Uztrutzer Umtriebe - Auf Phexens Pfaden

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Anfang Ingerimm 1038 BF, Sindelsaum (Stadt)

Erlan von Sindelsaum blickte Gisbrun von Treublatt noch eine Weile hinterher, während dieser in großer Eile weiterritt. Kaum ein Stundenglas hatte der Besuch gedauert und doch hatte der Besuch seines Vetters ihn in Aufruhr versetzt. Als sein großkotziger Verwandter bei ihm auftauchte, hatte er ob der Nachrichten aus Uztrutz schon Böses geahnt. Und es war gekommen, wie Erlan es befürchtet hatte, und Gisbrun hatte, im Namen seines Vaters, den Gefallen eingefordert den Erlan ihm seit dem Dohlenfelder Thronfolgestreit schuldete. Damals hatte Roban seine Kontakte spielen lassen und für Hagen von Salmingen-Sturmfels ein Söldnerheer geworben. Das war seinerzeit auf Betreiben Erlans geschehen und nun war es an Erlan, seine Ehrenschulden zurück zu zahlen.

Erlan war das alles überhaupt nicht recht. Der Ton Gisbruns hatte sein Blut bereits zum Kochen gebracht, doch hatte er sich ihm nicht verwehren können. Er schluckte schwer und setzte sich erst einmal auf die Bank, die neben der Tür des Dachsbaus stand. Geistesabwesend streichelte er den Kopf seines Hundes Anshold und langsam aber sicher kehrte der innere Frieden zu ihm zurück. Er seufzte schwer und stand auf. Alvide war in Ferdok beim dortigen Turnier und Alderan ging es dieser Tage nicht so gut, also machte er sich Richtung Thurm Has auf. Vorher rief er aber noch seine Knappin Niam herbei und trug ihr auf Thalian zu bitten ihn im „Sindeblick“ zu treffen.

Erlan hatte bereits seinen ersten Humpen Bier zur Hälfte ausgetrunken, als Thalian Has von Hügelsaum eintraf. Es war noch früh am Abend und nicht allzu viele Gäste waren im Biergarten anzutreffen. Erlan hatte den Wirt, Hogir Sternhagel, um ein ungestörtes Plätzchen gebeten und so saßen Baron und Edler nun ungestört an ihrem Tisch.

„Schön das du gekommen bist Thalian“, eröffnete Erlan das Gespräch. „Ich will mich gar nicht lange mit unnötigem Geplapper aufhalten. Wie du sicher weißt, geht es in Uztrutz gerade hoch her und niemand weiß so Recht, wie es dort weitergehen wird. Sowohl Graf als auch Fürst wollen sich nicht einmischen, und für mich aus der Ferne ist schwer zu beurteilen, wer da nun den gewichtigeren Anspruch hat. Alrich ist der Jüngere, aber Onthos Testament hat ihn zum Erben erklärt, allerdings erst kurz vor seinem Tod, was zumindest ungewöhnlich ist, soll der alte Ontho doch stark am Menzheimer Alter gelitten haben. Grimbart wäre der Ältere und damit normalerweise Erbe, doch hat er sich vor langer Zeit mit seinem Vater überworfen, nun behaupten seine Kinder aber, dass Ontho ihn bei einem Besuch vor einiger Zeit zu seinem Erben erklärt hat. Zeugen gibt es aber keine, außer natürlich Grimbarts Kindern. Dazu kommt auch noch, dass Grimbart Laienbruder beim Schwertbund von Gerrun ist. Er selbst ist im Auftrag des Bundes entlang des Großen Flusses unterwegs und weiß vermutlich gar nicht, was da alles vor sich geht. Nun ist auch noch Alrich selbst verschwunden. Er sollte eigentlich Grimbarts Sohn für eine Unterredung treffen, doch dort kam er nie an. Von ihm fehlt seitdem jede Spur. Scheinbar wurde am Weg jedoch ein Stück von einem Wappenrock der Burgwachen auf Alt Rudes Schild gefunden. Wie du weißt ist die Burg, ebenso wie die Stadt, in der Hand von Grimbarts Kindern. Es scheint, als ob sie die Gelegenheit genutzt hätten, Alrich aus dem Weg zu schaffen.“ Kurz schwieg Erlan. „Oder aber seine eigenen Kinder haben ihn aus dem Weg geschafft, weil er zu zögerlich war. Bei den Uztrutzern weiß man nie.“ Erlan nahm einen kurzen Schluck aus einem Bierhumpen.

„Es ist jedenfalls alles äußerst verworren. Grimbarts Partei hält Burg Alt Rudes Schild und die Stadt Uztrutz, Alrichs Partei dessen Burg und Gut Herolds Wacht. Der Niederadel verhält sich wohl abwartend. Es scheint als ob beide Parteien Rat halten würden. Ich habe Gerüchte gehört wonach Rondralieb durch die Lande reitet und Verbündete für die Sache Grimbarts sucht. Ich bin derweil von Gisbrun von Treublatt aufgesucht worden. Er hat einen alten Gefallen eingefordert, den ich seinem Vater schulde. Wie dem auch sei... Ich werde mich morgen nach Koschtal aufmachen, um dort mit Alrichs Partei Rat zu halten. Vielleicht kann das Schlimmste ja doch noch verhindert werden. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn du mich begleiten würdest, Thalian.“
Thalian war von den Erklärungen seines Barons etwas überwältigt. Es schien, als ob die Uztrutzer Umtriebe weite Kreise zögen. Thalian konnte sich gut vorstellen, wie Abgesandte beider Seiten dieser Tage die Lande durchzogen und an Familienbande, Freundschaften und Ehrenschulden appellierten. „Ich werde dir nach Koschtal folgen. Ich war schließlich Knappe des alten Ontho, da kenne ich die Familie ein wenig. Vielleicht mag uns das noch nützlich sein.“