Fürstliches Ritterturnier zu Angbar 1041 - Widderich gegen Halmar

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Brodilsgrund, Rondra 1041, Tjoste

Widderich lag auf dem Rücken und starrte verwundert in den Himmel auf. Knallblau war der. Kein Wölkchen zu sehen. Dafür wurde er von den Streben seines Visiers zerteilt. Störend! Das galt auch für etwas Hartes, überaus Spitzes, das sich in sein Kreuz bohrte. Er hoffte, dass es nicht der Eberfänger war, der sich auf mysteriöse Art von seinem Gürtel gelöst hatte, um ihn von hinten zu erdolchen. Etwa so wie die Ahnen, die sich auf der Zielgeraden abgewandt und ihm das letzte Quäntchen Glück versagt hatten. Treulose Dreckstotengeister!

Der Rotenforster stöhnte missgelaunt. So eine verfluchte Scheiße! Das war bescheiden gelaufen! Wirklich verdammt bescheiden! Es kotzte ihn an, um ehrlich zu sein. Und leider musste er sich den Fehler selbst ankreiden. Ein trockenes Lachen entrang sich seiner Kehle, als er erinnerte, wie er den Viererler nach dem letzten Durchgang ermahnt hatte, besser auf seine Wehr zu achten. Jaaaaa, das war immer ein guter Rat. Wirkte nur überzeugender, wenn derjenige, der ihn gab, sich auch selbst daran hielt.

Er schloss die Augen und nahm sich einen Moment, um nach Ursachen zu forschen. Er war nicht ganz bei der Sache gewesen. So viel stand fest. War in Gedanken an Orten herumgedriftet, die eigentlich hinter ihm lagen. Weit hinter ihm. Aber nicht so weit hinter dem Sindelsaumer. Ein Blick in dessen Augen hatte gereicht, um Erinnerungen zu wecken. Dumpfen Schmerz bloß in seinen Eingeweiden, der während eines kurzen Gesprächs aber noch sehr scharf aus der Stimme des Koschers herausklang. Gern hätte Widderich dem Kerl ein paar aufmunternde Worte mitgegeben, aber in solchen Dingen versagte er regelmäßig. Also schwieg er sich aus.

Schwieg sich aus, während er innerlich zu dem Schluss gelangte, dass der Sindelsaumer den Sieg hier und jetzt besser gebrauchen konnte als er. Ein törichter Gedanke. Eigentlich hätte er den ohne Mühe abschütteln können müssen. Dafür war er ja seit bald zwei Dekaden Ritter und Überlebender vieler Schlachten und Scharmützel. Allein, heute hatte es ihm an Disziplin gemangelt. An Konzentration. Und ... am letzten Willen? Konnte ja nicht sein, dass sein Arm schlagartig zu schwach geworden war, um einen vermaledeiten Schild zu heben?

Widderich bewegte die Finger der linken Hand, öffnete die Augen und erschrak fürchterlich, als er nicht in den Himmel, sondern in die Augen seines Gegners blickte.

„Geht es Euch gut, Hochgeboren?“, fragte der Baronet.

„Ja, Mann!“, brummte er unwirsch. „Alles bestens. Ich bin nur damit beschäftigt, mich selbst einen Trottel zu heißen. Im ersten Anritt ... so eine Schande!“

Der erschrockene Blick des Koschers verriet ihm, dass er sich im Ton vergriffen hatte. Er machte eine beschwichtigende Geste, bevor er sich auf die Beine mühte. Als sie einander gegenüber standen, öffnete Widderich sein Visier, klopfte er dem Jüngeren auf die Schulter und seufzte.

„Tut mir leid, Halmar. Ich hätte dir gern einen guten Kampf geboten, aber wie es scheint, wollte die Herrin Sturmesgleich dir heute keinen ehrenvollen Sieg schenken.“ Es scherte ihn im Augenblick einen Scheißdreck, dass es im Kosch sicher nicht üblich war, andere Ritter ohne Ansehen von Stand und Dünkel rundheraus zu duzen. Er tat es einfach. Wie gewohnt. „Ich schlage vor, du holst den im Finale raus. Gegen die Besten der Besten sollte das ja irgendwie möglich sein. Und falls es dir stattdessen ergehen sollte wie mir gerade: Du weißt, wo du mich findest. Dann heben wir einen. Schätze, es gibt einiges zu erzählen.“

Halmar grinste. "Komm doch einfach heute Abend vor dem Bankett beim Sindelhof in der Stadt vorbei. Im Garten lässt es sich doch viel angenehmer plaudern, als im Zeltlager hier. Mein Waffenknecht kann dich abholen und dir den Weg zeigen, falls du möchtest. Ansonsten ist es aber nicht schwer zu finden. Die Angbarer werden dir sicher weiterhelfen. Unsere hügelzwergische Köchin wird sicher ein paar Leckereien vorbereitet haben, nicht das wir die vor dem Bankett beim Fürsten bräuchten." Halmar lächelte schief. Der Lanzengang schien seinen Hunger hervorgerufen zu haben.

Angenehm plaudern? Hügelzwergische Köchin? Leckereien? Garten im Sindelhof? Besser als der Zeltplatz??? Widderich blickte den Koscher einen Moment schweigend an und hoffte, dass die Konsternation nicht allzu offensichtlich in seinen Augen blitzte. Das kam ... unerwartet! Er hatte sich einen Austausch unter ehemaligen Streitern von der Ostfront etwas anders vorgestellt, aber das hier war eine Einladung. Gastfreundschaft. Und so was schlug man nicht aus.

„In den ... Sindelhof“, echote er und überlegte kurz. „Bis zum nächsten Bankett hier am Platz wird das Essen Eurer Köchin schon verdaut sein. Also spricht ja nichts dagegen!“ Ein schiefes Lächeln schlich sich auf die Lippen des Rauheneck, als er dem Sindelsaumer zunickte. „Einen Waffenknecht müsst Ihr dafür nicht abstellen. Wir finden unseren Weg schon. Ich nehme doch an, die Einladung zum Bankett gilt nicht nur mir, sondern auch meiner Gemahlin?“

„Aber selbstverständlich.“ Erwiderte Halmar, reichte dem Weidener die Hand zum Kriegergruß und schritt dann langsam von der Tjostbahn.