Grimsauer Liebe - Verhandlungen

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Lûr, 16. Rondra 1041 BF

„Ihr habt hoch gespielt. Erinnert mich daran, niemals gegen euch Boltan zu spielen.“ Hakans Stimme kam zwischen den Zähnen gepresst hervor.

Die Gute Stube in der Feste Lûr war wohlig warm, auch wenn die Stimmung zwischen den Anwesenden der Grimmfrostöde zur Ehre gereicht hätte.

Dem Erscheinen der Zwerge folgte nur kurz darauf ein Verhandlungsangebot, das Wilbur den Belagerten überbracht hatte. Und so versammelten sich am nächsten Tag Hakan von Nadoret, dessen Sohn Balinor und Neffe Wilbur, sowie Erzbart von Drabenburg auf Seiten der Belagerer und Rainfried von Grimsau, Flavia Mehring auf Munkelstein, Kronolf von Bunsenbrück sowie Alara von Semmelstock auf Seiten der Belagerten in eben jener warmen Stube in der Feste Lûr.

„Das habe ich nicht vor. Mir würde es reichen, wenn ihr eure Leute einfach nehmen und uns für alle Zeit in Ruhe lassen würdet.“ Rainfried von Grimsau antwortete in gleichfalls kaltem Ton.
„Rainfried, ihr wisst selber, dass das nicht so einfach geht.“ Wilbur mischte sich in das Zwiegespräch ein. „Ihr habt Hakans Tochter Gunelde entführt und das verlangt nach Wiedergutmachung.“
„Welche Form von Wiedergutmachung?“ warf Kronolf spöttisch ein. „Ihr seid nicht gerade in der Position, Wiedergutmachung zu verlangen! Wer hat denn mein Gut nahezu dem Erdboden gleichgemacht? Ihr mit euren Schergen!“
„Doch nur, um die von euch zerstörte Brücke wieder gangbar zu machen!“, erhob nun auch Balinor lautstark die Stimme.
„Das hätten wir auch ohne eure „Hilfe“ geschafft!“ stimmte Flavia Mehring auf Munkelstein in den lauter werdenden Chor mit ein und kurz darauf war die gesamte anwesende Adelsschaft dabei, sich zu beschimpfen und mit Vorwürfen zu überbieten.

„Ruhe!“ Ein Schrei durchbrach das gegenseitige Anbellen. Alle Blicke wandten sich in die Richtung der geöffneten Tür, in der Gunelde von Nadoret stand. Blass, mit tiefen Augenringen, ein Stofftuch in der Hand. „Bei diesem Lärm kann ich nicht schlafen. Und bei den Zwölfen, den Schlaf brauche ich!“

Hakan von Nadoret eilte zu seiner Tochter. „Geht es dir gut?“
„Sehe ich so aus, Vater?“ Gunelde durchbohrte ihren Vater mit ihrem Blick. „Mein Körper schmerzt, ich könnte den ganzen Tag meinen Magen entleeren und der Gewaltmarsch, zu dem ihr uns gezwungen habt, hat sein Übriges getan. Also nein, mir geht es nicht gut.“
Hakans Kopf schwenkt zu Rainfried von Grimsau über. „Was habt ihr mit meiner Tochter getan? Welches Gift habt ihr ihr gegeben, dass sie sich nicht wehren konnte bei eurer Entführung?“
An der Stirn Rainfrieds zeichnete sich eine Zornesader ab. „Nichts dergleichen habe ich getan! Für wen haltet ihr mich?“
„Für einen zweitklassigen Raubritter, wenn ihr mich so direkt fragt!“ Hakan spie die Beleidigung in das Gesicht des Grimsauers.

„Ruhe!“ Guneldes Stimme war noch lauter geworden. „Wie kann man nur so dickschädelig und von Hesindes Gaben verlassen sein?“ Sie fixierte ihren Vater. „Das „Gift“ Rainfrieds sorgt dafür, dass du Großvater wirst! Und das völlig mit meiner Zustimmung! Was meinst du, hast du für eine Tochter großgezogen? Eine, die sich von einem Mann herumschubsen lässt? Egal, ob Baron oder einem landlosen und noch dazu hässlichen Ritter? So schlecht kennst du mich?“ Gunelde wandte sich von Hakan ab und Rainfried zu. „Wenn das Ganze vorbei ist, müssen wir noch miteinander reden. Ich rede, du hörst zu.“ Sie hielt sich beide Hände vor den Bauch. „Und jetzt entschuldigt mich. Mein Frühstück will wieder raus.“ Damit ließ sie die still gewordene Horde in der guten Stube alleine.

Nach einer langen Zeit des Schweigens ergriff Hakan von Nadoret das Wort. „Das Junkergut Guneldes bleibt dem Haus Nadoret zugehörig!“
„Und das erstgeborene Kind trägt den Namen Grimsau!“, antwortete Rainfried von Grimsau.
Hakan knirschte mit den Zähnen. „Gut, so soll es sein. Das zweitgeborene wird Guneldes Nachfolge als Junker mit dem Namen Nadoret antreten.“
Rainfried ballte die Fäuste. „Der Uztrutzer Flegel wird zur Verantwortung für seine Untaten in Bunsenbrück gezogen.“
„Und ihr verzichtet auf monetäre Forderungen betreffend den Wiederaufbau diesen Edlenguts.“

Rainfried und Hakan blickten sich lange an. Und gaben sich darauf die Hand.

„Na, darauf trinken wir einen!“ Flavia hatte sich sogleich nach dem Handschlag zur bereitgestellten Karaffe begeben und ließ in jeden Becher etwas des Moorbrücker Apfelbrands laufen.

Doch bevor noch richtig Feierstimmung aufkommen konnte, klopfte es erneut an der Tür und Raul von Kemlar trat ein. Er überreichte Hakan einen Brief und die umstehenden konnten nur die Worte „Neffe Josper“ und „Durstein“ vernehmen.

Als Hakan den Brief gelesen hatte, blickte er die übrigen Anwesenden des Nadoreter Heeres an. „Wir brechen in zwei Tagen auf. Lasst alles aufbruchbereit machen. Sobald die Praiosscheibe am Horizont sichtbar ist, will ich, dass sich alle in Bewegung setzen.“
Er wandte sich erneut Rainfried zu. „Lasst von eurem Schreiber einen Vertrag aufsetzen mit den hier besprochenen Einzelheiten. Wenn mich nicht alles getäuscht hat, so habe ich gestern das Roterzer Banner etwas abseits gesehen. In zwei Monden sehen wir uns wieder, in Roterz, auf neutralem Boden, zur Unterzeichnung desselbigen Vertrages. Und sorgt dafür, dass es meiner Tochter an nichts fehlt. Sollte ich anderslautendes vernehmen, dann seid euch gewiss, dass dies nur ein kleines Heer war. Das Haus Nadoret ist noch zu weit mehr in der Lage, wenn es herausgefordert wird.“
„Ihr habt mein Ehrenwort.“
Hakans Augenbraue wanderte nach oben. „Das Ehrenwort eines Raubritters? Seltsame Zeiten, fürwahr. Fatas wird zeigen, wieviel das wert ist.“