Ein Fest voller Überraschungen

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Ausgabe Nummer 64 - Efferd 1043 BF

Ein Fest voller Überraschungen

Baron Wolfhardt feiert Hochzeit

OBERANGBAR, Rondra 1043 BF. Solch ein fröhliches Treiben wie zu Beginn des Schwertmonds hatte das Städtchen am Großen Fluss schon lange nicht mehr erlebt. Denn am 5. Rondra feierte Baron Wolfhardt von der Wiesen Hochzeit mit Nadyana von Garnelhaun – auf den Tag genau ein Jahr, nachdem die beiden einander zum ersten Mal begegnet waren.

Im Zeichen der Rahja

Groß war die Zahl der Gäste, jedenfalls viel größer, als dass man sie im „Dotterhaus“, dem Sitz des Barons, hätte unterbringen und bewirten können. Und so fanden die Feierlichkeiten unter freiem Himmel statt, der sich herrlich, weit und garnelblütenblau über dem Land wölbte. Die himmlische Leuin zeigte sich freundlich und ließ nur einmal von ferne ein leises Donnern ertönen; die meisten deuteten dies als gutes Omen, obgleich das ganze Fest so gar nicht im Zeichen der Rondra stand. Nein, es waren eindeutig Rahja und Firun, die heute regierten. Denn niemand zweifelte daran, dass die Schöne Göttin jene zarten Bande zwischen den Häusern Garnelhaun und von der Wiesen geknüpft hatte, und selten sah man so ein glückliches Brautpaar vor den Altar schreiten und einander das Ja-Wort geben wie an diesem Tag.

Danach war Firuns Zeit gekommen, und das mitten im Sommer. Denn Junker Travian, der Vater der Braut, hatte darauf bestanden, zur Feier des Tages eine Jagd zu veranstalten; schließlich waren er und sein frisch gebackener Schwiegersohn Mitglieder im Orden der Hanghasenjagd. Ungünstig war nur, dass für Feldhasen, Federwild und anderes Getier noch immer Schonzeit herrschte, doch Rehböcke dürfe man durchaus erlegen, auch Schmaltiere vom Rotwild und noch manches mehr. So jedenfalls erklärte es Junker Travian dem Verfasser dieser Zeilen, auf dass ja nicht der Eindruck entstehe, man stelle das Vergnügen über Firuns Gebote.

Ein Relikt aus alten Zeiten

Die meisten der Anwesenden waren’s zufrieden, nur einer zeigte sich maßlos enttäuscht von dieser »Lustbarkeit«. Und das war niemand anderes als Ritter Falk Barborn zu Siebental. Noch einmal, vielleicht zum allerletzten Male, hatte sich der nunmehr achtzigjährige Greis auf den Weg gemacht, um ritterlich in die Schranken zu reiten und „den Grünschnäbeln zu zeigen, wie ein echter Recke austeilt“. Dass weder sein altersschwaches Ross ihn zu tragen vermochte noch er selbst die Kraft besaß, eine Lanze zu halten, ließ er als Einwand natürlich nicht gelten. Dass aber „auf einer Grafenhochzeit“ (er schien da etwas zu verwechseln) gar kein Turnier stattfand, das schockierte ihn zutiefst und zeige „den Verfall der allgemeinen Sitten“.

Dem Herrn Wolfhardt gelang es glücklicherweise, ihn mit einem Krüglein Met zu beruhigen, bevor der aufgebrachte Siebentaler den nächstbesten Gast zu einem „kleinen Gestech“ herausfordern konnte. Bald darauf schlief der Alte brabbelnd ein und ließ ein lautes Schnarchen ertönen, das an einen wilden Hollerbären erinnerte. Man ließ ihn gewähren und betrachtete ihn mit einem milden Lächeln, schien doch der kauzige Kämpe das letzte Relikt der „guten alten Zeit“ zu sein.

Überraschung aus dem Fass

Am Abend wurde unter freiem Himmel üppig getafelt. Auch das einfache Volk feierte fröhlich und ließ sich Freibier und Honigwein schmecken. Mit einem der Fässer, und zwar einem leeren, bereits an den Rand des Platzes gerollten, hatte es eine besondere Bewandtnis. Denn zu vorgerückter Stunde hörte man ein Rumpeln und Pumpeln und kurz darauf ein herzhaftes Fluchen. Das Fass kippte um, bollerte in die Mitte des Platzes, dem Brautpaar fast vor die Füße, der Boden flog krachend heraus, und voraus dem Fasse schlüpfte ... fürwahr, wie soll man es nennen? Ein Valpoding vielleicht? Oder eher ein Dachsling? Denn so sah es aus, das Wesen: wie ein kleines, aufrecht gehendes Männlein mit dem Kopf eines Dachses. Grunzend blickte es sich um, erkannte schließlich den Baron und vollführte eine Verbeugung, was höchst possierlich aussah. „Hm, hm“ machte das Wesen „da bin ich ja grade noch recht gekommen. Ich soll Euch das hier bringen mitsamt den allerfeinsten Grüßen von ... na, Ihr wisst ja sicher, von wem!“ Mit diesen Worten zog er einen Blütenkranz hervor und reichte ihn der jungen Braut, die mit großen Augen und offenem Mund den sonderbaren Besucher anstarrte. Doch dann besann sie sich, setzte jenes warmherzige Lächeln auf, das man an diesem Tage schon oft an ihr gesehen hatte, und nahm die Gabe freundlich entgegen.

Einige der Anwesenden zuckten zusammen, und manch einer wollte warnend Einhalt gebieten, denn jeder rechte Koscher weiß doch, vor Feengaben und Koboldgeschenken soll man sich hüten! Aber da hatte die Braut sich den Blütenkranz schon auf den Kopf gesetzt. Einen Kranz aus Frühlingsblumen, wohlgemerkt, und das im hitzeflirrenden Rondra! Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen! Doch was immer man auch befürchtet haben mochte, es trat nicht ein. Nadyana stand nur da, lächelnd und strahlend, und der Baron konnte nicht anders, als ihr einen langen und leidenschaftlichen Kuss zu geben.

„Hm, hm“, machte der Dachsling indessen, „ich will ja nichts sagen, aber mein Weg war lang und weit. Gibt’s hier denn nichts zu trinken? Ich dachte, ich bin im Kosch!“ Da besann sich das Brautpaar auf seine Gastgeberpflicht und hieß einen Pagen, den Fremden zu bewirten – sehr zum Unmut einiger Angroschim, die kopfschüttelnd die Szene mitansahen.

Leider war es dem Verfasser dieser Zeilen nicht vergönnt, mit dem sonderbaren Gast zu sprechen, und so bleibt es im Dunkeln, von wem Geschenk und Grüße stammen. Wer jedoch weiß, dass der Herr Wolfhardt einige Zeit im Albernischen weilte und dort auch der Fee Farindel begegnet sein soll, der mag sich selbst etwas zusammenreimen.

Man feierte noch bis in die Nacht und brachte manchen schönen Trinkspruch auf das Wohl des Brautpaars aus. Der KOSCH-KURIER schließt sic hden frommen Wünschen von Herzen an.

Karolus Linneger

Stimmen aus dem Volke

„Das wurde aber auch Zeit, dass der Baron sich wieder vermählt hat. Hoffentlich kommt nun bald ein Erbe.“ – Alerich Backenbart, Wirt vom „Grünen Zweig“, der Schenke direkt am Markt, wo es sehr süffigen Met gibt

„Nun ja, was soll ich sagen? So feiert eben ein Koschbaron. In Garetien geht es etwas anders zu bei einer Adelshochzeit.“ – Haldane Goldmund, Kauffrau aus Eslamsgrund

„Also, ich gehöre ja nicht zu denen, die sich das Maul zerreißen und irgendwelchen Klatsch verbreiten, aber seien wir doch mal ehrlich: Wer nur ein bisschen rechnen kann, und das kann ich durchaus, der muss doch sehen, dass das nichts werden kann, bei diesem Altersunterschied! Ein Mann in seinen Jahren ... und dann so ein blutjunges Ding, das gestern noch mit Puppen gespielt hat. Also wirklich! – He, was kritzelt Ihr denn da? Das druckt Ihr aber nicht in Eurem Blatt ab, will ich hoffen! Ich habe schließlich gar nichts gesagt.“ – Alrike Wollweber, Magd

„Der Honigwein war wirklich lecker. Gerne mehr davon!“ – Ettel Schwarzhaar, Schneidergeselle

„Ich verstehe ja nicht, warum er ausgerechnet diese Nadyana geheiratet hat. Die Familie ist weder einflussreich noch wohlhabend, und sooo hübsch ist sie auch nicht. Naja, wo die Liebe hinfällt.“ – Anselm Bollenflug, Töpfermeister

„Ich will auch mal einen Baron heiraten!“ – Travinchen, zehn Jahre

„Den Blütenkranz hätte sie besser nicht genommen. Das ist doch sicher so ein Zauberdings, nicht wahr? Ich meine, da kommt ein sprechender Dachs aus einem leeren Fass gekrochen und reicht dir so ein Bündel Unkraut ... Da sagst du doch nicht danke und setzt dir das Dings auf den Kopf? Es würde mich nicht wundern, wenn bald die Medica ins Dotterhaus geholt wird ...oder ein Priester ... oder ein Magus. Naja.“ – Lobosch Sohn des Lorgrim, Hufschmied