Flucht der Amme 2

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Hochfeld, 1028

„Weibel“, herrschte Hauptmann Geron den ihn begleitenden Soldaten Elwart von Hochfelds an, „du durchsuchst das Gut nach dem Kind, nimm noch einen Mann mit, und sucht gründlich! Und du“, wandte er sich an den Dritten, „hältst hier vor der Kammer Wache und lässt niemanden herein oder heraus. Verstanden?“
Er wandte sich um und stapfte wütend von dannen. Das hatte ihm gerade noch gefehlt! Wenn das Kind verschwunden war, würde der Herr ihm die Hölle heiß machen.
In der Küche gab er der Dienerschaft die Anweisungen Elwarts für die Abreise der Herrin bekannt.
„Die Hausdame wird Ihro Wohlgeboren nach Gut Rosenschloss begleiten, alle anderen werden hier benötigt. Der Knecht soll die Kutsche bereit machen, die Hausdame hilft der Herrin beim Packen. Richtet euch auf eine längere Abwesenheit ein.“
Hoffentlich machte Gislind keine weiteren Zicken und fügte sich den Anweisungen ihres Gemahls. Ansonsten musste er wohl doch deutlicher werden. Nachdem er zwei Stundengläser mit Vorbereitungen und Anweisungen verbracht hatte, rief er seine Soldaten zu sich.
„Nun? Wo ist das Kind?“
„Obwohl wir alles getreulich durchsucht haben, konnten wir es nicht finden, Hauptmann. Es scheint zusammen mit der Amme verschwunden zu sein!“ berichteten ihm diese.
„Ach was, und ich dachte, es hätte sich allein davon gemacht … ihr Idioten! Wo sind sie hin, seit wann sind sie nicht mehr gesehen worden? Fragt noch mal alle Bediensteten danach. Unnützes Pack!“
Schnaubend wandte sich Geron um und machte sich auf, die Person zu fragen, die ihm sicherlich über den Verbleib des Kindes Auskunft geben konnte.
„Frau Gislind, die Kutsche wartet schon, habt Ihr fertig gepackt? Allerdings sehe ich Euer Kind gar nicht bei Euch … wie kann das sein?“
Säuerlich lächelnd antwortete Gislind von Hochfeld: „Geron, das Kind ist nicht hier. Ich sagte bereits, mein Gemahl muss mit mir allein Vorlieb nehmen, also lass uns fahren, wenn es denn sein muss.“
Brüsk wandte sie sich zur Tür.
„Halt, nicht so schnell, Wohlgeboren. Euer Gemahl trug mir auf, Euch und Euer Kind zu ihm zu bringen, wenn nötig mit … mh, wie drückte er sich aus … mit Nachdruck. Nun, das Kind ist nicht hier und ich fordere Euch ein letztes Mal auf, mir zu sagen, wo Ihr es versteckt habt. Ansonsten bin ich gezwungen, deutlicher zu werden.“
Gerons Gesicht zeigte deutlich seine Wut. Obwohl ihr dabei sichtlich unwohl war, war „Tu, was du musst“ Gislinds einzige Reaktion. Mit mühsamer Beherrschung stürmte Geron aus dem Zimmer und brüllte:
„Bringt mir die Köchin! Wollen mal sehen, ob hier nicht doch ein Vögelchen Singen will.“
Die Köchin, die wegen der Suche nach Livelind schon auf ihr zweites Frühstück hatte verzichten müssen, war nicht eben gutgelaunt. Mit griesgrämigem Gesicht und verschränkten Armen stand sie Geron gegenüber und machte keinen Hehl aus ihrem Unmut.
„Verehrteste“ wandte er sich spöttisch an sie, „wie freundlich von dir, auf ein Schwätzchen vorbei zu kommen. Leider drängt die Zeit ein wenig, deswegen komme ich sofort zur Sache. Wo ist das Kind?“
Murrend antwortete sie: „Was weiß denn ich, hüte ich hier das Kind? Dafür ist ja wohl diese Amme zuständig.“
„Ja, richtig, doch leider ist auch die Amme nicht zu finden. Also?“
„Na, dann wird sie wohl mit dem Kind abgehauen sein. Stimmt etwas nicht mit dem Kind? Ich hab mir gleich gedacht, dass da was nicht richtig ist. Noch heute Morgen hab ich zu dem Krämer gesagt, Knut, sag ich, Knut, mit dem Kind …“
„Krämer?“ unterbrach Geron sie grob, „heute morgen war der Krämer hier?“
Auf ein Nicken der Köchin fuhr er fort: „Wann ist er gefahren und wohin?“>br>„Wohl wie immer nach Fünfbrunnen“, mutmaßte die verblüffte Köchin.
Fluchend ob ihrer Dummheit rief Geron seine Männer zu sich. Dem Weibel trug er auf, Gislind von Hochfeld und deren Hausdame zur wartenden Kutsche zu führen und sich mit ihnen auf den Weg zu Elwart von Hochfeld, der seine Gemahlin sehnlich erwartete, zu begeben. Er selbst wollte mit den beiden anderen Männern nach dem Krämer suchen und die Amme mit dem Kind nach Gut Rosenschloss bringen. Er würde, nahm er sich selbst beim Wort, die Suche erst beenden, wenn er Amme und Kind in Gewahrsam hätte, das Kind allein reiche aber auch, korrigierte er sich selbst. Entschlossen machte er sich auf den Weg.