Ei der Daus !

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Ausgabe Nummer 80 - Efferd 1047 BF

Ei der Daus !

Hahn läuft rückwärts – und sorgt für Aufregung

NADORET, Praios 1047 BF. In Nadoret sorgte Anfang Praios eine ungewöhnliche Attraktion für Aufsehen: Die zwölfjährige Anghild Bachzuber half wie jeden Markttag ihren Eltern beim Verkauf der bäuerlichen Erträge am Nadoreter Markt. Dieses Mal brachte sie jedoch ihren Lieblingshahn mit und ließ es zur Belustigung der staunenden Menge rückwärtslaufen!

Nicht nur ein, zwei Schritte, wie uns eine Marktbesucherin versicherte, sondern unentwegt und mal mit sanfter Aufforderung, mal mit strengem Befehl. Das Mädchen, das in einem kleinen Weiler unweit der Stadt lebt, erzählte lachend: „Es war mir so langweilig, dass ich einfach etwas Abwechslung brauchte. Da kam mir die Idee, Herrn von Federflausch das Rückwärtslaufen beizubringen.“ Herr von Federflausch, so der Name des prächtigen Hahns, scheint sehr gelehrig gewesen zu sein, denn mittlerweile beherrscht er das skurrile Kunststück mühelos.

Doch nicht alle waren von der Darbietung begeistert. Der Fischhändler Gremor Hackinger zeigte sich zutiefst erschreckt, und man sah ihn hastig die Stufen zum Praiostempel, der direkt am Nadoreter Marktplatz steht, erklimmen und darin verschwinden. Nur Augenblicke später stürzten der Prätor zu Nadoret, Angbart Lichtträger, und der zufällig anwesende Drifter Bannstrahler Praiodan Rätlinger samt Gefolgschaft aus dem Tempel und auf Anghild und Herrn von Federflausch zu, um ihrem Tun Einhalt zu gebieten und sie im Hause des Götterfürsten zur Rede zu stellen.

Dort wurde das Mädchen allerlei seltsame Dinge gefragt, während der Hahn genauer inspiziert wurde – so berichtete das Mädchen später: Ob ihr jemand befohlen habe, mit dem Tier derlei lästerlich zu verfahren; ob sie vielleicht Stimmen höre, die sonst niemand hören könne; ob in ihrer Umgebung seltsame Dinge geschähen?

Zu guter Letzt hätten die gnädigen Herren gefragt, ob Anghild etwas über Basilisken wisse und über die Art ihrer Entstehung – und ob ihr Herr von Federflausch schon einmal ein Ei gelegt habe, besonders in den eben erst vergangenen Namenlosen Tagen.

Dies alles verneinte das brave und fromme Bauernmädchen – ziemlich verdattert – und sagte zum Beweis ihrer Unschuld fehlerfrei alle Strophen des Praiosunser auf.

Die gnädigen Herren mahnten das Kind schließlich zur Frömmigkeit und verboten ihm, künftig weiterhin Schabernack mit Federvieh und anderem Getier zu treiben. Dann durfte Anghild gehen.

Den Hahn wollte Rätlinger zuerst nicht von dannen ziehen lassen: Wer könne schon sagen, ob es dem verrückten Federvieh am Ende nicht doch noch einfalle, in aller Heimlichkeit ein Basiliskenei zu legen? Aber der Herr Lichtträger konnte seinen Bruder im Glauben zur Milde überreden. Doch fand er mahnende Worte, die er an das versammelte Volk am Nadoreter Marktplatz richtete:

Koscher! Ob ihr gerade arbeitet, ruht oder fröhlich beisammen seid: Vergesst niemals die göttliche Ordnung zu wahren und wagt es niemals, wider ihre Natur zu handeln. Der Namenlose treibt seine finsteren Machenschaften nicht nur mit Feuer und Schwert, mit Angst und Schrecken voran, sondern auch mit Versuchungen, mit Trägheit, Faulheit und sinnlosem hedonistischem Treiben, welches die Menschen von den Göttern entfernt und entfremdet!“

Kurz darauf entbrannte am Nadoreter Markt eine wilde Debatte unter den Anwesenden, ob die Praiosdiener hier zu Recht tadelten – schließlich ist es ihre göttliche Aufgabe, nahendes Unheil rechtzeitig zu erkennen und abzuwenden – oder ob es sich bei Anghilds Kunststück nur um einen kindlichen Zeitvertreib handle, der weder gefährlich noch unmoralisch sei, weshalb die Praioten mit ihrer Reaktion völlig übers Ziel hinausgeschossen hätten.

Den talentierten Hahn hat man seither jedenfalls nicht mehr auf dem Markt gesehen.

Stover Schaumbart