Ein einfacher Auftrag - Tag der Zusammenkunft

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Albernia, 1032

Die darauf folgende Nacht verbrachte die Reisegruppe inmitten des Waldes. Doppelte Wachen wurden aufgestellt, um ungebetene Gäste rechtzeitig in Empfang zu nehmen, aber nichts passierte und so brachen die zwölf Reiter am nächsten Morgen in gehobener Stimmung auf. Bisher war noch nichts passiert und wenn sie ein wenig Glück hatten würde auch den Rest der Reise nichts passieren. Heute würden sie den Informanten des Reiches aufsuchen. Es handelte sich bei ihm um einen Mann namens Bran, der einen abgelegenen Waldhof besaß. Wie immer ritt einer der Späher voraus, um andere Reisende, oder Feinde rechtzeitig zu entdecken. Als sie bereits in der unmittelbaren Nähe des Hofes angekommen waren hob Gerwulf plötzlich den Kopf. „Riecht ihr das auch? Da brennt etwas und es ist ganz sicher kein kleines Lagerfeuer.“ Roklan schnüffelte, seine Nasenflügel bebten. Er runzelte die Stirn. „Der Hof brennt.“ flüsterte jemand aus der Gruppe und er hatte vermutlich Recht, aber aus dem Wald heraus konnte man den Hof noch nicht sehen. Jarwen wurde sichtlich nervös. Ihr Bruder Coran war diesmal vorausgeritten und hatten vermutlich bereits den Hof erreicht.
Erlan und Roklan berieten sich kurz und daraufhin sattelten die Sindelsaumer ab und schlichen sich gebückt bis an den Waldrand. Bald hörten sie schon heisere Rufe und dann sahen sie den Hof. Es bot sich ihnen ein Bild des Grauens. Der Hof stand lichterloh in Flammen und eine große Horde Bewaffnete eilte hin und her. Wie reguläre Soldaten wirkten sie nicht, trug doch keiner von ihnen ein Abzeichen und die Rüstungsteile waren auch nur sehr selten zu sehen. Dafür waren sie mit dem charakteristischem albernischen Langbogen bewaffnet. Derzeit hielten sie jedoch Schwerter, Speere und Äxte in den Händen und tobten über den Hof. Auf dem Weg zum Hof lag Coran der Späher. Aus seiner Burst ragten drei lange Pfeile. Er war wohl gerade zum Zeitpunkt des Angriffs den Weg entlang geritten. Anders konnte es sich Erlan nicht erklären, dass der erfahrene Späher zu dem Überfall geritten wäre schloss er aus. Immerhin tobten dort um die zwei Dutzend Bewaffnete. Aus dem brennenden Haus trat nun ein gewaltiger Hüne mit einem ebenso gewaltigen blonden Bart. Seine langen Haare fielen ihm wild herunter und in seiner rechten Hand hielt er eine riesige Barbarenstreitaxt. Mit der linken Hand zerrte er eine schreiende Frau aus dem Inneren des Hauses. Zwei seiner Leute hatten einen Mann gepackt und hielten ihn mit eisernem Griff fest. Hinter dem Hünen trat ein weiterer Bewaffneter, der ein Kind an den Armen gepackt hatte.
Nun wandte sich der Hüne an den sich windenden Bauer. „Nun komm endlich heraus mit der Sprache Bran. Wir wissen, dass du ein Spion der Mordmärker bist. Also wo hast du die Informationen versteckt.“ Der Bauer stammelte etwas, dass Erlan aus der Ferne nicht verstehen konnte, aber der Hüne, der Erlan an einen Thorwaler Berserker aus dem Bilderbuch erinnerte verpasste ihm dafür einen mächtigen Fausthieb. „Lüg nicht du Ratte. Mus ich erst deiner Frau wehtun, damit das Versteck verrätst?“ Erlan hatte genug gehört. Er legte seine Armbrust an und neben ihm ruckten die Schussaffen seiner Gefolgsleute hoch.
Auch der junge Baron, nomineller Anführer der ganzen gemischten Abenteuerschar, gab seinen vier Gefährten das Zeichen, anzulegen. Die Waffen ruhten in geölten Scheiden, bereit, rasch gezogen zu werden. Ruhig griffen die Nordmärker nach hinten, auf ihre Rücken. Aus den Rückenköchern zogen sie kurze, kräftige Pfeile hervor und legten diese an ihre Bögen.
Leise bewegte Roklan sein Gesicht zu Erlan. Auch der koscher Baron sah sein nordmärkisches Pendant an. Stumm verständigten sie sich. Roklan und seine Gefolgsleute sollten leise nach links ausschwenken und von dieser Seite angreifen, Erlan und seine Schar die rechte Seite abdecken. Beide wussten, sie waren eins zu zwei unterlegen. Aber sie hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Mehr oder weniger – Roklans Blick fiel auf den toten Coran. Hoffentlich hatte er nichts erzählt, Boron möge seiner Seele gnädig sein. Und sie hatten gute Schusswaffen, einen Hinterhalt und waren geübte Schützen. Für den Anfang mochte es reichen. „Nandus, Meister der List und Meister der Kriegsführung…“ raunte Roklan leise, ganz leise. „…steh‘ uns in dieser Situation bei und lass uns den richtigen Moment stets erkennen. Amchallah.“ Er suchte in den Büschen nach einem Zeichen, einem Hinweis, dass Erlan bereit war. Viel Zeit war schon vergangen, viel zu viel Zeit. Da! Da war er, Roklan sah einen hellen Fleck im Gebüsch. Erlan! Roklan fixierte ihn, dann jauchzte er wie ein Falke. Das war das Zeichen!
Sofort legten seine Männer an, auch Roklan spannte den Bogen. Ein jeder visierte einen anderen der Angreifer an. Der junge Baron hielt seinen Bogen ruhig, dann schnellte die Sehne nach vorn. Weitere vier Mal sirrten Sehnen und Pfeile schossen durch die Luft. Dreimal stöhnte es, ein Mann ging zu Boden, hielt sich röchelnd die Seite. Von der anderen Seite klackte es deutlich mehrfach, Bolzen rasten, trafen. Wieder Schreie, ein Angreifer knickte am Bein ein, ein anderer griff sich schmerzschreiend an die Schulter. Der blonde Hüne fuhr herum, packte seine Barbarenstreitaxt mit beiden Händen. „Wir werden angegriffen!“ brüllte er. „Formieren!“ Da surrten erneut Bogensehnen, erneut zischten Pfeile durch die Luft. Die Galebqueller hatten noch einmal angelegt, nahmen die Feinde ins Kreuzfeuer. Doch diesmal bewegten sich die Albernier zu schnell, zu durcheinander! Nur drei von fünf Pfeilen gingen ins Ziel, wieder stöhnten Albernier. Roklan gab noch einmal das Ziel zum Anlegen. Die Gegner hatten ihre Waffen gezogen, suchten nach den Feinden. Einen Schuss konnten die Galebqueller noch abgeben, dann mussten sie in den Nahkampf übergehen. Was war mit den Sindelsaumern?
Die warfen nach der ersten Salve ihre Armbrüste zur Seite und stürmten aus dem Gebüsch heraus. Die Galebqueller würden sicher noch einige Schüsse abgeben, aber mit den langsam ladenden Armbrüsten blieb zum Nachladen keine Zeit. Die Rebellen waren völlig überrumpelt. Einige lagen bereits tot, oder verwundet auf dem Boden und die anderen waren kurz davor in Panik zu geraten. Der Einzige der sie jetzt noch zusammenhielt war der hünenhafte Berserker.
Erlan stürmte an der Spitze seiner Leute vorwärts und schwang dabei einen mächtigen Kriegshammer. Zu seiner linken drang die junge Praiodane von Stielzbruk vor, während seine rechte Seite von seinem getreuen Gefährten Gerwulf gedeckt wurde. Viel Zeit zum Nachdenken blieb nicht. Schnell waren die wenigen Meter bis zu den Aufständischen überwunden, dann prallten sie auf den Feind. Erlan fand sich einer jungen Frau gegenüber. Sie mochte kaum achtzehn Sommer zählen und war mit der Situation heillos überfordert. Sie hob ihr Schwert um auf Erlan einzustechen, doch er war schneller und sein Kriegshammer grub sich in die rechte Schulter der Frau. Sofort ließ sie ihre Waffe fallen. Mit einem heftigen Ruck beförderte Erlan die Waffe aus der Wunde. Die Frau war keine Gefahr mehr und stürzte zu Boden. Gerade noch sah er einen Speer herankommen, doch bevor er reagieren konnte hatten ihn dieser schon getroffen. Nun ließ Erlan seine Waffe fallen und versuchte mit beiden Händen den Speer zurückzustoßen, doch der Mann hielt stand und versuchte ihm den Speer noch weiter in den Leib zu treiben. Da sah er einen großen Schatten vorwärtsspringen. Gerwulf warf sich auf den Mann und streckte ihn mit wenigen Hieben seines Streitkolbens nieder. Andere Gegner warfen sich nun auf den Andergaster und versuchten ihn zu Fall zu bringen. Hastig riss Erlan sein Schwert aus der Scheide und drang nach vorne. Neben sich sah er Praiodane vorrücken. Sie fing mit ihrem großen Schild die Hiebe ihres Gegners auf und stieß aus der Deckung heraus immer wieder mit dem Schwert vor. Ihr Gegenüber blutete schon aus vielen Wunden und es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie den Mann überwunden hatte.
Erlans Sohn Halmar war es nicht so gut ergangen. Er war zur linken seines Vaters vorgestürmt. Begleitet wurde er von der Waffenmagd Lana und der Späherin Jarwen. Ein Langbogenpfeil hatte Lana im Bauch getroffen und die Frau zu Boden geschickt. Dann waren sie auf den Feind getroffen. Halmar hatte einen älteren Mann vor sich. Dieser schlug mit einem schweren Dreschflegel nach ihm. Sollte ihn dieses Ding auch nur einmal treffen, so war es aus mit ihm. Der junge Mann wich zurück und hoffte auf eine Blöße seines Gegners. Jarwen schien es nicht zu kümmern, was ihr zustieß und so unterlief sie in einer halsbrecherischen Aktion den Dreschflegel und trieb dem Mann ihr Schwert bis zum Heft in den Bauch. Sofort rückte Halmar auf und wehrte wütende Angriffe von anderen Rebellen ab. Zu seinem entsetzen musste er feststellen, dass der Berserker auf sie zuhielt. Jarwen schien dies zu freuen und sie stürzte sich unter wütendem Gebrüll auf den Mann. Der Hüne wich einige Schritt zurück und Jarwen setzte triumphierend nach, doch da trafen sie von links und rechts Hiebe. Entsetzt wirbelte sie herum und schaffte es noch einen der Angreifer eine böse Wunde beizubringen, als sie ihm mit einem Hieb das halbe Gesicht abtrennte, doch da war der Thorwaler heran und hieb ihr seine Axt in den Rücken. Jarwen stürzte vornüber. Weitere Hiebe trafen sie und so war sie tot, bevor sie auf dem Boden auftraf.
Halmar fand sich nun alleine einer ganzen Rotte Feinde gegenüber. Die anderen waren von ihm abgeschnitten. Schon schwang der Hüne seine Axt durch die Luft und ging langsam auf den Knappen zu. Wo blieben nur die Hinterkoscher?
Roklan ward den Bogen beiseite und wie auf einen stummen Befehl hin, taten es seine Gefolgsleute gleich. Nur einen Augenblick später waren die Waffen gezogen, das melodische Klingen von Metall erfüllte die Luft – doch verklang ungehört. Der junge Baron nahm sein Schwert in die rechte Hand, auf seinen Schild musste er verzichten, dafür blieb keine Zeit. Dann stürmten die Galebqueller aus dem Gebüsch – erwartet von den Alberniern. Rasch hatte sich ein weiteres Knäuel an menschlichen Gestalten gebildet. Eine sehnige Frau sprang vor und schlug mit einem schartigen Säbel nach Roklan. Der parierte geschickt und wand sich an der Frau vorbei. Sie drehte auf dem Absatz herum – und erstarrte. Ein Schwert stak in ihrer Hüfte. Leodegar zog seine Klinge aus dem Fleisch und fuhr herum, einen weiteren Angriff abwehrend, Roklan beschützend. Die Albernierin sackte zusammen, eine Blutlache bildete sich.
Roklan wischte sein verschwitztes Haar aus seinem Gesicht und stürzte nach vorn, gefolgt von Leodegar. Sie hatten ihr Ziel vor Augen – Halmar. Der Junge wehrte sich, doch gegen die Übermacht kam er nicht an. Der wehrte gerade einen Hieb nach seinem Gesicht ab, da war auch schon der Axtkämpfer heran. Hagen duckte sich, die Axt sauste über seinen Haarschopf hinweg. Roklan rannte los, rempelte einen Albernier an, der ging zu Fall. Hinter Roklan lief Leodegar, der sich unter einen Hieb weg duckte und mit einer eleganten Bewegung sein Schwert in die Kniebeuge seines Angreifers schnitt. Sein Bein brach weg.
Roklan sah sich kurz um, die Albernier waren allesamt in Gefechte verwickelt. Er warf sich zwischen Halmar und dem Hünen! Der junge Knappe sprang zurück. Der Angreifer zögerte nur eine winzige Sekunde, seine Axt sank nicht tiefer, dann hatte er sich den notwendigen Überblick verschafft. Roklan machte sich abwehrbereit, fasste sein Schwert fester. Der Mann drang nach vorn.
„Nandus steh‘ mir bei!“ flüsterte Roklan, spannte seine Beinmuskeln an. Sein Oberkörper drehte sich zur Seite, die Axt sauste um Haaresbreite an seinem Leib vorbei. Roklan fuhr auf, sein Schwert stieß vor, doch nur die Breitseite donnerte auf den ledernen Panzer des Hünen. Der Mann zuckte zusammen.
Auch Erlan hatte seinen Sohn entdeckt. Das durfte nicht passieren. Der Hüne würde ihn zerstückeln, aber da war Roklan schon heran. Hieb um Hieb tauschten die beiden aus, doch keiner konnte den Sieg erringen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Praiodane zu Boden ging. Einer der Albernier hatte sie mit dem Schwert übel im Gesicht erwischt. Gerwulf stellte sich breitbeinig über die gestürzte Ritterin und hielt die Rebellen mit mächtigen Hieben von der Verwundeten fern. Erlan hatte den Hünen fast erreicht, als dieser Roklan einen wuchtigen Hieb ins Bein verpasste. Der junge Baron brach ein und kniete nun fast vor dem Berserker. Erlan sprang vor und verpasste dem Albernier einen Hieb über den linken Arm, sodass dieser zurückweichen musste. Wütend riss der ein Breitschwert aus dem Gürtel und drang auf die beiden Barone ein. Ein weiterer Albernier machte sich von hinten an Erlan heran, doch Roklan sandte ihn mit einem schnellen Stich in die Seite zu Boden.
Der Hüne rückte nun wieder vor. Hieb um Hieb drängte er Erlan zurück. Ein weiterer Hieb sauste heran und Erlan war zu langsam. Die Rüstung fing einen Gutteil des Schlages auf, aber die Wucht ließ Erlan hintüber stürzen. Grimmig lächelnd trat der Berserker über Erlan. Dieser riss seinen Dolch aus der Scheide, doch der Mann trat nur auf Erlans Hand, lachte weiter und hob sein Schwert über den Kopf.
Plötzlich verharrte er in seiner Bewegung. Eine Klinge drang ihm aus der Brust und verschwand wieder. Er wirkte überrascht, als er vornüberfiel und Erlan beinahe unter sich begrub. Hinter den Gefallenen kam Roklan zum Vorschein. Er kniete mehr, als dass er stand, aber sein Schwert glänzte dunkel vom Blut des Hünen. Mühsam rappelte sich Erlan auf und die beiden Barone blickten sich erschöpft um. Die beiden Späher waren tot und viele ihrer Leute verwundet. Die Albernier bemerkten den Verlust ihres Anführers und stellten den Kampf langsam ein. Eine Frau mittleren Alters erhob ihre Stimme. „Wir können hier heute alle sterben, oder aber wir lassen es gut sein und tragen unseren Streit an einem anderen Tag aus.“
Erlan und Roklan blickten sich kurz an und nickten dann zustimmend. „Wir bergen jetzt unsere Verwundeten und machen uns vom Acker.“ Sagte die Frau. Und so geschah es. Langsam zogen sich die Rebellen zurück. Es waren letztendlich doch nur Bauern und ihnen war nicht daran gelegen die Fremden um den Preis ihrer eigenen Leben zu töten.
Roklan stützte sich keuchend auf Erlan ab. Seine Beinwunde machte ihm doch mehr zu schaffen, als er es wahrhaben wollte.
Sie brachten ihre Verwundeten zusammen. Lana war die Einzige, die sich mit der Heilkunst ein wenig auskannte, doch ein Langbogenpfeil war ihr durch die Hüfte gefahren und sie atmete schwer. Keuchend gab sie Kommandos. Erlan beugte sich kreidebleich über die Frau und tat wie ihm geheißen. Sein Sohn Halmar ging ihm dabei zur Hand. Erlan hatte noch nie Wunden versorgt. Bisher hatten sich immer andere darum gekümmert, doch nun gab ihm die junge Frau Anweisungen und so entfernte er den Pfeil und so kümmerten sie sich auch um die Übrigen Verwundeten.