch sein. Ich habe übrigens noch einen zweiten Koch aus Ferdok. Er ist auf Brei spezialisiert, denn da er zahnlos ist, ist das das eins der wenigen Gerichte, die er ohne Probleme zu sich nehmen kann. Naja, so weiß ich wenigstens, dass er von seinem Handwerk etwas versteht, sonst wäre er schon verhungert. Ebenfalls aus Ferdok stammt eine Waschfrau."
Nun fing Boromil an zu überlegen.
"Tja, wen haben wir noch? Ach ja, dem Rossknecht aus Fürstenhort und der Töpferin aus Salmingen seid Ihr schon begegnet."
In diesem Moment läutete ein Glöckchen in der Nähe des Eingangs.
"Ja, was gibt's denn?" antwortete Boromil, anscheinend schon daran gewöhnt. Herein trat ein Mann in recht guten, wenn auch schon etwas abgetragenen Kleidern. Der Gestalt nach zu urteilen, war er keine harte körperliche Arbeit gewohnt, sondern wohl eher auf eine Tätigkeit spezialisiert, bei der er seinen Kopf einsetzen musste. Er verbeugte sich vor den Gästen, ohne allerdings einen Willkommensgruß zu sprechen, und wandte sich wortlos an seinen Herrn, dem er eine kleine Schiefertafel reichte. Boromil überflog kurz die dort aufgeschriebenen Zeilen.
"Ach ja, richtig. Gut, dann mach mir noch zwei Abschriften, wie besprochen. Und prüfe bitte die Inventarliste, ob noch etwas fehlt, um einen Ofen für Ziegel zu bauen."
Der Angesprochene nickte stumm, dann schrieb er noch eilig etwas auf seine Tafel, die er den Gästen hinhielt.
"Den Zwölfen zum Gruße!"
Dann verneigte er sich zur Verabschiedung und verließ den Raum. Boromil wandte sich erklärend an Erlan.
"Ein ehemaliger Musiker aus Andergast. Irgendjemand hat ihm nach einem Spottlied die Zunge herausgeschnitten. Damit verlor der arme Kerl seinen bisherigen Broterwerb. Aber da er lesen und schreiben kann, was für einen Gemeinen ja alles andere als selbstverständlich ist, ist er gut als Schreiber einzusetzen. Seine Verstümmelung hat sich natürlich nicht auf seine Fähigkeit ausgewirkt, ein Instrument zu spielen. Wer weiß, vielleicht kann er demnächst gemeinsam mit dem Hirten, der Flöte spielt, musizieren. In den kalten Wintertagen mag uns das erfreuen. Das Glöckchen, mit dem er sich ankündigt, hat ihm übrigens unser Glockenschmied gegeben. Ist dem Künstler wohl ganz wohlgesonnen. Ich weiß nur noch nicht, wie gut er als einziger Angbarer mit der Ferdoker Fraktion zurechtkommen wird. Zu guter Letzt habe ich noch darauf geachtet, dass unter meinen Neusiedlern einige weitere Frauen sind. Eine von ihnen hat zuletzt in Rakulbruck gearbeitet. Schließlich ist da noch eine Frau aus der Baronie Dunkelforst. Aus der werde ich nicht ganz schlau. Sie packt ordentlich an, da kann mir das auch egal sein. Soviel zu den Siedlern. Es wird sicherlich dauern, bis sie sich zu einer Gemeinschaft zusammengelebt haben, bei so viel Einzelpersonen unter ihnen. Aber dafür habe ich neben Bauern und Hirten gleich eine ganze Menge Handwerker und Diener für Ross und Feder. Und ich muss sagen, ja, mit diesen Leuten will ich den Neuanfang hier wagen."
Boromils Gesicht hatte sich entspannt.
„Eine beachtliche Schar hast du da um dich gesammelt. Wie mir scheint eine gute Truppe um hier anzufangen. Einzig an ehrbaren Bauersleuten mangelt es. Es wird für euch nicht leicht über den ersten Winter zu kommen. Dein Breikoch hat es mir ganz besonder angetan. Man möchte meinen, dass den Göttern da gerade der Schalk im Nacken saß.“
"So, jetzt gieße ich aber noch einmal ein, bevor ich Euch von der Siedlung erzähle. Alles kann ich natürlich nicht berichten, sonst sitzen wir noch hier, wenn das Madamal lange aufgegangen ist!"
Wie versprochen füllte er nach und stieß mit seinen Gästen an.
"Fangen wir mit dem Namen an. Der hat mir vielleicht Kopfzerbrechen bereitet! Du weißt ja, Erlan, dass ich immer eher abwägend war. Und da musste ich, der Zweitgeborene, plötzlich einen Namen für die eigene, neue Siedlung finden! Vier der Neusiedler wussten ihn bereits, als sie ihr Stück Land bekommen haben. Edelbrecht hat sich tatsächlich den Namen "Neufarnhain" geschnappt. Na, ich freue mich natürlich für ihn! Retos Pläne schlagen sich auch ihm Namen nieder. Therbunja soll der neue Ort heißen. Rainfried, der aus einer Familie stammt, deren Name im Kosch lange Zeit einen eher schlechten Klang hatte, hat sich für "Grimsaus Ehr" entschieden, wohl damit man wieder angenehmere Dinge mit seinem Haus verknüpft als einen Raubritter. Und Roban nennt sein Gut Hohentrutz, in der festen Überzeugung, dass er von seinem Hügel aus so mancher Gefahr trotzen kann."
Nun sah Boromil etwas entschuldigend zu Erlan hinüber.
"Ehrlich gesagt wäre "Fürstenehr" ein schöner Name gewesen, aber ich wollte nicht einen Namen wählen, der dem Gut jedes anderen ebenso zustehen würde. Wichtig war mir, dass er in Verbindung mit meinem Familiennamen einen guten Klang hat. Das Haus vom Kargen Land kann froh sein, nicht auf Gut Trist zu residieren! Ich bin noch Junggeselle; da sollen Heiratskandidatinnen nicht bereits bei meiner Ankündigung das Weite suchen. Gleichzeitig durfte der Name auch nicht allzu beschönigend sein. Wenn man in einer Gegend wie Moorbrück siedelt und dann sein Gut "Schönacker" oder "Blumenfeld" nennt, da riecht man doch den Braten. Aus solchen Namen spricht doch die pure Verzweiflung! Oder ein ausgeprägtes Talent, sich die Realität hartnäckig schön zu phantasieren...
Einige Zeit spielte ich mit dem Gedanken, einen klangvollen Namen ohne weitere Bedeutung zu wählen. "Hjaldorn" hätte an Bjaldorn erinnert - einst gegründet mitten in der rauhen Wildnis. Das hätte nicht zuviel versprochen. Aber jeder Gebildete würde sich doch fragen, wo hier die Hjala entspringt - entsprechend der Bjala eben, die der Stadt im hohen Norden ihren Namen gegeben hat. Es hätte mir doch nicht gefallen, für solche Verwirrungen zu sorgen. "Boromilsheim" wäre wohl recht klangvoll gewesen, aber ich fand es etwas anmaßend, meinen Namen allen folgenden Generationen in den Titel zu schreiben. Zumal ein an Boron gemahnender Name auch einen düsteren Eindruck machen kann - Du weißt ja, dass Vater als etwas unheimlich gilt aufgrund der Umgebung, in der meine Familie wohnt, und das wollte ich vermeiden. Den alten Namen "Klippbrühl" wollte ich nicht übernehmen, es sind zu viele traurige Erinnerungen damit verbunden. Einfach "Neuklippbrühl" zu wählen, kam ebenfalls nicht in betracht. Jeder würde fragen, was aus Klippbrühl geworden ist! "Neukargen" hätte wohl schnell erklärt, dass mein Familienname mit dem Ort Kargen zu tun hat und nichts mit "karg", aber es hätte mich immer daran erinnert, dass wir unseren Stammsitz wegen einer Fehde verloren haben - nicht unbedingt der angenehmste Gedanke bei einer Neugründung. Warum außerdem mit einem Namen ausdrücken, dass man etwas herbeisehnt, was man einfach nicht haben kann? Am Ende habe ich mich jedoch besonnen und an einen Namen erinnert, der in der Geschichte meiner Familie eine gute Rolle spielte, der seit Kaiser Valpos Zeiten jedoch etwas in Vergessenheit geraten ist. Zuletzt war es mein Verwandter Born - Boron habe ihn selig - der den alten Namen von Valpos Horn, Valoor, verwendet hat.
"Neuvaloor" - so soll mein Rittergut heißen!"
Erlan hatte Boromils Ausführungen aufmerksam gelauscht.
„Du hast dir die Entscheidung sicherlich nicht leicht gemacht und ich hoffe, dass du eine Wahl getroffen hast, mit der du auch in einigen Jahren noch zufrieden bist. Der Name ist jedenfalls recht klangvoll.“
Erlan probierte den Namen ein paar Mal aus.
„Neuwalor, Neuwalooor, Neufalor...“
Als er damit fertig war grinste er schief.
„Genug gescherzt. Ich möchte dich bei deinen ehrenhaften Bemühungen auch ein wenig unterstützen. Freilich werde ich dir nicht den ganzen Hof in einem Vierteljahr aus dem Boden stampfen, wenngleich es im Rahmen des möglichen läge.“
Erlan gab einen kurzen Wink, woraufhin Lechdan, Praiophatus und Gerwulf herausgingen. Nach kurzer Zeit kehrte Lechdan mit einer Satteltasche zurück und reichte diese Erlan.
„Ich habe dir hier drei Bücher mitgebracht. Das erste befasst sich mit der Trockenlegung von Marschgebieten. Allerdings ist es schon echt alt und kommt nach dazu aus dem Außerkosch, aber vielleicht findet sich hier noch manch ein guter Rat für dich. Da ich selbst nichts von diesem Thema verstehe kann ich das leider auch nicht adäquat beurteilen.“
Mit diesen Worten reichte Erlan Boromil den schweren und noch dazu recht großen Band. Er wirkte etwas alt und abgenutzt, aber die handschriftliche Schrift und Zeichnungen waren trotz allem noch gut zu lesen.
„Dazu bekommst du noch mein Lieblingsbuch. Die Kaisersprüche Kaiser Retos. Der gute Kaiser ist nun schon lange tot, aber seine Weisheiten sind auch heute noch eine Inspiration. Vielleicht findest du darin ja das ein oder andere.“
Nun überreichte Erlan Boromil ein kleines und relativ neu wirkendes Buch. Es war recht bekannt, dass Erlan ein großer Anhänger dieses Buches war und eines immer mit sich herumtrug. Gerüchteweise befand sich eine ganze Kiste mit diesen Büchern in seinem Besitz. Erlan gab dieses Buch gerne als Geschenk weg.
„Und zu guter Letzt habe ich hier noch einen Band, der sich mit der Kunst befasst, Getreide an allen möglichen und unmöglichen Stellen anzupflanzen. Da der Mühlentempel von hier aus ein wenig zu weit weg ist, um ihn um eine Analyse des Bodens zu bitten, hoffe ich, dass dieses Buch dir ein wenig dabei hilft dem Boden Korn zu entlocken.“
Dem Band, den Erlan nun aus der Tasche hervorholte, sah man an, dass er wohl erst kürzlich die Druckpresse verlassen hatte. Die Erkenntnisse des Sindelsaumer Mühlentempels auf dem Gebiet des Getreideanbaus wurden im ganzen Kosch und darüber hinaus geschätzt, so dass sich dieser Band großer Beliebtheit erfreute.
Boromil blickte verzückt auf jedes der drei Bücher. Das war mehr, als er hätte erhoffen können! Besonders bei den Kaisersprüchen Retos glänzten seine Augen. Das mochte ihm gerade in schwierigen Tagen unerhofften Rat geben! Ohne die Anwesenheit anderer Edler würde es schwer fallen, einen Gesprächspartner auf gleicher Augenhöhe zu finden, mit dem man seine Gedanken austauschen könnte. Schließlich blickte er zu seinem ehemaligen Knappenvater.
"Danke, Erlan. Du hast begriffen, woran es mir hier fehlt. Und instinktiv hast Du den Grundstein für das gelegt, was ich hier errichten will: Einen Hort des Wissens in dem Turm. Jeder vorbeiziehende Weiß- oder Graumagier, ja auch Alchimist oder sonstige Gelehrte, soll hier eine freie Unterkunft und Verpflegung bekommen. Wenn er umgekehrt bereit ist, für die Dauer seines Aufenthaltes sein Können dem Aufbau der Siedlung zur Verfügung zu stellen, umso besser."
Nun gab Erlan einen weiteren Wink, und Lechdan hob die Zeltplane zur Seite, sodass der Eingang frei wurde. Erlan winkte der Frau, die dort stand zu. Sie war gemeinsam mit ihm angereist und hörte auf den Namen Grimma Siebenrüb. Langsam trat die kräftige Frau ein.
„Dies ist Grimma Siebenrüb. Sie lehrte bei den Tischlermeistern Sindel- und Hügelsaums und absolvierte auch ihre Wanderjahre mit Bravour. Ihr Meisterstück hat sie mittlerweile auch geschaffen. Nun ist es leider so, dass sie in meiner Baronie keine eigene Werkstatt erhalten kann, da dort alle Werkstätte besetzt sind. Daher wollte ich dich fragen, ob du dafür sorgen könntest, dass sie hier arbeiten kann. Damit du die Entscheidung nicht derart aus der Luft treffen musst, habe ich dir ihr Meisterstück mitgebracht."
Nun betraten Gerwulf und Praiophatus das Zelt. Der Junge war sichtlich angestrengt, als er gemeinsam mit dem Andergaster Hünen eine große Truhe hereinbrachte und vor Boromil abstellte. Die Truhe war aus Andergaster Steineichenholz gefertigt und von kräftigen Beschlägen umschlossen. Den Deckel der Truhe zierten zahlreiche geschnitzte Motive aus der Tierwelt.
„Also, was sagst du?“
Erlan war mittlerweile aufgestanden und betrachtete seinen Schützling. Boromil war sichtlich überrascht, neben den Büchern noch ein hochwertiges Möbelstück und eine weitere Siedlerin zu bekommen.
"Ich würde sagen, herzlich willkommen in Neuvaloor, Grimma Siebenrüb!"
Mit diesen Worten reichte der Ritter vom Kargen Land ihr die Hand. Der Händedruck verriet ihrerseits, dass sie sicherlich kein zartes Persönchen war.
Boromil fuhr fort: "In meiner Siedlung gibt es bereits eine ganze Reihe Handwerker, jedoch keine Tischlerin. Ganz in der Nähe liegt der Birkhain, und die Leute zum Bäumefällen habe ich auch schon. Das sollten gute Bedingungen sein, um hier anzufangen! Wir freuen uns über ehrbare Handwerker und ich bin gerne bereit, bei der Einrichtung einer Werkstatt zu helfen!"
Grimma neigte das Haupt leicht.
„Es ist mir eine Ehre und eine Freude, meine Werkstatt hier auf eurem Land zu errichten, euer Wohlgeboren. Ich werde eure in mich gesetzten Hoffnungen nicht enttäuschen.“
Jetzt wandte sich Boromil wieder an Erlan: "Wollt Ihr über Nacht bleiben oder bald wieder aufbrechen? In letzterem Fall gebe ich Euch wenigstens etwas Proviant mit; wer weiß, wie weit Ihr heute noch kommen werdet!"
Erlan winkte ab.
"Ganz so eilig haben wir es nicht. Wir hatten geplant die Nacht hier zu verbringen. Ich hoffe das macht nicht zu viele Umstände, aber jetzt weiterzureisen macht nicht allzu viel Sinn und wir haben uns ja auch schon lange nicht mehr gesehen."
Boromil klatschte in die Hände.
"Ausgezeichnet! Das wäre ja auch keine echt koscher Siedlung, in der man Gäste so schnell wieder los wird!"
Schnell ging er erneut an den Eingang des Raumes und rief: "Alrik! Sag Kascha, er soll fünf Portionen süßen Brei extra machen!"
"Ja, Herr!", hörte man eine Knabenstimme von draußen.
"Und unser Hüne soll ebenfalls so viele Gedecke zusätzlich vorbereiten, sobald er zurück ist!", ergänzte Boromil.
"Jawohl, Herr!"
Nun wandte sich der Herr von Neuvaloor seinen Besuchern zu.
"Es wird natürlich kein Gelage werden, aber ganz sicher kein karges Mahl!"
Verschmitzt fügte er hinzu: "Väterchen hat mir einen guten Tropfen aus dem Weinkeller mitgegeben, für besondere Gelegenheiten. Er hat wahrscheinlich nicht erwartet, dass diese so bald kommen wird, aber ich sage: Warum auf bessere Zeiten warten? Die müssen wir uns schon selbst machen! Außerdem ist der Besuch eines Barons wohl der beste Anlass, den ich mir vorstellen kann!"
Uns so verbrachten sie den Abend damit Geschichten auszutauschen und in Erinnerungen zu schwelgen. Boromil hatte beim Abendessen Grimma Siebenrüb den anderen Siedlern vorgestellt. Besonders Tsalva und der Glockenschmied hatten freundlich reagiert und die Handwerkerin sehr herzlich begrüßt. Die anwesenden Zwerge inspizierten pingelig die Truhe und ließen sich am Ende zu einem anerkennenden Nicken hinreißen.
Nach einem deftigen Frühstück machten sich die Reiter wieder auf den Weg. Freilich nicht ohne eine ganze Reihe von Nachrichten für Boromils Familie mitzunehmen. Zurückblieb jedoch Grimma Siebenrüb. Sie würde hier einen Neuanfang wagen. Ebenso wie all die anderen tapferen Neusiedler, die sich hier eingefunden hatten, um auf Geheiß des Fürsten dem Sumpf zu Leibe zu rücken.