Ein Winter im Borrewald - Gold und Korn

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Texte der Hauptreihe:
Winter 1033 BF
Gold und Korn
Ein Oger in Bocksrod


Kapitel 2

Autor: Geron

Burg Bärenstieg, 1033

Ardan von Bärenstieg fuhr nachdenklich durch das Mehl. Welche Mühen es sie gekostet hatte, dieses Korn zu sähen, zu ernten und zur Mühle zu transportieren! Den ganzen Sommer und Herbst war der Wengenholm im Aufruhr gewesen und immer wieder hatten sie sich gegen Räuber zu Wehr setzen müssen. Am schlimmsten war es aber gekommen, als Ardan nach Firntrutz gezogen war, um Gidiane, die Schwester des Grimm von Firntrutz zu heiraten. Sie war keine schöne oder besonders gesellige Frau, doch das störte Ardan nicht weiter. Sie hatte das Leben ebenso hart gemacht wie ihn selbst und das gefiel ihm. Sie brauchten nicht viele Worte und so war es doch eine glückliche Ehe.
Ardans Gedanken kehrten von seiner Gattin zu jenen Geschehnissen in Firntrutz zurück. Welche Überraschung war es gewesen, als mitten in der Hochzeit sein verfluchter Halbbruder Ulfried mit einer großen Meute Mordgesellen vor der Burg aufgetaucht war. Es hatte nicht gut ausgesehen, doch das alte Gemäuer hatte standgehalten, bis Erbprinz Anshold persönlich mit einem Entsatzheer aufgetaucht war. Der tapfere Prinz hätte seinen Einsatz beinahe mit seinem Leben bezahlt, doch Ulfried hatte fliehen müssen und kurz darauf hatten sie den Bärenstieg zurückerobert. Ulfried hatte daraufhin den Weiler Bocksrod erobert, aber der Oger Goro hatte ihn niedergebrannt und Ulfried war geflohen, noch bevor Ardan einschreiten konnte. Viel schwerer aber wog, dass die bisher unangetasteten Vorräte der Bocksroder dabei entweder geplündert oder geraubt worden waren. Bis zur Stolzenburg war Ardan mit dem Heer gezogen, aber dort hatten sie nichts erreicht. Perval und Irian waren dort verwundet worden, aber immerhin hatte er nicht noch mehr seiner Leute verloren. Nun waren sie wieder in Bärenstieg, aber was sollten sie hier? Ihre Wintervorräte und ihr Vieh waren von Ulfrieds Bande größtenteils auf die Stolzenburg geschaffen worden. Gold hatten sie auch keines und sonstige „Schätze“ waren spätestens seit der diesjährigen Plünderung des Ortes nicht mehr vorhanden. Was blieb also noch? Ein Kredit bei den Stippwitzens aufnehmen? Einen der Nachbarn um Hilfe bitten? Alle nach Angbar fliehen?
Ardan verwarf einen Gedanken nach dem anderen. Die Stippwitzens würde ihm kaum einen Kredit gewähren. Als Sicherheit könnte ohnehin nur seine Burg dienen und die war nichts wert, solange Banditen sich in der Gegend herumtrieben. Die Angbarer Händlerdynastie hatte wohl auch kaum Interesse an einer entlegenen Burg am Rande des Borrewalds.
Die Nachbarn waren alle genauso arm. Von ihnen konnte Ardan keine Hilfe erbitten. Einfach aufgeben und fliehen würde auch keinen Erfolg haben. Seine Bauern würden nur im Bettelgraben landen. Doch alles Überlegen half nichts. Die Speicher waren nahezu leergefegt. Wovon sollten Ardan und sein Gesinde den Winter über leben? Gerade hatten sie den letzten Sack Mehl geöffnet. Das war dann wohl das Ende. Sie würden zu Räubereien übergehen müssen. Sein Bruder Geron hatte ihm schon das Gold gegeben, das er im Sold des Sindelsaumer Barons in den Nordmarken verdient hatte, doch es hatte ihnen nur eine Galgenfrist verschafft. Ob er wohl sein altes Ross verkaufen sollte? Sie würden es im Sommer vor dem Pflug brauchen und für den mageren Gaul würde es wohl wenig Gold geben. Vielleicht konnte er seine Verwandtschaft im Sindelsaumschen um Gold bitten, aber er war ihnen schon genug zur Last gefallen. Sie waren auch nicht gerade reich und hatten ihm schon eine Menge Gold geliehen. Ardan schreckte aus seinen Gedanken auf. Er hatte die Schritte nicht gehört, bis sie neben ihm stand. Gidiane legt ihm die Hand auf die Schulter und sagte sachte: „Da ist ein Eberhelm von Treublatt, der um Gastfreundschaft bittet und mit dir sprechen möchte.“ Ardan blickte überrascht auf. Er kannte diesen Eberhelm nicht. Wer sollte das sein und vor allem, was wollte ein Abkömmling der mächtigen Treublatter mit ihm besprechen?
Ardan hatte sich getäuscht. Er hatte diesen Eberhelm von Treublatt schon einmal gesehen. Er war damals Soldritter im Gefolge des Grafen Jallik gewesen. Er erinnerte sich, dass er irgendwo ein Lehen erhalten hatte und die Dienste des Grafen verlassen hatte. Miteinander gesprochen hatten die beiden Männer jedoch nie. Auch Gidiane schien Eberhelm nicht zu kennen und fixierte ihn mit einem abwartenden Blick, während sie die Arme vor der Brust verschränkte und neben der Tür stehenblieb.
Schnell hatten Ardan und Eberhelm ein paar Förmlichkeiten ausgetauscht. Eberhelm kam von alleine nicht auf die Sache zu sprechen, wegen der er gekommen war, und so fragte Ardan ihn einfach. Das Parlieren war seine Sache nicht und ein paar klare Worte hatten noch nie geschadet.
„Meine Gattin berichtete mir, dass ihr etwas mit mir besprechen wolltet?“
Der Treublatter verzog sein klobiges Gesicht zu etwas, das wie ein Lächeln wirkte. „Mein Onkel, Vogt Roban, schickt mich. Der Vogt hat von der schlimmen Lage gehört, in der ihr euch seit den Unruhen im Wengenholm befindet.“
Verständnislos blickte Ardan Eberhelm an. Eberhelm seufzte leise. „Gisbrun, des Vogtes Sohn, war von eurem Mut und eurer Tatkraft beeindruckt, als er hier auf der Jagd nach dem Oger Goro übernachtete.“ Ardan dachte angestrengt nach und erinnerte sich tatsächlich an Gisbrun. Nur wusste er immer noch nicht, was der Besuch zu bedeuten hatte.
Eberhelm fuhr fort. „Der Vogt möchte euch helfen. Ich habe eine Wagenladung Korn in meinem Gefolge und auch dies ist für euch.“ Eberhelm drehte sich um und öffnete eine kleine Truhe. Ardan traute seinen Augen kaum, als er einen Haufen blinkender Golddukaten erblickte. Er hatte doch nur wenige Worte mit Gisbrun gewechselt. Hatte das den Treublatter derart bewegt, dass er seinen Vater überzeugt hatte, Korn und Gold zu schicken?
Eberhelms Worte holten Ardan aus seiner naiven Traumwelt. „Der Vogt erwartet für diese großzügigen Geschenke natürlich, dass ihr ihm mit euren Leuten zur Verfügung steht, wenn der Vogt nach euch ruft.“ Ardans Gesichtszüge erstarrten. Das war also der Preis, den er zahlen musste. Vogt Roban konnte einen erfahrenen Kriegsmann wie ihn gebrauchen. Sein Blick traf den seiner Gattin, dann schüttelte er traurig den Kopf und antworte Eberhelm. „So soll der Vogt denn, bekommen was er begehrt. Mein Schwert gegen euer Korn und Gold.“
Eberhelm nickte ihm freundlich zu und reichte Ardan die Hand. Ardan schlug ein und rief aus: „Darauf ein Bier.“ Er würde eine Menge Bier brauchen, um den schalen Geschmack in seinem Mund herunterzuspülen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Vogt seiner Dienste bedurfte.