Entführung des Prinzenpaares - Bergauf, bergab

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Autor: Blauendorn

Wengenholm, 1031

Die Weggemeinschaft drängte sich auf dem Weg zusammen. Weiße Fahnen vom Atem von Ross und Reiter verwoben sich in der Morgenluft, während man den Davonreitenden hinterherblickte. Sie folgten dem gewundenen Pfad, der sie zum Fürsten dieses Landstriches bringen würde, während Edelbrecht und seine Getreuen tiefer in Berge und Wälder des Kosch eindringen und sehr wahrscheinlich schon bald auf die gebahnten Wege würden verzichten müssen. Aber zwei Menschen waren in Not, und der Kosch selbst benötigte ihre Hilfe.
Ein kurzer Blick hin zum geliebten Vater, dann gab sich der Prinz einen Ruck und wendete sein Pferd.
„Auf, meine Streiter. Mein Bruder wartet auf uns!“
„Und wir werden ihn finden, mit der Zwölfe Hilfe!“, rief Anselm, der Junker zu Pechackern aus. Während der recht klein gewachsene Mann am Abend zuvor sehr ruhig gewesen war und allem Anschein die Prophezeiung im Geiste hin und her gewälzt hat, war er nun voller Tatendrang. Ein echter Greifenfurter eben - zupackend und ehrenvoll.
Der Reiffenberger hatte seinem Pferd die weiß-braun gefleckte Decke übergeworfen und trug selbst einen Überwurf, der ihn in der mit Schnee bedeckten Landschaft hervorragend tarnen würde. Sein Lasttier würde er bei den Begleitern des Prinzen lassen.
Derart gewappnet lenkte er Antlitz zum Prinzen und neigte kurz das Haupt.
„Wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich wieder die Vorhut übernehmen. Solltet Ihr und Lyeria nichts dagegen haben, würde ich den Knappen Timokles und noch einen anderen Streiter mitnehmen?“
Er deutete auf seine Satteltaschen.
„Ich habe in Greifenfurt für drei Berittene diese Tarnanzüge besorgt.“
Die Prophezeiung beschäftigte Thorben immer noch, als seine Reiter mit dem Knappen zum Fürsten aufbrachen. Er schüttelte den Kopf. Konnte es wirklich sein, dass die Prophezeiung ihnen das Ende des Erbprinzenpaares ankündigen wollte? Das durfte nicht sein.
Sein Blick wurde kalt; grimmig bestieg er sein Pferd. Die Prophezeiung würde sich nicht in dieser Weise erfüllen, er war hier, um das zu verhindern. Mit Kordan und dem Prinzen würde ihm das schon gelingen.
Er schaute noch mal seinen Reitern nach - wie viel wohler wäre es ihm, wenn diese sie begleiten würden, jetzt musste er mit einem Trupp Adliger vorlieb nehmen, von denen er kaum einen kannte.
Er ließ seinen Blick über die Greifenfurter und Koscher schweifen, die den Prinzen nun begleiten würden. Die Koscher kannten sich hier zumindest ein wenig aus, die Greifenfurter indes nicht. Aber sicher würden sie dem Prinzen eine Stütze sein, erinnerten sie ihn doch an seine neue Heimat.
Sein Blick blieb an der Knappin Golgaris hängen. Es wäre ihm lieber gewesen, auch sie wäre zurückgesandt worden. Er hatte den einen oder anderen Blick bemerkt, der ihr von einigen zugeworfen wurde. Er hoffte, die Edlen wüssten im Moment der Entscheidung, welches Leben hier Priorität besaß. Indes war er sich nicht sicher, ob die Golgaritin nicht durch ihre pure Anwesenheit eine Ablenkung im Kampf darstellen würde, weil sich der eine oder andere ‚tapfere’ Recke zu ihrem Schutz berufen fühlen würde.
Der Befehl des Prinzen riss ihn aus seinen Gedanken und er drückte dem Pferd seine Stiefel in die Flanken, um noch vor dem Prinzen den Weg zu erreichen, damit er im Zweifelsfall sein Schild sein könne. Heute Abend musste er mit Kordan reden, der seit der Begrüßung an der Furt seltsam zurückgezogen wirkte. Noch mehr als man es von ihm gewohnt war.
Der Knappe Golgaris war indes mit dem Pferd seiner Mentorin und seinem eigenen beschäftigt. Er hatte schlecht geschlafen und mochte die Augen nur mit Mühe offen halten. Obwohl er noch einige Stunden des theologischen Gesprächs mit seiner Mentorin gehabt hatte, bevor er einschlief, träumte er doch nicht von dem Raben, sondern in seinen Träumen trat immer wieder eine Frau auf, die ihn umgarnte, meist die gleiche Frau.
Umso erstaunter war Timokles, dass der Rittmeister sein Versprechen nicht über die Tage hinweg vergessen hatte, sondern immer noch mit ihm zusammen eine Spähritt durchführen wollte. Sogleich war die Müdigkeit verflogen, Timokles trat vor sein Pferd und gab Urion, dem Prinzen und seiner Mentorin zu erkennen, dass er bereit sei. Nun wartete er nur noch auf die Entscheidungen.
In Gedanken versunken sattelte die junge Golgaritin ihren Rappen. Den restlichen Abend hatte sie im stummen Gebet verbracht und die Nähe ihres Gottes gesucht. Aber Bishdariel war in dieser Nacht nicht zu ihr gekommen. Sie würden ihre Mission ohne einen weiteren Hinweis fortsetzen müssen. Antara hoffte, dass der Prinz und seine Begleiter einen Plan hatten, sie jedenfalls kam sich in den fremden Landen verloren vor.
Nachdem sie in den Sattel gestiegen war, versuchte sie sich so gut es eben ging in ihren Umhang zu wickeln. Die ungewohnte Kälte setzte der Puniner Knappin doch mehr zu, als sie zugeben mochte. Trotz aller borongefällig zur Schau gestellter Selbstbeherrschung wirkte Antara nicht glücklich an diesem eisigen Morgen.
Trotz der inzwischen allgegenwärtigen Kälte hatte Ardo tief und fest geschlafen. Die Scheune war zwar kein Palast, aber viel besser waren die Betten in der Kaserne zuletzt auch nicht gewesen. Sicherlich hatten auch die erschöpfende Vorhut des Vortages und das gute Koscher Bier ihren Anteil daran gehabt. Vielleicht war aber auch nur die zahlreiche Anwesenheit der Diener Borons Grund für den guten Schlaf gewesen. Ardo wusste es nicht.
Sein Pferd war schnell gesattelt und, während es noch die Schnauze im Hafersack hatte, nutzte Ardo die letzten Minuten vor dem Aufbruch dazu, sein ohnehin makelloses Schwert mit Öl und Wetzstein zu bearbeiten. Den Aufruf des Reiffenbergers nach einer weiteren Person für die heutige Vorhut nahm er trotz seiner Beschäftigung zur Kenntnis. Da sich augenscheinlich niemand weiter berufen fühlte, nutzte Ardo die Gelegenheit, um sich zu melden.
„Es ist mir eine Ehre, euch zu begleiten. Je aufmerksamer man ein Land betrachtet, desto schneller lernt man es kennen, und eine Vorhut muss schließlich immer besonders aufmerksam sein. Auf denn.“
Lyeria war soeben damit beschäftigt, ihr spärliches Gepäck in ihren Satteltaschen zu verstauen und reagierte auf die Frage des Rittmeisters erst gar nicht, verharrte nur in ihrer Tätigkeit. Dann blickte sie mit festem und gefühllosem Gesichtsausdruck zuerst auf Urion, und dann fest in die Augen ihres Knappen Timokles. Nur einige Falten an ihrer Stirn ließen erkennen, dass sie intensiv nachdachte.
Dann nickte sie und sprach in dem gewohnt herrischen, wie auch belehrenden Ton:
„Es sei ihm gestattet, Euch zu begleiten, Rittmeister, damit sein Drang, das Land zu erkunden, endlich gestillt werden möge und er erkenne, dass reisen vor allem Mühsal und Anstrengung bedeutet.“
Mit den Worten wandte sie sich ab und wieder ihrem Ross zu, an dem auch der freudige Timokles stand. Lyeria murmelte zu diesem gewandt:
„Sei vorsichtig und verliere nicht den Rittmeister! Ich weiß, wie hilflos du in der Natur bist. Boron behüte dich, mein Schüler.“
Timokles nickte nur und prägte sich die Warnung seiner Mentorin fest ein. Nachdem er die Pferde fertig gesattelt hatte, ging er mit seinem Ross am Zügel zu Urion und fragte diesen:
„Es ist mir eine Ehre, Euch begleiten zu dürfen. Worauf muss ich achten und wohin soll es gehen?“